Fachbezogene Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Mit der Verabschiedung der UN-Agenda 2030 und den 17 nachhaltigen Entwicklungszielen (Sustainable Development Goals, SDG) hat sich die Weltgemeinschaft erstmals darauf geeinigt, die großen Herausforderungen der Menschheit in den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Ökologie gemeinsam und nachhaltig anzugehen. Ressourcenknappheit, regionale und globale Disparitäten, die wachsende Weltbevölkerung und Migration sowie der Klimawandel fordern ein Mitwirken der gegenwärtigen und kommenden Generationen.
Das grundlegende Ziel des Faches Wirtschaftsgeografie in der Sekundarstufe II des Wirtschaftsgymnasiums ist es darum, die Schülerinnen und Schülern zu befähigen, verantwortungsbewusst und eigenverantwortlich ihre Umwelt zu verstehen und diese im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung mitzugestalten.
Die Wirtschaftsgeografie begreift die Erde als dynamisches System aus Teilsystemen wie der Erdoberfläche, dem Klima, der Gesellschaft und der Wirtschaft, die vielfältig untereinander durch Wirkungszusammenhänge verknüpft sind. Als Brückenfach verbindet die Wirtschaftsgeografie somit systematisch, problembezogen und vernetzt natur-, wirtschafts- und gesellschaftswissenschaftliches Wissen. Hiermit fördert sie die Bildung von vernetztem, fächerübergreifendem und systemischem Denken. Dieser systemische Ansatz liegt auch der Konzeption des Bildungsplans Wirtschaftsgeografie zugrunde. Er findet seinen Ausdruck im Aufbau der Bildungsplaneinheiten: So wird in der Eingangsklasse das Sphärenmodell vorgestellt, in jedem Schuljahr werden sowohl physisch- als auch anthropogeografische Themen bearbeitet und verknüpft.
Die genannten globalen Herausforderungen resultieren ebenfalls aus komplexen Zusammenhängen zwischen Natur, menschlichem Handeln, Wirtschaften und den sich daraus ergebenden räumlichen Strukturen und Prozessen. Der Wirtschaftsgeografieunterricht leistet durch die durchgängige Beschäftigung mit den nachhaltigen Entwicklungszielen einen zentralen Beitrag zur Bildung für nachhaltige Entwicklung. Indem sich die Schülerinnen und Schüler mit konkreten Projekten beschäftigen, verinnerlichen sie den Nachhaltigkeitsgedanken und beziehen ihn auf ihre Lebenswelt. So erkennen sie, dass sie zukünftige Entwicklungen steuern und mitgestalten können.
Um dies zu erreichen und Lösungsansätze für raumbezogene Probleme entwickeln und bewerten zu können, benötigen die Schülerinnen und Schüler raumbezogene Handlungskompetenz. Diese Beschäftigung mit der Kategorie Raum ist das Alleinstellungsmerkmal des Unterrichtsfaches Wirtschaftsgeografie im beruflichen Schulwesen. Der Raum stellt unsere Lebensgrundlage dar und ist zugleich das Ergebnis gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Handelns. Den ökonomischen Zusammenhängen und aktuellen globalen Problemstellungen wird bei der Untersuchung von Räumen im Fach Wirtschaftsgeografie eine besondere Bedeutung beigemessen.
So befähigt der Wirtschaftsgeografieunterricht die Schülerinnen und Schüler sich auf unterschiedlichen Maßstabsebenen in den Räumen der Erde zu orientieren, Perspektiven zu wechseln und andere Raumkonstrukte zu verstehen und zu prüfen. Dies führt zur Bereitschaft, Entscheidungen und Handlungsoptionen unter den Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit, der Zukunftssicherung und der Friedenssicherung zu betrachten, zu beurteilen und entsprechend zu handeln.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Der Unterricht in der Sekundarstufe II baut auf den in der Sekundarstufe I erworbenen Kompetenzen in den sechs Kompetenzbereichen Fachwissen, räumliche Orientierung, Erkenntnisgewinnung/Methoden, Kommunikation, Beurteilung/Bewertung und Handlung auf. Grundlage hierfür sind die nationalen Bildungsstandards der Deutschen Gesellschaft für Geografie (DGfG): Die Hauptaufgabe des Wirtschaftsgeografieunterrichts ist die Herausbildung raumbezogener Analyse- und Handlungskompetenz. Der Unterricht soll die Schülerinnen und Schüler befähigen, raumwirksame Prozesse zu untersuchen und zu verstehen, an raumprägenden Entscheidungen teilzuhaben sowie nachhaltig und raumverantwortlich zu handeln.
Durch die Beschäftigung mit anderen Lebens- und Kulturräumen stärkt das Fach Wirtschaftsgeografie außerdem die Entwicklung von Empathie und interkulturellem Verständnis sowie die Fähigkeit zum Perspektivwechsel.
Lernen und Anwenden allgemeiner, propädeutischer Arbeitsweisen und fachspezifischer geografischer Methoden leisten einen wichtigen Beitrag zur Studierfähigkeit und zur Qualifizierung für das spätere Berufsleben. Geografische Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten tragen somit zu einer vertieften Allgemeinbildung und zur Persönlichkeitsbildung bei.
3. Weitere fachspezifische Hinweise
Formen des unmittelbaren Lernens wie Erkundungen und Exkursionen spielen neben den Formen des mittelbaren Lernens (mithilfe verschiedenster Medien) eine entscheidende Rolle für den geografischen Kompetenzerwerb.
Der heterogenen Vorbildung in den Klassen wird der Wirtschaftsgeografieunterricht durch den hohen Stellenwert unterschiedlicher Formen eigenständigen Lernens (z. B. im Rahmen von Projektarbeiten, durch Versuche, Erkundungen, Befragungen, Kartierungen und die Arbeit mit Internet und digitalen Geomedien) besonders gerecht.
Durch die Berücksichtigung aktueller raumrelevanter Ereignisse werden die Schülerinnen und Schüler außerdem in besonderem Maß motiviert, sich mit der außerschulischen Wirklichkeit und aktuellen Fragen zukünftiger gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklungen sowie Veränderungen des Naturraums auseinanderzusetzen.
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.