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FAQ zu den Bildungsplänen GENT/LERNEN 2022
1. Begründungszusammenhänge, Entstehungsgeschichte, Zeitplan
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1.1 Warum wurden die Bildungspläne in den Förderschwerpunkten Lernen und
geistige Entwicklung überarbeitet? [+]Ausschlaggebend für die Überarbeitung der beiden Bildungspläne Lernen und geistige Entwicklung waren gesellschaftliche Veränderungen, Weiterentwicklungen in der sonderpädagogischen Bildung und die Änderung des Schulgesetzes 2015. Ein Hauptgrund war auch die Bildungsplanreform 2016. Durch die Angleichung der Bezeichnung der Fächer und Fächerverbünde und durch Verweise ist es einfacher, die unterschiedlichen Bildungspläne miteinander zu verknüpfen. Die Bildungspläne gelten für Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot, unabhängig vom Lernort. Dies bedeutet, dass die Pläne auch in der Inklusion gelten, gemeinsam jedoch mit dem jeweiligen Bildungsplan der allgemeinen Schule. Unterschiedliche Lernorte der jeweiligen Zielgruppe werden so in den neuen Bildungsplänen verstärkt berücksichtigt. Die Angleichung der Grundstruktur beider Bildungspläne entspricht dem fließenden Übergang zwischen beiden Förderschwerpunkten, wie auch zu den Bildungsgängen des Bildungsplans 2016.
Die Bildungspläne für die Förderschwerpunkte Geistige Entwicklung (GENT) und Lernen folgen nun der gleichen Grundstruktur. Diese hat sich aus der Zusammenführung und der Weiterentwicklung der beiden Bildungspläne von 2008 und 2009 ergeben. Sie orientiert sich ebenso am Bildungsplan 2016 und hier vor allem an der Bezeichnung der Unterrichtsfächer. Hierdurch verändert sich der Fächerkanon, vor allem im Bildungsgang GENT. Die unterschiedlichen Lernorte der jeweiligen Zielgruppe werden berücksichtigt.
Eine weitere Orientierungsgrundlage stellt die ICF-CY (International Classification of Functioning, Disability and Health – children and youth) der WHO dar. Sie war vor allem maßgeblich für die Strukturierung der Lebensfelder (Teile B der Bildungspläne).
Das konkrete sonderpädagogische Bildungsangebot ist gekennzeichnet durch eine Verbindung von Lebensfeld bzw. ‑feldern und Unterrichtsfach bzw. ‑fächern. In den Bildungsplänen finden sich hierzu Abbildungen, die an ein Geflecht erinnern. Unterricht ist eine Lernsituation, in der Bildungsinhalte, Kompetenzen und Methoden aus den Lebensfeldern (Teil B) und den Fächern (Teil C) übereinandergelegt und miteinander in Beziehung gesetzt werden.
Die Bedeutung der Individuellen Lern- und Entwicklungsbegleitung (ILEB) als sonderpädagogisches Handlungskonzept wird insbesondere für Unterrichtsplanung und ‑reflexion hervorgehoben.
Schließlich hat sich die Lesbarkeit verändert. Die Links zu den BP der allgemeinen Schulen, zu den Fächern, Lebensfeldern und Leitperspektiven etc. bieten vielfältige Anknüpfungspunkte für fächerverbindenden Unterricht sowie den Unterricht in inklusiven Bildungsangeboten.
Die Bildungspläne gelten für Schülerinnen und Schüler mit Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung bzw. im Förderschwerpunkt Lernen, egal an welchem Lernort. Dies bedeutet, dass die Pläne auch in inklusiven Bildungsanboten gelten, gemeinsam mit dem jeweiligen Bildungsplan der allgemeinen Schule.
Wie sind die neuen Bildungspläne entstanden?
Für beide Förderschwerpunkte wurde jeweils eine Kommission mit Vertreterinnen und Vertretern aus Schulen und den Seminaren gebildet mit dem Auftrag, die Bildungsplantexte zu erstellen. Ein Beraterkreis bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern aus Hochschulen, Verbänden, Schulverwaltung und Mitgliedern der Vordenkergruppe zu den BP begleitete die Arbeit in den Kommissionen. Ausgangspunkt für die Überlegungen war die Grundhaltung, dass sonderpädagogische Bildungsangebote auf das einzelne Kind und dessen Lebenswelt ausgerichtet sind und nicht nur an Bildungsstandards und unterrichtsfachlichen Inhalten.
2.Aufbau und Struktur, innere Gliederung: BP Lernen
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Der Bildungsplan besteht aus 3 Teilen:
In Teil A wird im 1. Kapitel grundlegend das Selbstverständnis der Erziehung und Bildung von Schülerinnen und Schüler mit einem Anspruch auf ein sonderpädagogisches Bildungsangebot beschrieben. Hierzu gehören der Bildungs- und Erziehungsauftrag, das Verständnis von Behinderung sowie Aktivität und Teilhabe und schließlich ILEB.
Im 2. Kapitel geht es um die Arbeit mit dem Bildungsplan, dessen Aufbau und Struktur, bevor es dann im 3. Kapitel um die Schülerschaft und ausgewählte, spezifische Grundsätze für die Gestaltung eines Bildungsangebots im jeweiligen Förderschwerpunkt geht. Auch die Themen Leistungsdokumentation, ‑feststellung und ‑bewertung und die Gestaltung von Übergängen und Anschlüssen werden hier beschrieben.
Im 4. Kapitel wird die Zusammenarbeit mit Eltern, im multiprofessionellen Team und auch weiteren außerschulischen Partnern als Grundlage für die sonderpädagogische Arbeit thematisiert.
Kapitel 1, 2 und 4 sind in beide Bildungsplänen fast deckungsgleich.
In Teil B werden lebensweltbezogene Kompetenzen beschrieben, welche in 4 Lebensfelder aufgeteilt sind: Personales Leben, Soziales und gesellschaftliches Leben, Selbstständiges Leben und Arbeitsleben.
Im Teil C werden die Kompetenzen zu den Fächern konkretisiert. Es ist ein Fächerkanon beschrieben, der sich an jenem des BP 2016 orientiert.
In der Bezeichnung „Lebensfelder“ drückt sich die Bedeutsamkeit der Kompetenzen für ein möglichst selbstbestimmtes, selbstständiges und aktives Leben in der Gesellschaft aus. Sie beschreiben somit zentrale Aspekte der Lebensgestaltung der Schülerinnen und Schüler. Aus der Verflechtung der Lebensfelder und Fächer werden Bildungsangebote entwickelt und damit dem spezifischen Bildungsbedarf zur Steigerung der individuellen Aktivität und Teilhabe Rechnung getragen.
Die Lebensfelder stellen eine Weiterentwicklung und Neustrukturierung der „Bildungsbereiche“ dar, wie sie vor allem aus dem Bildungsplan Förderschule (2008) bekannt sind.
Zum einen wurden die Lebensfelder im Hinblick auf die 2011 herausgegebene „Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen“ (ICF-CY) neu dekliniert. Zum anderen wurden sie auf dem Hintergrund des kategorialen Bildungsbegriffes nach Klafki entwickelt. Genauso wurde an die Leitperspektiven des Bildungsplans 2016 angeknüpft. So entstanden für die Bildungspläne beider Förderschwerpunkte die vier Lebensfelder „Personales Leben“ (PER), „Soziales und gesellschaftliches Leben“ (SOZ), „Selbstständiges Leben“ (SEL) und „Arbeitsleben“ (ARB).
Die ausgewiesenen Lebensfelder beschreiben zentrale Aspekte der Lebensgestaltung der Schülerinnen und Schüler und leisten somit einen Beitrag dazu, in aktuell und zukünftig lebensbedeutsamen Situationen Aktivität und Teilhabe zu sichern. Sie sind an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen (ICF-CY) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientiert.
In den vier Lebensfeldern werden inhaltliche und methodische Kompetenzen beschrieben, die jeweils, analog zu den Unterrichtsfächern (Teil C) in Kompetenzfelder gegliedert wurden. Die Grenzen sind dabei nicht immer trennscharf zu ziehen: Kompetenzen des Lebensfeldes „Personales Leben“ wirken sich beispielsweise aus auf das Lebensfeld „Soziales und gesellschaftliches Leben“.
Wie alle Kompetenzfelder der Bildungspläne sind auch diese individuell zu gewichtende und zu erweiternde Aufzählungen. Es ist Aufgabe von ILEB, zu passgenauen Bildungsangeboten zu kommen.
Der Fächerkanon und damit einhergehend die Einteilung in Stufen orientiert sich weitgehend an dem der allgemeinen Schule (siehe Kapitel 2.1), wobei schulorganisatorische Aspekte sowie die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler und die Altersentsprechung der Unterrichtsinhalte ihre Berücksichtigung finden.
Die Fächerbezeichnungen orientieren sich am BP 2016, um Anschlüsse und Übergänge zu erleichtern, v.a. auch im Hinblick auf inklusive Bildungsangebote.
Im Sinne einer Ideensammlung werden zu jedem Kompetenzfeld die sachlich wichtigen und für die Schülerinnen und Schüler zentralen Inhalte benannt, an denen die Kompetenzen entwickelt werden können. Die Auflistung der Inhalte ist offen und bedarf der Ergänzung, Schwerpunktsetzung und Auswahl. Entscheidungen hierzu trifft die Schule, beispielsweise in der Erarbeitung des Schulcurriculums, oder aber die Lehrkraft mit Blick auf die jeweilige Lerngruppe und die einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Einer der bespielhaften Inhalte wird im Blick auf das im Spaltenraster rechts folgende Feld „Exemplarische Aneignungs- und Differenzierungsmöglichkeiten“ durch Fettdruck hervorgehoben.
Dieses Feld bezieht sich auf einen ausgewählten Inhalt aus dem Feld „Beispielhafte Inhalte“, der dort durch Fettdruck hervorgehoben ist. Exemplarisch werden verschiedene Aneignungs- und/oder Differenzierungsmöglichkeiten beschrieben, die die vier Ebenen basal-perzeptiv, konkret-gegenständlich, anschaulich, abstrakt-begrifflich sowie das Prinzip der Differenzierung umfassen. Dabei wurde versucht, zwischen Differenzierungs- und Aneignungsmöglichkeiten zu wechseln sowie teilweise auch ungewöhnliche Möglichkeiten aufzuzeigen. Ziel dieses Feldes ist in jedem Falle, die Kompetenzen beispielhaft über Inhalte und didaktisch-methodische Möglichkeiten zu konkretisieren. Lehrkräfte sind hier dazu aufgefordert, passgenaue Ideen zu entwickeln.
Die Aneignungsmöglichkeiten sind jene, die bereits im Bildungsplan Schule für Geistigbehinderte (2009) Darstellungsprinzip waren.
2.7 Wieso weist der Bildungsplan eine Einteilung in Grund- und Hauptstufe bzw. in Haupt- und Berufsschulstufe aus? [+]Die Einteilung der Fächer in Stufen berücksichtigt die Bezeichnungen aus der Grundschule und der Sekundarstufe I, um auch hierbei Übergänge und Anschlüsse zu erleichtern. Im Gegensatz zu den Bildungsplänen 2016 werden aufgrund der Heterogenität der Schülerschaft in beiden Förderschwerpunkten allerdings keine Bildungsstandards für bestimmte Klassenstufen gesetzt. Im Bildungsplan geistige Entwicklung werden manche Fächer daher auch für alle Stufen durchgängig beschrieben. Die Lebensfelder werden nicht in Stufen strukturiert, da die Kompetenzen prozessbezogen gefasst sind.
3. Grundhaltungen, Bildungsverständnis und Philosophie
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„Der Bildungsplan folgt (hierbei) dem in der UN-Behindertenrechtskonvention verankerten Leitgedanken, dass Bildung zu gleichberechtigter gesellschaftlicher Teilhabe in größtmöglicher Selbstständigkeit, Selbsttätigkeit und Selbstbestimmung befähigt, und ist somit wesentliche Arbeitsgrundlage für die Bildung und Erziehung von Schülerinnen und Schülern im Förderschwerpunkt Lernen und geistige Entwicklung sowohl an den sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren einschließlich kooperativer Organisationsformen als auch in inklusiven Bildungsangeboten.“
„Dem Bildungsplan liegt ein Blick auf Behinderung und Benachteiligung zugrunde, der Behinderung und Benachteiligung nicht statisch und individuumbezogen sieht. Bedingungsfaktoren können biologischer, sozialer oder psychischer Natur oder durch die Umwelt gegeben sein. Zudem werden diese Faktoren in einer individuellen Konstellation gesehen, die sich in Abhängigkeit von der jeweils gegebenen konkreten Lebens- und Lernsituation unterschiedlich auswirken.
Behinderung und Benachteiligung werden in dieser bio-psycho-sozialen Sicht, wie sie beispielsweise auch der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen (ICF-CY) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zugrunde liegt, immer in Abhängigkeit von spezifischen Kontextfaktoren, Körperstrukturen und Körperfunktionen dargestellt. Eine Behinderung ist somit das Ergebnis und die Bewertung spezifischer Situationen, in denen es für den Menschen erschwert ist, zu einer möglichst weitgehenden Aktivität und Teilhabe zu gelangen.“
„Professionelles sonderpädagogisches Handeln, das dem Bildungsanspruch der Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden versucht und somit das Recht auf Bildung sichert, zeichnet sich durch einen mehrperspektivischen Zugang zu Bildungsinhalten, Vermittlungsweisen sowie zur Subjekt- und Lebensweltorientierung aus.“
Eine bio-psycho-soziale Sicht auf Behinderung, die Orientierung an der individuellen Lernausgangslage und den Bedarfen der einzelnen Schülerin bzw. des einzelnen Schülers bei der Ausgestaltung der Bildungsangebote, unabhängig vom Lernort und das Ziel der größtmöglichen Aktivität und Teilhabe bilden im Zusammenspiel die „Philosophie“ der Bildungspläne. Diese geht in der Verflechtung der Lebensfelder und Fächer auf und realisiert sich als konkretes Bildungsangebot in den Schnittstellen.
Lebensfelder: Die Lebensfelder beschreiben lebensweltorientierte Zugänge und Kompetenzen, die für die Schülerinnen und Schüler im Sinne der individuellen Entwicklung zur Sicherung und Gestaltung von Aktivität und Teilhabe aktuell und zukünftig bedeutsam sind. Sie werden sowohl zum zentralen Planungsmotiv des Bildungsangebots als auch zu dessen entscheidendem Gegenstand.
Fächer: Zur Sicherung der Anschlussfähigkeit und zur Erleichterung der Zugänglichkeit zu beiden Bildungsgängen für Lehrkräfte der allgemeinen Schule sollten sich die neu zu erstellenden Bildungspläne am Bildungsplan 2016 orientieren. Hierfür wurden in einer ersten Entscheidung die Unterrichtsfächer der allgemeinen Schulen für die beiden sonderpädagogischen Bildungsgänge als ebenso gültig gesetzt.
Kompetenzen : Die sonderpädagogischen Bildungspläne weisen jeweils Kompetenzspektren aus, die als Kontinuum zu verstehen sind und keine Mindeststandards beschreiben. Die angestrebten Kompetenzen werden also als individuell zu gewichtendes und erweiterbares Spektrum beschrieben, die sich die Schülerinnen und Schüler bei der Beschäftigung mit dem jeweiligen Kompetenzfeld aneignen können.
Denkanstöße: In Frageform und beispielhaft werden solche Gesichtspunkte thematisiert, die aus der Perspektive der Schulkonzeption, des Stufenprofils oder aus der Lebensweltperspektive der Schülerinnen und Schüler für die schulische Umsetzung und Ausgestaltung des jeweiligen Kompetenzfeldes zu bedenken sind. Die Fragen geben Denkanstöße für erforderliche Klärungen und Entwicklungen der einzelnen Schule wie auch des konkreten Unterrichts.
Die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen (ICF-CY) basiert auf einem bio-psycho-sozialen Verständnis von Behinderung, in dem Körperfunktionen und ‑strukturen, Aktivitäten und Teilhabe einer Person in den Blick genommen werden. Ebenso werden Kontextfaktoren personbezogene Faktoren und Umweltfaktoren, miteinbezogen, um behindernde, einschränkende Situationen zu erfassen. „Sie ermöglicht eine differenzierte Beschreibung, die Grundlage für eine interdisziplinäre Planung und Durchführung von Interventionen bietet.“ Sie dient in erster Linie der Ordnung diagnostischer Daten und hat so Einzug gefunden in die sonderpädagogische Diagnostik oder auch in die Förderplanung und nahm großen Einfluss auf die Bildungspläne 2008/2009, damals noch ohne die Spezialisierung auf die Zielgruppe Kinder und Jugendliche.
World Health Organisation (Hrsg.) (2017): Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen (ICF-CY). 2. Auflage. Bern: Hogrefe 2017.
Individuelle Lern- und Entwicklungsbegleitung (ILEB)
ILEB bildet die konzeptionelle Grundlage der Sonderpädagogik in Baden-Württemberg für die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einem Anspruch auf ein sonderpädagogisches Unterstützungs‑, Beratungs- oder Bildungsangebot und dies unabhängig von der Frage, an welchem Lernort dieser Anspruch eingelöst werden soll.
Die Individuelle Lern- und Entwicklungsbegleitung meint die an den individuellen Bedürfnissen und Potenzialen von jungen Menschen mit Behinderungen, Beeinträchtigungen und Benachteiligungen ausgerichtete professionelle Steuerung des Zusammenspiels von sonderpädagogischer Diagnostik, kooperativer Bildungsplanung, individuellem Bildungsangebot, Leistungsfeststellung und der kontinuierlichen Dokumentation dieses Prozesses.
In diesem Prozess sind neben den Schülerinnen und Schülern natürlich die Eltern und Erziehungsberechtigten und eventuell andere außerschulische Partner zu beteiligen.
Die individuelle Lern- und Entwicklungsbegleitung muss somit die Grundlage sein, um die in den Bildungsplänen beschriebenen Kompetenzen an die individuelle Ausgangslage der Schülerinnen und Schüler und deren „Stufe der nächsten Entwicklung“ anzupassen und die Bildungsangebote danach auszurichten und auszugestalten.
Genauso ermöglichen die Aneignungs- und Differenzierungsmöglichkeiten entsprechend unterschiedliche Zugänge des einzelnen Kindes oder Jugendlichen zu den Kompetenzen.
4. Vergleiche, Unterschiede, Bezüge zwischen den neuen BP, zu den alten BP, zum BP 2016 und zu anderen sonderpädagogischen BP
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4.1 Welche Fächer gibt es im neuen Bildungsplan? Was ist eine Fächergruppe? Warum gibt es keine Fächerverbünde mehr? [+]
Die Bezeichnung der Fächer orientiert sich an jener aus dem Bildungsplan der Grundschule und der Sekundarstufe I (2016), um Anschlüsse zu sichern und Übergänge sowie das gemeinsame Lernen in inklusiven Bildungsangeboten und kooperativen Organisationsformen zu erleichtern. Schulorganisatorische Aspekte sowie die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler und die Altersentsprechung der Unterrichtsinhalte finden dennoch ihre Berücksichtigung.
Mit der Bildungsplannovellierung 2016 wurden die Fächerverbünde aufgelöst, nur noch Biologie, Naturphänomene und Technik (BNT) werden in der allgemeinen Schule in den Klassen 5 und 6 als Fächerverbund geführt und ab Klasse 7 in den Fächern Biologie, Chemie und Physik fortgeschrieben. In den vorliegenden Bildungsplänen werden diese Fächer in der Fächergruppe BNT zusammengeführt. Diese Fächergruppe wird wie ein Fächerverbund behandelt. Fachpraxis Technik wird als eigenständiges Fach beschrieben.
Die beiden neuen Bildungspläne folgen einer gemeinsamen Struktur, die sich aus denen der Bildungspläne 2008 und 2009 weiterentwickelt hat. Dies führt zu der Neudeklination der Lebensfelder im Teil B und den Fächern im Teil C. Auf die Begrifflichkeit „Handlungsfelder“ wird in den neuen Bildungsplänen aufgrund dessen verzichtet.
Bei der Planung und Durchführung der Bildungsangebote werden die Kompetenzen der Lebensfelder und der Fächer gleichermaßen berücksichtigt. Dies kann im Rahmen des Unterrichts und des Schullebens, auf Ebene des Schulcurriculums und Schulprofils (beispielsweise in Projekten, Schulfirmen und der Beteiligung an außerschulischen Veranstaltungen) sowie in individuellen Bildungsmaßnahmen erfolgen. Bisherige Handlungsfelder kann die Schule in der Praxis beibehalten, da sie dem Gedanken der Verflechtung von Lebensfeld und Fach nicht entgegenstehen.
5. Lebensfelder und Fächer
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Die Kinder und Jugendlichen bilden sich in der Interaktion mit anderen und in der Auseinandersetzung mit Bildungsinhalten und mit ihrer sächlichen Umgebung. So erweitern sie in der Schule ihre Kompetenzen, also ihre Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse sowie ihre motivationalen, volitionalen [die willentliche Steuerung von Handlungen und Handlungsabsichten] und sozialen Bereitschaften zum Lernen (vgl. Weinert, 2001, zitiert nach Pant: Einführung in den Bildungsplan 2016, S. 10).
6. Arbeit mit dem Bildungsplan
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6.1 Wie werden die im Bildungsplan aufgeführten Kompetenzen erreicht, gesichert und überprüft? [+]
Kompetenzen erwachsen aus der Bewältigung von Lern- und Handlungssituationen. Die Kompetenzen des Bildungsplans sind als schulisches Erwartungsprofil formuliert, an welchem sich die individuellen Kompetenzerwartungen für die Schülerinnen und Schüler orientieren können und sollen.
Im Rahmen der individuellen Lern- und Entwicklungsbegleitung (ILEB) wird auf der Grundlage des Bildungsplans ein passgenaues Bildungsangebot gestaltet, welches die individuellen Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerin und des einzelnen Schülers im Blick hat.
Die in der kooperativen Bildungsplanung im Rahmen von ILEB vereinbarten Lernziele bilden den Ausgangspunkt für alle Formen der Leistungsfeststellung. Die Schule entwickelt hierzu institutionalisierte Konzepte und schafft Situationen, die es den einzelnen Schülerinnen und Schülern ermöglichen, Nachweise ihrer fachlichen, methodischen, personalen oder sozialen Kompetenzen in konkreten Handlungs- und Anwendungssituationen zu erbringen.
Im Spaltenraster werden in Frageform und beispielhaft solche Gesichtspunkte thematisiert, die aus der Perspektive der Schulkonzeption, des Stufenprofils oder aus der Lebensweltperspektive der Schülerinnen und Schüler für die schulische Umsetzung und Ausgestaltung des jeweiligen Kompetenzfelds zu bedenken sind.
Sie geben Anregung für erforderliche Klärungen und Entwicklungen der einzelnen Schule wie auch des konkreten Unterrichts und beschreiben Verpflichtungen, die jede einzelne Schule gegenüber den ihr anvertrauten Schülerinnen und Schülern wahrzunehmen hat. Sie zeigen auf, was sonderpädagogisch verantwortete Erziehung und Unterrichtskultur ausmacht, damit Schülerinnen und Schüler ihre Potenziale bestmöglich ausschöpfen können.
Die aufgelisteten Denkanstöße verlangen eine Reflexion darüber und Antworten darauf, wie die Schule mit dem jeweiligen Schulprofil, Schulcurriculum, aber auch die Lehrkraft mit der konkreten Unterrichtsplanung auf die beschriebenen Situationen eingeht. Die Fragen sollen auch die Evaluation des Ist-Standes ermöglichen, um die Erörterung von Veränderungsmöglichkeiten von Schule im Blick zu halten.
Die Lebensfelder und die Fächer sind gleichgewichtige Elemente für die Ausgestaltung sonderpädagogischer Bildungsangebote. Den Ausgangspunkt können zum einen Unterrichtsfächer mit ihren kanonisierten und curricular vereinbarten Inhalten und den spezifischen methodischen Kompetenzen, zum anderen lebenswelt- und entwicklungsorientierte Zugänge darstellen. Aus der Verflechtung werden Bildungsangebote entwickelt und damit dem spezifischen Bildungsbedarf zur Steigerung der individuellen Aktivität und Teilhabe Rechnung getragen. Was Ausgangspunkt ist, entscheidet sich aus den individuellen Voraussetzungen im Lernen und der Entwicklung der einzelnen Schülerin oder des einzelnen Schülers.
6.4 Gibt es eine Korrespondenz zwischen den Denkanstößen und den Kompetenzen in der Spaltendarstellung? [+]Zwischen den fünf Feldern innerhalb des Spaltenrasters eines Kompetenzfelds bestehen immer Zusammenhänge. Die Denkanstöße und Kompetenzen sind allerdings nicht unbedingt parallel angeordnet. Ausgangspunkt in der Arbeit mit dem Bildungsplan kann zunächst die Auseinandersetzung mit den Kompetenzen oder mit den Denkanstößen sein.
6.5 Wie wird der Bildungsplan in inklusiven Bildungsangeboten und kooperativen Organisationsformen genutzt? [+]Die Bildungspläne sind verbindlich für die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren und dienen als Orientierungsrahmen für inklusive Bildungsangebote an allen anderen Schularten.
Eine erfolgreiche Zusammenarbeit von sonderpädagogischen Lehrkräften und Lehrkräften der allgemeinen Schule im Rahmen inklusiver Bildungsangebote erfordert fortlaufend Abstimmungsprozesse und Vereinbarungen im Hinblick auf Verantwortlichkeiten, Rollen und die unterrichtlichen Ziele und Inhalte. Unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Teilhabemöglichkeiten der einzelnen Schülerin oder des einzelnen Schülers erstreckt sich die Zusammenarbeit von gegenseitiger Beratung bis hin zum gemeinsamen Unterricht im multidisziplinären Lehrkräfteteam.
Durch die Verweise auf die Bildungspläne 2016 wird die Arbeit mit mehreren Bildungsplänen gestützt.
7. Folgearbeiten (Stundentafel, Zeugnisse, …)
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Nach der juristischen Klärung wird ein Papier mit den entsprechenden Informationen an die Schulen versandt.
Hier wird es auch eine Gegenüberstellung der Fächerbezeichnungen in den bisherigen und in den neuen Bildungsplänen geben.
Die Stundenkontingente werden sich nicht verändern.
Die genaue Gestaltung der Zeugnisformulare wird noch geklärt und sich an der bisherigen Zeugnisgestaltung orientieren.
8. Publikationsformen (Druck, Online-Version, Download-Angebote, ...)
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Auf der Seite des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport https://km-bw.de/Kultusministerium,Lde/Startseite/Schule/Bildungsplaene finden Sie die Bildungspläne und weitere Hinweise und Informationen.
Umfangreiche Informationen und Materialien zur Umsetzung der neuen Bildungspläne werden in den ersten Wochen des neuen Schuljahres ebenfalls über www.bildungsplaene-bw.de zugänglich sein.
Eine Print-Ausgabe der neuen Bildungspläne wird allen SBBZ als Pflichtexemplar im Rahmen des Bezugs von Kultus und Unterricht zugestellt. Weitere Exemplare können über den Neckarverlag erworben werden. Der Teil A wird allen Schulen als Printversion als Pflichtexemplar zugesendet. Außerdem werden die Bildungspläne auf der Seite www.bildungsplaene-bw.de veröffentlicht, wo die Verlinkungen innerhalb der Pläne und zum Bildungsplan 2016 gesetzt sind. Hier können die einzelnen Teile auch als PDF generiert und ausgedruckt werden.
Zudem sind Hinweise verlinkt, die kontinuierlich aktualisiert werden, um eine lebhafte Arbeit mit den neuen Bildungsplänen anzuregen.
Eine Print-Version der neuen Bildungspläne ist kostenpflichtig über den Neckar-Verlag erhältlich:
Neckar-Verlag GmbH
Klosterring 1
78050 Villingen-Schwenningen8.4 Wie und wo kann ich mir einen Überblick über Struktur und Inhalte der neuen Bildungspläne verschaffen? [+]Grundlegende Informationen zu den neuen Bildungsplänen sind in verschiedenen Formaten über die Seite www.bildungsplaene-bw.de zugänglich:
- Im Teil A in Kapitel 2.2
- Über das Modul 2 im Selbstlernkurs
- Präsentation im PDF-Format
Für Fragen stehen Ihnen die Fachberaterinnen und Fachberater an der für Ihre Schule zuständigen Regionalstelle zur Verfügung. Dort werden eingehende Fragen gebündelt um die FAQ weiter auszubauen.
Auch die Schulverwaltung steht für entsprechende Fragen zur Verfügung.
9. Implementierung und Begleitmaterialien
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9.1 Wie kann ich als Lehrkraft der allgemeinen Schule mich über die neuen Bildungspläne informieren? [+]
Die Materialien über die Bildungspläne stehen grundsätzlich allen Lehrkräften zur Verfügung. Im Implementierungskonzept sind ebenso Veranstaltungen für die allgemeinen Schulen geplant. Auch die Praxisbegleiter Inklusion sind in die Implementierung involviert.
Für die Einführung in die Bildungspläne wird den Kollegien zu Beginn des neuen Schuljahres eine landesweite Präsentation zum Download www.bildungsplaene-bw.de zur Verfügung gestellt. Die Präsentation besteht aus den Teilen 1–5 und kann flexibel eingesetzt werden.
Die einzelnen Teile können sowohl in einem Durchlauf als auch in Abschnitten gezeigt werden. Je nach Bedarf und Zielgruppe ist es möglich, einzelne Folien auszublenden oder zwischen mehreren Folien die passende auszuwählen. Denkbar ist auch, bestimmte Teile vertiefend zu bearbeiten. Dazu werden an mehreren Stellen Quellen für Vertiefungsmöglichkeiten aufgeführt. Im Hinweisfeld der betreffenden Folie aufgeführt, die auch im Begleitschreiben („Handreichung“) zusammengefasst nachzulesen sind. Quellen sind ebenso in der Material- und Literaturliste beziehungsweise der Handreichung aufgeführt.
Ebenso wird online ein MOOC-Selbstlernkurs zur Verfügung gestellt. Hier kann sich jede Lehrkraft für sich oder auch im Austausch mit anderen Lehrkräften mit den neuen Bildungsplänen bekannt machen.
Des Weiteren bieten alle Regionalstellen des ZSL sowohl schulinterne Fortbildungsangebote (Schilf) als auch schulübergreifende Fortbildungsangebote (Schnalf) an.