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1. Leitgedanken zum Kompetenzerwerb
1.0 Status von NwT als Schulversuch
NwT als fünfstündiges Leistungsfach in der Kursstufe ist nicht als Unterrichtsfach eingerichtet, sondern wird derzeit im Rahmen des Schulversuchs erprobt.
1.1 Bildungswert des Faches Naturwissenschaft und Technik (NwT)
Die Schülerinnen und Schüler wachsen in einer Welt heran, deren Gegenwart und Entwicklung stark von naturwissenschaftlichem Erkenntnisgewinn und technischen Innovationen geprägt ist. In vielen Lebensbereichen, von der Mobilität und der Kommunikation über die Medizin bis hin zur Energie‑, Nahrungs- und Rohstoffversorgung, eröffnen naturwissenschaftliche Entdeckungen und technische Entwicklungen der Menschheit seit jeher immer wieder neue Möglichkeiten. Diese können helfen, die Umwelt- und Ressourcenprobleme mit gesellschaftlich hohen Ansprüchen, zum Beispiel an Ernährung, Gesundheit, Wohnen, Mobilität oder Kommunikation, in Einklang zu bringen.
Wissenschaftliche wie technische Weiterentwicklungen erfordern in immer stärkerem Maß eine Vernetzung von Kenntnissen verschiedener naturwissenschaftlicher und technischer Disziplinen. Ein auch in gesellschaftliche Bereiche hineinreichendes interdisziplinäres Denken, die Nutzung aktueller Technologien sowie die Kreativität bei der Lösungssuche rücken in den Vordergrund.
Beitrag des Faches zur Persönlichkeitsentwicklung
Im NwT-Unterricht bearbeiten die Schülerinnen und Schüler Probleme und Fragestellungen aus verschiedenen Handlungsfeldern und entwickeln dabei besonders kreative Lösungsansätze. In diesem Zusammenhang lernen sie, ihre Vorkenntnisse aus den Naturwissenschaften zu vernetzen und gezielt zu vertiefen. Sie erwerben Grundlagen verschiedener technischer Disziplinen und stärken ihre Vorstellungskraft bei der Erforschung von Prozessen und der Entwicklung und Konstruktion von Prototypen. Hierbei erleben die Schülerinnen und Schüler auch unterschiedliche methodische Arbeitsweisen der Naturwissenschaft und der Technik. Sie erkennen die kausale Struktur der Naturwissenschaft und die finale Strategie der Technik. Im Rahmen von Exkursionen lernen sie verschiedene Berufsfelder kennen und begreifen ihre naturwissenschaftlich-technischen Fähigkeiten mehr und mehr als Möglichkeiten zur Mitgestaltung von gesellschaftlicher Zukunft.
Neben dem Erwerb naturwissenschaftlicher und technischer Kompetenzen erweitern die Schülerinnen und Schüler bei der Durchführung von Projekten sowie bei der Realisierung und Optimierung selbst entwickelter Produkte ihre Handlungsfähigkeit und entdecken ihre eigene Kreativität. Durch das Bewältigen immer neuer Herausforderungen wird ihr Durchhaltevermögen und ihre Beharrlichkeit gestärkt sowie ihre Leistungsbereitschaft und ihr Leistungsvermögen gefördert. Dadurch werden sie an eigenverantwortliches, selbstständiges, lebenslanges Lernen herangeführt. Ihre Fähigkeit, sich nicht nur theoretischen sondern auch praxisorientierten Zugängen zu öffnen und schwierige Sachverhalte geistig durchdringen zu wollen, wird gestärkt. Die aktive Vernetzung der Kenntnisse aus verschiedenen naturwissenschaftlichen Fächern und unterschiedlichen Technikdisziplinen geht dabei weit über die reine Aneignung von Faktenwissen hinaus.
Die Vielfalt der technologischen Entwicklungen fordert von den Schülerinnen und Schülern heute und in Zukunft ein hohes Maß an Bewertungs‑, Urteils- und Entscheidungsfähigkeit. Sie erwerben durch die Bearbeitung naturwissenschaftlicher und technischer Fragestellungen in Verknüpfung mit gesellschaftlichen, ökonomischen und ökologischen Aspekten eine naturwissenschaftlich-technische Allgemeinbildung und entwickeln eine Technikmündigkeit.
Beitrag des Faches zu den Leitperspektiven
In welcher Weise das Fach Naturwissenschaft und Technik einen Beitrag zu den Leitperspektiven leistet, wird im Folgenden dargestellt:
- Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
Die Schülerinnen und Schüler setzen sich im Fach NwT mit Fragen auseinander, die sich schon heute mit Bedürfnissen und Ressourcen der aktuellen und nachfolgenden Generationen beschäftigen. An vielen Stellen des NwT-Unterrichts können sie so ein Verständnis für die wachsende Bedeutung des Prinzips der nachhaltigen Entwicklung in soziokulturellen, ökologischen, ökonomischen, naturwissenschaftlichen und technischen Fragestellungen erwerben.
Auch die prozessbezogenen Kompetenzen untermauern diese Anliegen deutlich. Die Schülerinnen und Schüler können den Zusammenhang zwischen Bedürfnissen des Menschen und naturwissenschaftlichen wie technischen Entwicklungen erläutern, verantwortungsbewusst mit Materialien und Energie umgehen und die Folgen der Wechselwirkungen eines technischen Systems mit Gesellschaft und Umwelt an einfachen Beispielen abschätzen und bewerten. - Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV)
Der konstruktive Umgang mit Vielfalt stellt eine wichtige Kompetenz für die Menschen in einer zunehmend von komplexer Technik geprägten Gesellschaft dar. Kennzeichnend sind Individualisierung und Pluralisierung von Lebensentwürfen, die sich im Umgang mit Ressourcen, Energie sowie Daten und Information unterscheiden. Der Unterricht im Fach NwT zielt auch auf die Fähigkeit des Einzelnen und der Gesellschaft zum dialogorientierten, friedlichen Umgang mit unterschiedlichen Positionen beziehungsweise Konflikten ab. - Prävention und Gesundheitsförderung (PG)
Über das Einhalten von Vorgaben, Richtlinien und Sicherheitsvorschriften sowie beim fachgerechten Umgang mit Materialien und Werkstoffen entwickeln die Schülerinnen und Schüler ein Bewusstsein für Prävention und Gesundheitsförderung. Sie kennen Maßnahmen, um in Notfallsituationen kompetent reagieren zu können. Die spezifischen Arbeitsweisen des NwT-Unterrichts können zudem die Selbstregulation, das selbstständige und kooperative Lernen sowie die Team- und Kommunikationsfähigkeit junger Menschen im Sinne dieser Leitperspektive fördern. Dies sind wichtige Voraussetzungen, um sich im eigenen Handeln als selbstwirksam zu erleben. - Berufliche Orientierung (BO)
Im Fach NwT erhalten die Schülerinnen und Schüler vielfältige Einblicke in unterschiedliche Forschungs‑, Arbeits- und Berufsfelder. Dies stellt einen wesentlichen Bestandteil individueller Förderung für die Berufs- und Studienorientierung dar und trägt so zur gesellschaftlichen Partizipation bei.
Durch fachspezifische und handlungsorientierte Zugänge werden sie in die Lage versetzt, ihre Fähigkeiten und Potenziale einzuschätzen und dadurch ihre Bildungsbiografie und berufliche Orientierung eigenverantwortlich zu gestalten.
Dafür erkunden sie auch konkrete Arbeitsfelder regionaler Firmen in Forschung und Entwicklung sowie Berufe und Ausbildungsgänge zu Arbeitsgebieten der angewandten Naturwissenschaften und der Technik. - Medienbildung (MB)
Medienbildung ist eine wichtige Schlüsselqualifikation für junge Menschen. Im Fach NwT begreifen die Schülerinnen und Schüler am Beispiel der Medienbildung in besonderer Weise die Veränderungen der Gesellschaft durch technische Entwicklungen auf der Basis naturwissenschaftlicher Erkenntnisse. Sie setzen sich mit technischen Grundlagen der Medien auseinander und begreifen deren große Bedeutung für die Verfügbarkeit von Informationen im Alltag. - Verbraucherbildung (VB)
Gerade in der heutigen Zeit mit ihrer Vielfalt an Konsumgütern ist es besonders wichtig, dass sich die Schülerinnen und Schüler aktiv mit Kriterien für den Qualitätsvergleich von Konsumgütern auseinandersetzen. Daher überprüfen und hinterfragen sie im Fach NwT ihren Alltagskonsum mit dem Ziel eines selbstbestimmten und verantwortungsbewussten Verbraucherverhaltens. Sie nutzen gezielt Informationsquellen und bewerten deren Aussagekraft und Zuverlässigkeit kritisch. Dadurch können sie die Qualität von Produkten einschätzen und eine begründete Auswahl treffen.
1.2 Kompetenzen
Die zu erreichenden Standards sind im Bildungsplan als prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen dargestellt.
Prozessbezogene Kompetenzen
Die prozessbezogenen Kompetenzen orientieren sich an den Empfehlungen der Kultusministerkonferenz für die MINT-Bildung und gliedern sich in vier Bereiche.
Im Bereich „Erkenntnisgewinnung und Forschen“ liegt der Schwerpunkt darauf, die Schülerinnen und Schüler propädeutisch an forschendes Arbeiten heranzuführen. Ihr Vorgehen soll über das Durchführen oder auch Konzipieren einzelner Experimente hinausgehen. Sie werden kompetent darin, Forschungsfragen zu formulieren, dazu Forschungsgänge zu entwickeln, diese anzupassen und kritisch zu hinterfragen.
Die Schülerinnen und Schüler lernen im Bereich „Entwicklung und Konstruktion“ diejenigen techniktypischen Denk- und Handlungsweisen kennen, die mit der Entwicklung, Konstruktion und Fertigung technischer Produkte verbunden sind. Insbesondere geht es bei der Klärung eines technischen Problems um systematisches Vorgehen bei der Suche nach Lösungsmöglichkeiten. Entwicklung und Konstruktion führen zu einer meist modellhaften Realisierung von Funktionseinheiten und schließlich zu einer kritischen Prüfung, Bewertung und Optimierung der Lösung. Kennzeichnend ist hier die enge Verknüpfung von theoretischer Durchdringung mit praktischer Realisierung.
Die besonderen Herausforderungen von „Kommunikation und Organisation“ liegen einerseits im Umgang mit den im NwT-Unterricht aufeinandertreffenden verschiedenen Fachsprachen, andererseits bedingen zunehmend offenere unterrichtliche Fragestellungen projektartiges Planen und Vorgehen.
Im Bereich „Bedeutung und Bewertung“ gewinnen die Schülerinnen und Schüler einen Einblick in bedeutsame Zusammenhänge zwischen Natur, Gesellschaft, Naturwissenschaft und Technik. Sie können an einigen Beispielen Folgen abschätzen, Nutzen und Risiken bewerten und sich eine begründete Meinung bilden.
Inhaltsbezogene Kompetenzen
Die inhaltsbezogenen Kompetenzen sind in vier Bereiche gegliedert, von denen sich drei Bereiche an der Analyse von natürlichen und technischen Systemen orientieren. Hierbei werden Stoff‑, Energie- und Informationsströme betrachtet. Vorangestellt ist der Kernbereich „Denk- und Arbeitsweisen in Naturwissenschaft und Technik: Systeme und Prozesse“, der übergeordnet zu betrachten ist. In diesem sind die Standards zusammengefasst, welche die Schülerinnen und Schüler bezüglich des Umgangs mit komplexen Phänomenen, Objekten und Zusammenhängen erreichen sollen. Systemdenken und Prozessdenken dienen in Naturwissenschaft wie Technik als strukturierte Zugänge und sollen im NwT-Unterricht gezielt entwickelt werden.
Ein Alleinstellungsmerkmal des Faches NwT ist das Thematisieren von Problemstellungen, die über die Grenzen einzelner naturwissenschaftlicher Fächer und Technikdisziplinen hinausgehen. Zentral ist dabei die interdisziplinäre Betrachtung von Systemen und Prozessen.
Im Kompetenzbereich „Energie und Mobilität“ werden die Speicherung der Energie innerhalb von Systemen und ihr Transport zwischen Teilsystemen als grundlegendes Prinzip naturwissenschaftlicher wie technischer Prozesse dargestellt.
Die Beschreibung eines Systems erfolgt auch durch „Stoffe und Produkte“. Zur Beantwortung unterschiedlicher Fragestellungen werden naturwissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt sowie technische Artefakte gestaltet.
Prozesse sind in der Regel mit einem Informations- beziehungsweise Datenaustausch gekoppelt, dieser wird im Bereich „Informationsaufnahme und ‑verarbeitung“ thematisiert. Die Daten, welche zwischen Teilsystemen ausgetauscht werden, können Informationen erzeugen, deren Verarbeitung die Umsetzung von Stoff‑, Energie- und Informationsströmen beeinflusst.
Hinweise zur Kursstufe
Das dreistündige Basisfach und das fünfstündige Leistungsfach beinhalten weitgehend die gleichen Kompetenzbereiche. Das Leistungsfach zeichnet sich jedoch durch einen höheren Mathematisierungsgrad (zum Beispiel in der technischen Mechanik), eine größere inhaltliche Breite (insbesondere in der Elektronik) sowie eine stärkere Vertiefung aus. Das Basisfach bietet im Vergleich zum Leistungsfach größere Freiheiten in der unterrichtlichen Umsetzung.
In beiden Kursen spielen die prozessbezogenen Kompetenzen und deren spiralcurriculare Weiterentwicklung eine übergeordnete Rolle. Darum wurde bei der Festlegung der inhaltsbezogenen Kompetenzen darauf geachtet, dass genügend zeitlicher Spielraum besteht, die Handlungs- und Projektorientierung aus der Mittelstufe fortzuführen.
1.3 Didaktische Hinweise
Der Unterricht im Fach Naturwissenschaft und Technik geht sowohl von naturwissenschaftlichen als auch von technischen Problemstellungen der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler aus und erfordert eine interdisziplinäre Betrachtung und Durchdringung der Unterrichtsgegenstände. Die in den naturwissenschaftlichen Fachdisziplinen erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten ergeben eine multiperspektivische Sicht auf den Unterrichtsgegenstand. So entsteht eine Vernetzung von naturwissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung und zielorientierten Problemstellungen. Projektartiges Arbeiten fördert besonders den Erwerb personaler Kompetenzen. Regionale Besonderheiten, Kooperationen mit Instituten oder Firmen, besondere schulische Ausstattungsmerkmale sowie besondere Kenntnisse und Begabungen der Lehrkräfte fördern die Aktualität und Qualität des Unterrichts und tragen zur Profilierung der Schule bei. Der gymnasiale Anspruch des Faches wird durch die starke theoretische Durchdringung der Inhalte definiert.
Ein Hauptaugenmerk gilt dabei dem spiralcurricularen Aufbau beim Erwerb prozessbezogener Kompetenzen bei der Bearbeitung verschiedener Themen. Diese spiralcurriculare und dadurch wirksame Kompetenzentwicklung entlang der prozessbezogenen Kompetenzen muss Grundgedanke jeglicher Curriculums- und Unterrichtsplanung sein. Sie ist nur durch die Vernetzung der prozessbezogenen mit den inhaltsbezogenen Kompetenzen möglich. Die inhaltsbezogenen Kompetenzen sollen mit dem Ziel eines zunehmenden System- und Prozessverständnisses verknüpft werden. Die ausschließliche Zuordnung einer Unterrichtseinheit zu einem der inhaltsbezogenen Kompetenzbereiche ist daher nicht zielführend.
Die korrekte Verwendung der Fachsprache der einzelnen fachwissenschaftlichen Bereiche muss beachtet werden, Verständnisschwierigkeiten, die aus nichtkonsistenter Verwendung einzelner Fachbegriffe entstehen, sind zu thematisieren.
Der interdisziplinäre Ansatz des Faches NwT erfordert einen kontinuierlichen Kompetenzaufbau. Unterrichten verschiedene Lehrkräfte das Fach NwT, so ist auf eine enge inhaltliche und pädagogische Zusammenarbeit sowie auf regelmäßige Absprachen zu achten. Die Lehrkräfte achten auf gleichberechtigtes Arbeiten in Teams und gegebenenfalls auf die Überwindung rollenspezifischer Einstellungen und Verhaltensweisen.
Bei Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen, Beeinträchtigungen oder chronischen Erkrankungen sind unterstützende Maßnahmen notwendig. Experimentiergeräte, Werkzeuge und Medien für den NwT-Unterricht erfordern entsprechend der jeweiligen besonderen Situation eine individuelle Auswahl durch die Lehrkraft. Zeitbedarf und Aufgabenumfang werden im Rahmen der Leistungsmöglichkeiten entsprechend angepasst.
Lesehinweis zur Kursivschreibung
Die kursiv dargestellten Fachbegriffe in den inhaltsbezogenen Kompetenzbeschreibungen sind verbindlich im Unterricht einzusetzen. Schülerinnen und Schüler müssen die Kompetenz erwerben, diese Fachsprache in unterschiedlichen Kontexten ohne zusätzliche Erläuterung zu verstehen und anwenden zu können.
Stufenspezifische Hinweise
Das Fach NwT baut in vielfältiger Art und Weise auf den Erfahrungen aus der Grundschule, dem Fächerverbund Biologie, Naturphänomene und Technik (BNT), dem Basiskurs Medienbildung und dem Aufbaukurs Informatik auf.
Die parallel in den Basiswissenschaften Biologie, Chemie, Geographie und Physik erworbenen Kompetenzen werden im Fach NwT genutzt und interdisziplinär weiterentwickelt.