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1. Leitgedanken zum Kompetenzerwerb
1.1 Bildungswert der modernen Fremdsprachen
In einer modernen und globalisierten Welt, die von zunehmender Mobilität und Vernetzung geprägt ist, stellen Fremdsprachenkenntnisse eine wichtige Grundlage für den internationalen Dialog dar. Sie befähigen den Einzelnen, sich in interkulturellen Kontexten angemessen zu bewegen. Indem sich Schülerinnen und Schüler mit sprachlicher und kultureller Vielfalt auseinandersetzen, erwerben sie interkulturelle Handlungskompetenz, die sie in die Lage versetzt, mit Individuen und Gruppen anderer Kulturen angemessen und respektvoll zu interagieren. Bei der Begegnung mit einer anderen Sprache wird der Einzelne mit einer neuen, ihm zunächst ungewohnten sprachlichen Ordnung der Welt konfrontiert. Er lernt diese neue Ordnung als andere mögliche Interpretation von Welt kennen und respektieren. Damit unterstützt der Fremdsprachenunterricht in besonderem Maße die Entwicklung von Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt und trägt zu einem friedlichen Zusammenleben in der Welt bei. In einer international geprägten Wirtschafts- und Arbeitswelt stellen Fremdsprachenkenntnisse außerdem eine wichtige Voraussetzung dar, um angemessen auf dem globalen Markt zu agieren.
Ziel eines modernen Fremdsprachenunterrichts ist es deshalb, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, sich in der Fremdsprache sicher zu bewegen und sich dabei zunehmend flüssig und differenziert auszudrücken. Fremdsprachen zu lernen heißt, in fremde Welten einzutauchen und diese in steigendem Maße zu verstehen. Sie ermöglichen es den Lernenden, Wissen über fremde Denkmuster und Handlungsweisen zu erwerben und diese mit den eigenen zu vergleichen. Die Schülerinnen und Schüler können so deren kulturelle und gegebenenfalls auch historische Bedingtheit verstehen, Verständnis und Respekt für das Fremde entwickeln und Missverständnisse vermeiden.
Soziokulturelles Wissen im Zusammenspiel mit interkultureller und funktionaler kommunikativer Kompetenz versetzt die Schülerinnen und Schüler in die Lage, künftig Auslandsaufenthalte und internationale Begegnungen im Rahmen von Ausbildung, Studium und Beruf sowie im Privatleben gezielt und informiert in die Wege zu leiten und erfolgreich zu bewältigen. Hier leisten die modernen Fremdsprachen einen Beitrag zur beruflichen Orientierung der Schülerinnen und Schüler.
Bis zur allgemeinen Hochschulreife erwirbt jede Schülerin und jeder Schüler Kompetenzen in mindestens zwei Fremdsprachen. Der Vergleich von Unterschieden und Gemeinsamkeiten fördert die Einsicht in generelle sprachliche Strukturmuster und das Verständnis von Sprache als System. Die Kenntnis von Strukturen verschiedener Sprachen sowie von Strategien und Methoden des Spracherwerbs fördert darüber hinaus das Lernen weiterer Fremdsprachen jenseits der schulischen Ausbildung. Nachdenken über Sprache schult die Fähigkeit, Handlungsweisen, komplexere Sachverhalte, theoretische Erkenntnisse, Denkmuster und Wertvorstellungen zu durchdringen und in einen interkulturellen Zusammenhang zu stellen.
1.2 Kompetenzen
In den vorliegenden Bildungsplänen für die modernen Fremdsprachen ist die Ausbildung der interkulturellen kommunikativen Kompetenz das übergeordnete Ziel des Fremdsprachenlernens. Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen (GeR) der Sprachen von 2001 sieht in dieser interkulturellen Handlungsfähigkeit in unterschiedlichen Sprachen den Kern seines Mehrsprachigkeitskonzepts. Er definiert für alle Sprachen gültige Kriterien und Niveaus, nach denen die Sprachbeherrschung von Lernenden eingestuft werden kann. Daran orientiert sich der Kompetenzaufbau über die verschiedenen Klassen in den vorliegenden Bildungsplänen für die modernen Fremdsprachen. Die in den Bildungsplänen beschriebenen Kompetenzen entsprechen den Vorgaben der „Bildungsstandards für die fortgeführte Fremdsprache (Englisch/Französisch) für die Allgemeine Hochschulreife“ der Kultusministerkonferenz (KMK) von 2012, die zu einer Vereinheitlichung der Anforderungen über die Bundesländergrenzen hinweg führen sollen.
Das Schaubild verdeutlicht, dass die Kompetenzen, wie sie nacheinander in den vorliegenden Bildungsplänen aufgeführt sind, keine isoliert zu beherrschenden Einzelfertigkeiten sind, sondern vielmehr ineinandergreifen. Sowohl die prozessbezogenen Kompetenzen als auch die inhaltsbezogenen Kompetenzen stehen im Dienst der interkulturellen kommunikativen Kompetenz.
Als prozessbezogene Kompetenzen werden Sprachbewusstheit und Sprachlernkompetenz ausgewiesen: Zum einen unterstützt die Fähigkeit, eine Sprache – auch die Erstsprache – bewusst zu rezipieren und zu verwenden, den Spracherwerbsprozess. Die Schülerinnen und Schüler müssen zum anderen in ihrer Sprachlernkompetenz langfristig gefördert werden, um das eigene Sprachenlernen zielgerichtet zu steuern. Dieser Prozess beginnt bereits im Fremdsprachenunterricht der Grundschule. Die Lernenden sollen Strategien und Methoden erwerben, die sie dazu befähigen, ihr Lernen selbstständig zu organisieren und nach Ende ihrer Schulzeit im Sinne des lebenslangen Lernens weitere Fremdsprachen im außerschulischen Umfeld zu erlernen. Eine Voraussetzung dafür besteht darin, dass sie in ihrer Schullaufbahn allmählich Eigenverantwortung für ihren Lernprozess und ‑zuwachs übernehmen. Prozessbezogene Kompetenzen können nicht von den inhaltsbezogenen Kompetenzen losgelöst erworben werden, sie sind nicht gestuft und werden nicht unmittelbar geprüft. Der ausgewiesene Stand stellt die Zielstufe dar, die das beim Abschluss der Kursstufe zu erreichende Niveau beschreibt.
Die inhaltsbezogenen Kompetenzen umfassen die als zentrales Ziel ausgewiesene interkulturelle kommunikative Kompetenz, die funktionale kommunikative Kompetenz und schließlich die Text- und Medienkompetenz. Voraussetzung für einen gelingenden Kompetenzaufbau ist, dass die Schülerinnen und Schüler angemessene sprachliche Mittel erwerben und reflektieren. Für die Realisierung der kommunikativen Kompetenzen haben sie dienende Funktion.
Die Text- und Medienkompetenz verlangt den Schülerinnen und Schülern einen komplexeren Umgang mit Texten ab, der über die reine Textrezeption hinausgeht. Sie erfordert, dass Schülerinnen und Schüler Texte zunehmend tiefer durchdringen und sich produktiv mit ihnen auseinandersetzen. Die Lernenden sollen die Fähigkeit erwerben, Texte zu strukturieren und zu analysieren, sie zu reflektieren und zu bewerten beziehungsweise neu zu gestalten. In den Bildungsplänen der modernen Fremdsprachen wird von einem erweiterten Textbegriff ausgegangen. Als Texte werden demnach alle mündlichen, schriftlichen und visuellen Produkte in ihrem jeweiligen kulturellen und medialen Kontext verstanden, die analog oder digital vermittelt werden. Von entscheidender Bedeutung für den Fremdsprachenunterricht in der gymnasialen Oberstufe ist die Auseinandersetzung mit kulturell geprägten Deutungsmustern. Aus diesem Grund hat die Beschäftigung mit literarischen Texten von Autorinnen und Autoren mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund dort einen besonderen Stellenwert.
Zur Text- und Medienkompetenz zählt darüber hinaus, dass die Schülerinnen und Schüler bei einer Recherche dem Internet zielgerichtet Informationen entnehmen und entsprechend der Aufgabenstellung auswerten können. Zudem lernen sie, Texte gegebenenfalls kritisch zu ihrem medialen Umfeld in Beziehung zu setzen. Damit trägt der moderne Fremdsprachenunterricht zur Medienbildung bei.
Jeweils zu Beginn der inhaltsbezogenen Kompetenzen werden Themen genannt, denn die Schülerinnen und Schüler erwerben die ausgewiesenen Kompetenzen nicht losgelöst von soziokulturellem Wissen. Dies geschieht vielmehr in der ständigen Begegnung und Auseinandersetzung mit Themen, die in ihrer Progression zunehmend gesellschaftsorientiert werden und ein vertieftes kulturelles Verständnis zum Ziel haben.
Methodisch-strategische Teilkompetenzen sind den funktionalen kommunikativen Kompetenzen zugeordnet. Sie sind im Bildungsplan 2016 jeweils am Ende einer Kompetenz aufgeführt und durch eine Zwischenüberschrift kenntlich gemacht. Verweise auf Teilkompetenzen anderer Bereiche der Fremdsprachenpläne zeigen, welche Teilkompetenzen Grundlage oder sinnvolle Erweiterungsmöglichkeiten darstellen. Mit den vorliegenden Verweisen wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben; sie sind nicht grundsätzlich verbindlich, sondern sollen zum Querlesen einladen.
Um den Lernstand, den die Schülerinnen und Schüler laut Bildungsplan aus den vorherigen in die nachfolgenden Klassen mitbringen sollen, besser nachvollziehen zu können, hat die jeweilige Teilkompetenz über alle Klassen hinweg die gleiche Nummerierung. Die Progression der einzelnen (Teil‑)Kompetenzen wird so erkennbar. Mitunter wird eine Teilkompetenz ab einer bestimmten Klasse nicht mehr fortgeführt beziehungsweise sie setzt später ein. In diesen Fällen erfolgt ein konkreter Hinweis in der jeweiligen Zeile. Die Teilkompetenzen werden anhand von Operatoren beschrieben, deren jeweilige Bedeutung in der Liste im Anhang der Pläne definiert ist. Die definierten handlungsleitenden Verben dienen dazu, alle sprachlichen Operationen, die im Laufe des Erwerbs aller kommunikativen Kompetenzen erlernt werden, trennscharf zu erfassen. Es handelt sich dabei nicht um die fremdsprachlichen Prüfungsoperatoren.
1.3 Bildungswert des Faches Japanisch
Japanisch gehört zu den zehn meist gesprochenen Sprachen der Welt. Zu den über hundert Millionen Sprechern in Japan kommen weitere Hunderttausende in Nord- und Südamerika hinzu. Japan ist eine der größten Wirtschaftsmächte der Welt und ein bedeutender Wirtschaftspartner Deutschlands. Auch in kultureller Hinsicht hat Japan aufgrund seines zunehmenden Einflusses auf andere Länder unter anderem in den Bereichen Kulinarik, Architektur, Design und Popkultur immer mehr an Bedeutung gewonnen und rückt zunehmend in unser Blickfeld. Das Interesse an Japan zeigt sich in der steigenden Zahl an Japanischlernenden weltweit, obwohl die Sprache als eine der schwersten der Welt gilt.
Das Erlernen der japanischen Sprache als nichteuropäische beziehungsweise distante Sprache befähigt die Schülerinnen und Schüler, ihre Sprachlernkompetenz und ihr Sprachbewusstsein zu erweitern. Japanisch gehört zu den agglutinierenden Sprachen und ist in hohem Maße adressaten- und situationsorientiert. Die Auseinandersetzung damit eröffnet den Schülerinnen und Schülern in interkulturellen Gesprächssituationen die Möglichkeit, ihre zwischenmenschliche Wahrnehmung zu sensibilisieren und ihre soziale Kompetenz zu steigern.
Das Aneignen der japanischen Silbenalphabete und der sinojapanischen Schriftzeichen erfordert Genauigkeit, Ausdauer und Disziplin und fördert dadurch die Persönlichkeitsbildung. Die Exotik der japanischen Schrift stellt einen großen Reiz für die Lernenden dar und schult gleichzeitig das ästhetische Bewusstsein. Das Erlernen des Japanischen leistet einen Beitrag zur angestrebten Mehrsprachigkeit und zum Ziel des lebenslangen Fremdsprachenlernens unter Nutzung geeigneter Lernstrategien.
Japan besitzt eine Reihe von kulturellen Eigenarten. Die Insellage, der Austausch mit China, der Shintō, die jahrhundertelange Abschottung und westliche Einflüsse haben unter anderem dazu beigetragen. Die Begegnung mit den kulturellen Besonderheiten Japans gibt Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, neue Denk- und Lebensweisen kennenzulernen, diese kritisch zu hinterfragen und ihre eigenen Vorstellungen weiterzuentwickeln.
Es gibt einige Parallelen zwischen Japan, China, Korea und Vietnam, wie zum Beispiel die (frühere) Verwendung von sinojapanischen Schriftzeichen oder die gemeinsame kulturelle Prägung durch Konfuzianismus und Buddhismus. Somit eröffnet die Beschäftigung mit der japanischen Sprache den Schülerinnen und Schülern einen Zugang zum gesamten ostasiatischen Kultur- und Wirtschaftsraum. Der Japanischunterricht hilft beim Abbau von Eurozentrismus und Aufbau einer weltoffenen, toleranten Gesinnung.
Beitrag des Faches zu den Leitperspektiven
- Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
Im Japanischunterricht begegnen die Schülerinnen und Schüler mit Japan einem nichteuropäischen Land, das sie zu einem Perspektivenwechsel und einem veränderten Blick auf Themen wie zunehmende Globalisierung, sozialer Wandel und verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen zwingt. Die häufig zerstörerischen Auswirkungen der Naturgewalten in Japan, die Rohstoffknappheit, die Werte und Normen der japanischen Gesellschaft – um nur einige Punkte zu nennen – ergeben Anknüpfungspunkte, mit denen sich die Schülerinnen und Schüler befassen. Sie werden somit zur Reflexion angeregt, wie sie durch gesellschaftliches Engagement und Übernahme von Verantwortung im politischen und sozialen Bereich und als Konsument einen Beitrag zur Entwicklung einer gerechten und nachhaltigen Welt leisten können. - Bildung für Toleranz und Vielfalt (BTV)
Beim Erlernen der japanischen Sprache treffen die Schülerinnen und Schüler auf eine Kultur mit einem ihnen unbekannten Wertesystem und Identitätsverständnis, die zur christlich-abendländisch geprägten Kultur große Unterschiede erkennen lässt.
Durch die Auseinandersetzung mit den gesellschaftlichen, geographischen, politischen, wirtschaftlichen, religiösen und kulturellen Gegebenheiten Japans erhalten die Schülerinnen und Schüler einen neuen Blick auf ihre eigene soziokulturelle Wirklichkeit, der sie befähigt, persönliche Wertvorstellungen und Haltungen zu überdenken und eventuell zu relativieren. Somit trägt das Fach Japanisch in hohem Maße zur Anerkennung von Vielfalt, zur Entwicklung von Empathievermögen und gegenseitiger Wertschätzung, Toleranz und Frieden bei. - Prävention und Gesundheitsförderung (PG)
Der Japanischunterricht ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, mit Muttersprachlerinnen und Muttersprachlern in Kontakt zu treten und in realen und virtuellen Kommunikationssituationen persönliche Beziehungen aufzubauen, einander wertschätzend zu begegnen und lösungsorientiert Konflikte zu bewältigen. Dies ist ein wichtiger Beitrag, um sich als Teil einer Gemeinschaft wahrzunehmen und als Mitglied einer Gruppe Kommunikation aktiv mitzugestalten, besonders auch beim Schüleraustausch.
Im Fach Japanisch lernen die Schülerinnen und Schüler Zenkünste wie zum Beispiel Kalligraphie, Ikebana sowie die Teezeremonie kennen. Dadurch können sie Momente der Ruhe erfahren. Dies kann die Schülerinnen und Schüler dazu anregen, sich auch außerhalb der Schule vertieft damit auseinanderzusetzen.
Die Schülerinnen und Schüler lernen hilfreiche Lernstrategien und Arbeitstechniken kennen, die sie dazu befähigen, selbstbestimmt mit Aufgaben umzugehen und selbstständig Lösungen zu finden. Die Fähigkeit zur Selbstregulation, das Erleben von Selbstwirksamkeit und Erfolge, die die Schülerinnen und Schüler beim Überwinden der besonderen Schwierigkeiten des Japanischen erzielen, tragen zu persönlichem Wohlergehen im Sinne der Prävention und Gesundheitsförderung bei. - Berufliche Orientierung (BO)
Die deutsch-japanischen Wirtschaftsbeziehungen und auch die Beziehung Baden-Württembergs zur Partnerregion Kanagawa nehmen einen großen Stellenwert ein.
Die im Japanischunterricht erworbenen Kompetenzen schaffen neue Optionen für die berufliche Orientierung im ostasiatischen Raum im Allgemeinen und in Japan im Besonderen im Hinblick auf Praktika, auf ein Freiwilliges Soziales Jahr, auf Ausbildung, Studium und Beruf. Japanischkenntnisse und interkulturelle Handlungsfähigkeit sind dafür Voraussetzung und von großem Vorteil. Das Fach Japanisch trägt somit zur Befähigung der Heranwachsenden bei, sich selbstbestimmt in der Arbeits- und Berufswelt zu orientieren und ihre Zukunftschancen zu erweitern. - Medienbildung (MB)
Die wachsende Bedeutung von Medien in der Gesellschaft macht einen reflektierten und verantwortungsbewussten Umgang mit Medien zu einer wichtigen Schlüsselqualifikation junger Menschen. Im Unterricht sollen die Schülerinnen und Schüler dazu befähigt werden, die informationstechnischen Grundlagen für die Mediennutzung zu erwerben. Darüber hinaus lernen sie, unterschiedliche Medien in Schule und Alltag kritisch zu analysieren, zu reflektieren und eine geeignete Auswahl zu treffen. Dabei wenden sie auch Bestimmungen zu Datenschutz, Urheber- und Lizenzrecht regelgerecht an.
Was die Medienanwendung betrifft, können insbesondere digitale Medien das Sprachenlernen beschleunigen und Kontakte nach Japan erleichtern. Damit erfüllt das Fach Japanisch seinen Auftrag, zur selbstbestimmten Mediennutzung beizutragen. - Verbraucherbildung (VB)
Die kritische Auseinandersetzung mit japanischen Alltags‐, Ess‐ und Konsumgewohnheiten im Unterricht veranlasst die Schülerinnen und Schüler, ihr eigenes Alltags- und Konsumverhalten zu reflektieren. Sie erhalten Einblicke in die verschiedenen Facetten der japanischen Service- und Konsumgesellschaft und erwerben so wichtige Kompetenzen, um als selbstbestimmte und verantwortungsvolle Konsumenten zu handeln.
1.4 Didaktische Hinweise
Beim Erwerb des Japanischen als spät beginnende Fremdsprache können die Schülerinnen und Schüler auf einen Fundus an Sprachbewusstsein und Sprachlernkompetenzen zurückgreifen, da sie bereits andere Fremdsprachen erlernt haben. Da es sich bei der japanischen Sprache um eine nicht indoeuropäische Sprache mit unbekanntem Schriftsystem und fremder Sprachmorphologie handelt, kann nicht dasselbe Progressionstempo wie in anderen europäischen Sprachen erwartet werden. Besonders der Schrifterwerb erfordert einen erhöhten Zeitaufwand.
Das Ziel des Japanischunterrichts liegt vor allem im Erlangen einer interkulturellen Kommunikations- und Handlungskompetenz der Schülerinnen und Schüler. Das Zusammenwirken von mündlicher und schriftlicher Sprachkompetenz spielt hierbei eine wichtige Rolle. Daher wird neben der mündlichen Kommunikation von Anfang an die Vermittlung der beiden Silbenalphabete hiragana und katakana sowie einer grundlegenden Zahl an sinojapanischen Schriftzeichen kanji miteinbezogen. Dabei steht die passive kanji-Kompetenz im Vergleich zur aktiven Beherrschung der Zeichen im Vordergrund. Die Ästhetik der japanischen Zeichen stellt einen hohen Motivationsfaktor für das Erlernen des Japanischen dar. In der Begegnung mit der Kalligraphie können die Schülerinnen und Schüler ihren künstlerischen Erfahrungsschatz und ihr ästhetisches Empfinden erweitern. Die japanische Schrift ist eng mit der japanischen Kultur verbunden und sie ist zugleich Grundlage für ein (authentisches) Textverständnis. Der Schrifterwerb ist im Sinne des lebenslangen Fremdsprachenlernens Voraussetzung, um die Sprachkenntnisse über die Schule hinaus zu vertiefen.
Um mündliche Handlungsfähigkeit zu erreichen, kommt im Unterricht dem Hör‑/Hörsehverstehen und der Sprechkompetenz große Bedeutung zu. Da die japanische Sprache stark situativ geprägt und der Einsatz der sprachlichen Mittel unter anderem von Alter, Geschlecht und gesellschaftlichem Rang der beteiligten Gesprächspartner abhängig ist, gilt es, dies bei der Vermittlung von Kommunikationskompetenz im Unterricht zu beachten. Die zur Verfügung gestellten Redemittel und Strukturen berücksichtigen die gegenseitige Abhängigkeit von Sprache und kultureller Wirklichkeit.
Die Zielsprache soll im Unterricht einen möglichst großen Raum einnehmen. Die Distanz und die Fremdartigkeit der japanischen Sprachmorphologie erfordert jedoch zuweilen einen Rückgriff auf die Erstsprache – besonders bei der Vermittlung von grammatikalischen Strukturen und soziokulturellem Wissen.
Die Schulung der Lesekompetenz ist für die Orientierung im visuell geprägten Alltagsbild Japans nicht weniger relevant. Neben didaktisierten Texten kommen im Unterricht einfache authentische Texte zum Einsatz. Die Verwendung von furigana (Lesehilfen zur Aussprache von kanji) kann dabei das Textverständnis erleichtern und der selbstständigen Erschließung von unbekannten Texten dienen.
Die Schülerinnen und Schüler erweitern zunehmend ihre Text- und Medienkompetenz und werden so befähigt, auch durch Nutzung digitaler Medien, eigenständig verschiedene Textsorten zu produzieren.
Der hohe Zeitaufwand und die Komplexität des Japanischen setzen der Beschäftigung mit japanischer Literatur innerhalb des Unterrichts enge Grenzen. Es ist jedoch möglich, mithilfe von Textauszügen, vereinfachten literarischen Texten, Filmen und japanischer Literatur in Übersetzung das Interesse an einem weitergehenden selbstständigen Umgang mit der Literatur zu wecken.
Die Förderung der Sprachlernkompetenz und des Sprachbewusstseins stellt einen kontinuierlichen Prozess dar. Unterschiedliche Leistungsniveaus können durch binnendifferenzierende Maßnahmen und individuelle Förderung kompensiert werden.
Außerschulische Aktivitäten wie zum Beispiel der Besuch kultureller Veranstaltungen und Schüleraustausche, die das unmittelbare Erleben der japanischen Kultur und die persönliche Begegnung mit Japanerinnen und Japanern ermöglichen, sind in hohem Maße wünschenswert. Die reale Erfahrung der persönlichen Begegnung fördert die Chance, dass sich die Schülerinnen und Schüler vertieft und nachhaltig für Japan und andere (ostasiatische) Kulturen interessieren. Die Integration des Faches Japanisch in das Schulleben kann durch aktive Teilnahme an Projekttagen, Schulfesten und ähnlichen Veranstaltungen realisiert werden.
Die freiwillige Teilnahme am standardisierten Japanischsprachtest JLPT (Japanese-Language Proficiency Test) belegt den Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler und erhöht ihre beruflichen Chancen besonders im Hinblick auf ein Studium oder eine Tätigkeit in Japan.
Am Ende der gymnasialen Oberstufe erreichen die Schülerinnen und Schüler im Fach Japanisch als spät beginnende Fremdsprache im Allgemeinen das GeR-Niveau A2/A2+.
Es besteht die Möglichkeit, Japanisch nur mit zwei oder drei Wochenstunden anzubieten. In diesem Fall sollen in allen Bereichen besonders bei den produktiven Kompetenzen Sprechen und Schreiben Abstriche gemacht werden. Das Erlernen der japanischen Schrift ist nach wie vor notwendig und zeitaufwändig, jedoch muss die Zahl der vermittelten sinojapanischen Schriftzeichen und die Verwendung von authentischem Textmaterial reduziert werden. Einschränkungen sind auch bei Grammatik, Wortschatz und Text- und Medienkompetenz nötig. Bei den soziokulturellen Themen ergeben sich Einschränkungen hinsichtlich Themenzahl und Vertiefung.