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1. Leit­ge­dan­ken zum Kom­pe­ten­z­er­werb

1.1 Bil­dungs­wert des Fa­ches

Die Dar­stel­len­de Geo­me­trie ist ein Teil­be­reich der Ma­the­ma­tik und be­schäf­tigt sich mit der Ab­bil­dung drei­di­men­sio­na­ler Ge­gen­stän­de auf ei­ne Ebe­ne (das Zei­chen­pa­pier) und mit der Lö­sung sich dar­aus er­ge­ben­der Fra­ge­stel­lun­gen. Da­bei wer­den die­se Fra­ge­stel­lun­gen im Ge­gen­satz zur im Ma­the­ma­tik­un­ter­richt prak­ti­zier­ten ana­ly­ti­schen Geo­me­trie nicht auf rech­ne­ri­sche Wei­se be­ar­bei­tet, son­dern viel­mehr rein kon­struk­tiv un­ter Ein­satz von Zir­kel und Li­ne­al.

Kom­pe­tenz­ent­wick­lung
Geo­me­tri­sche Kon­struk­tio­nen auch im Zeit­al­ter zu­neh­men­der Di­gi­ta­li­sie­rung ei­gen­hän­dig, sau­ber und ex­akt aus­füh­ren zu kön­nen, bleibt für die Ent­wick­lung der Raum­vor­stel­lung von nicht zu un­ter­schät­zen­der zen­tra­ler Be­deu­tung. Dar­über hin­aus sol­len die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in die La­ge ver­setzt wer­den, ih­re räum­li­che Vor­stel­lung durch ge­eig­ne­te Frei­hand­skiz­zen zu vi­sua­li­sie­ren und ers­te Er­fah­run­gen im Um­gang mit ge­eig­ne­ter Soft­ware (CA­D-Pro­gram­me, Dy­na­mi­sche Geo­me­trie­soft­ware) zu sam­meln.
Die zen­tra­len An­lie­gen der Dar­stel­len­den Geo­me­trie sind die Schu­lung des Raum­an­schau­ungs­ver­mö­gens und die Be­fä­hi­gung zu räum­li­chem Den­ken. Die­se Kom­pe­ten­zen sind nicht nur in na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Be­ru­fen un­ver­zicht­bar und wer­den da­her bei Ein­stel­lungs‑/Eig­nungs­tests und in As­sess­ment­cen­tern ge­prüft (zum Bei­spiel „Schlauch­fi­gu­ren“ im „Me­di­zi­ner­test“). Bei der Dar­stel­lung räum­li­cher Ob­jek­te in der Ebe­ne er­ken­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler, dass die bei­den An­for­de­run­gen der „An­schau­lich­keit“ und der „Maß­ge­rech­tig­keit“ (das heißt die Mög­lich­keit, et­wa Stre­cken­län­gen und Win­kel­ma­ße der Ab­bil­dung ein­fach ent­neh­men zu kön­nen) nicht glei­cher­ma­ßen gut er­füllt wer­den kön­nen und hier ei­ne sinn­vol­le, dem Zweck der Ab­bil­dung ent­spre­chen­de Ab­wä­gung hin­sicht­lich der Wahl der Pro­jek­ti­ons­art ge­trof­fen wer­den muss (Kunst – Ar­chi­tek­tur – In­ge­nieur­we­sen). Ex­kur­se in Be­rei­che der Kunst (bei­spiels­wei­se Escher-Fi­gu­ren, selbst­stän­di­ges Ent­wer­fen „un­mög­li­cher“ Kör­per) sind hier denk­bar. Sie eig­nen sich be­son­ders zur ei­ge­nen Re­cher­che und für Schü­ler­ar­bei­ten.

Ent­wick­lung der Per­sön­lich­keit
Die Be­schäf­ti­gung mit Pro­blem­stel­lun­gen der Dar­stel­len­den Geo­me­trie er­for­dert und för­dert vor al­lem Sorg­falt, Ex­akt­heit und Aus­dau­er. Bei der Dar­stel­lung von räum­li­chen Ob­jek­ten auf dem Zei­chen­pa­pier er­for­dert die ei­gen­stän­di­ge Wahl ei­nes ge­eig­ne­ten Ko­or­di­na­ten­sys­tems und „pas­sen­der“ Ver­zer­run­gen zu­dem ei­ne Re­fle­xi­on über das äs­the­ti­sche Emp­fin­den. Die er­folg­rei­che sau­be­re Dar­stel­lung kom­ple­xer Kör­per und die Fä­hig­keit, aus ge­ge­be­nen Dar­stel­lun­gen Ab­mes­sun­gen für die Rea­li­tät ge­win­nen zu kön­nen, ver­mit­teln Er­folgs­er­leb­nis­se und tra­gen zu ei­nem po­si­ti­ven Selbst­kon­zept bei.

Bei­trag des Fa­ches zu den Leit­per­spek­ti­ven

Als Teil­ge­biet der Ma­the­ma­tik er­gänzt die Dar­stel­len­de Geo­me­trie de­ren Bei­trä­ge zu den Leit­per­spek­ti­ven:

  • Bil­dung für nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung (BNE)
    Der Un­ter­richt im Wahl­fach Dar­stel­len­de Geo­me­trie trägt da­zu bei, dass Ju­gend­li­che be­fä­higt wer­den, in viel­fäl­ti­gen Kon­tex­ten und Le­bens­be­rei­chen ver­ant­wor­tungs­voll und nach­hal­tig zu den­ken und zu agie­ren.
    Durch ent­spre­chen­de The­men­aus­wahl bie­tet der Un­ter­richt An­lass, über ge­sell­schaft­li­che, wirt­schaft­li­che und wis­sen­schaft­li­che Zu­sam­men­hän­ge und Ent­wick­lun­gen nach­zu­den­ken. Die Dar­stel­len­de Geo­me­trie stellt Werk­zeu­ge zur Ver­fü­gung, um bei Fra­gen nach­hal­ti­ger Ent­wick­lung fun­dier­te Aus­sa­gen zu tref­fen und zu sach­lich be­grün­de­ten Be­wer­tun­gen zu kom­men.
  • Bil­dung für To­le­ranz und Ak­zep­tanz von Viel­falt (BTV)
    Wie im Ma­the­ma­tik­un­ter­richt kann auch im Wahl­fach Dar­stel­len­de Geo­me­trie der Be­zug zur rea­len Welt her­aus­ge­ar­bei­tet wer­den. Mit ge­eig­ne­ten, an­wen­dungs­ori­en­tier­ten Auf­ga­ben und durch die Art der Be­hand­lung kön­nen As­pek­te der Bil­dung für To­le­ranz und Ak­zep­tanz von Viel­falt auf­ge­grif­fen wer­den.
  • Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heits­för­de­rung (PG)
    Durch ma­the­ma­ti­sche Ar­beits­wei­sen und Me­tho­den wird im Wahl­fach Dar­stel­len­de Geo­me­trie ein Bei­trag zur Ent­wick­lung der Per­sön­lich­keit im Sin­ne der Leit­per­spek­ti­ve Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heits­för­de­rung ge­leis­tet. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler er­wer­ben durch ei­ge­ne Er­fah­run­gen Le­bens­kom­pe­ten­zen vor al­lem in den Lern- und Hand­lungs­fel­dern „Selbst­re­gu­la­ti­on: Ge­dan­ken, Emo­tio­nen und Hand­lun­gen selbst re­gu­lie­ren“ und „res­sour­cen­ori­en­tiert den­ken und Pro­ble­me lö­sen“. Ins­be­son­de­re kön­nen sie sich im Un­ter­richt in ih­rem Han­deln als selbst­wirk­sam er­le­ben.
  • Be­ruf­li­che Ori­en­tie­rung (BO)
    Mit der Stei­ge­rung ih­rer Kom­pe­ten­zen in der räum­li­chen Vor­stel­lung und Dar­stel­lung räum­li­cher Ob­jek­te er­ken­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ih­re In­ter­es­sen und Po­ten­zia­le. Sie er­fah­ren, dass ein gu­tes räum­li­ches Vor­stel­lungs­ver­mö­gen nicht nur ei­ne we­sent­li­che Ba­sis für na­tur­wis­sen­schaft­li­che und tech­ni­sche Be­ru­fe dar­stellt, son­dern auch et­wa für Kunst und Me­di­zin un­ver­zicht­bar ist. Da­durch wer­den die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in ih­rem Ent­schei­dungs­pro­zess bei der per­sön­li­chen Ori­en­tie­rung im zu­künf­ti­gen Be­rufs­le­ben un­ter­stützt.
  • Me­di­en­bil­dung (MB)
    Dy­na­mi­sche Geo­me­trie­soft­ware un­ter­stützt den Lern­pro­zess, in­dem mit ih­rer Hil­fe an­schau­lich das Ver­ständ­nis für geo­me­tri­sche Pro­blem­stel­lun­gen ent­wi­ckelt wird und die­se Pro­ble­me durch sie ge­löst wer­den kön­nen.
    Durch den Ein­satz ei­nes CA­D-Pro­gramms wird das räum­li­che Vor­stel­lungs­ver­mö­gen ge­schult, da es oh­ne gro­ßen Zeit­auf­wand er­mög­licht, Kör­per in un­ter­schied­li­chen La­gen zu be­trach­ten und auch Plä­ne für je­den be­lie­bi­gen Blick­win­kel zu er­zeu­gen.
  • Ver­brau­cher­bil­dung (VB)
    Die Dar­stel­len­de Geo­me­trie un­ter­stützt, als Teil­ge­biet der Ma­the­ma­tik, mit ih­ren ge­dank­li­chen Werk­zeu­gen ein selbst­be­stimm­tes und ver­ant­wor­tungs­be­wuss­tes Ver­brau­cher­ver­hal­ten, in­dem sie er­mög­licht, fun­dier­te Aus­sa­gen zu tref­fen und zu sach­lich be­grün­de­ten Be­wer­tun­gen zu kom­men.

1.2 Kom­pe­ten­zen

Ein kom­pe­tenz­ori­en­tier­ter Un­ter­richt zielt auf ei­nen Zu­wachs von in­halts­be­zo­ge­nen und pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen ab. Wäh­rend die in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen das Fach­wis­sen in Um­fang und Tie­fe fest­le­gen, stel­len die pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen vor al­lem die Fach­me­tho­den dar. Wenn sich bei ei­ner in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­tenz ein Ver­weis auf pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen fin­det, so be­deu­tet dies, dass die­se pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­tenz an die­ser Stel­le be­son­ders gut auf­ge­grif­fen wer­den kann.

1.3 Di­dak­ti­sche Hin­wei­se

Die Dar­stel­len­de Geo­me­trie leis­tet ei­nen wert­vol­len er­gän­zen­den Bei­trag zum spi­ral­cur­ri­cu­la­ren Auf­bau des Fa­ches Ma­the­ma­tik, in­dem geo­me­tri­sche Kennt­nis­se und Raum­vor­stel­lun­gen aus Un­ter‑, Mit­tel- und Ober­stu­fe auf­ge­grif­fen, ver­tieft und er­wei­tert wer­den. Bei­spiels­wei­se ist das An­fer­ti­gen von Schräg­bil­dern so­wie von Grund- und Auf­ris­sen von Qua­dern und Wür­feln be­reits Ge­gen­stand des Ma­the­ma­ti­k-Bil­dungs­plans der Klas­sen­stu­fen 5 und 6 (Leit­idee Raum und Form, 3.1.3); in den Klas­sen­stu­fen 9 und 10 (Gym­na­si­um) bzw. 7/8/9 (Se­kun­dar­stu­fe I) kom­men Schräg­bil­der von Pris­men, Py­ra­mi­den, Zy­lin­dern und Ke­geln hin­zu. Die hier be­reits pro­pä­deu­tisch er­wor­be­nen Kennt­nis­se und Kom­pe­ten­zen wer­den nach dem Wie­der­auf­griff nicht nur auf kom­pli­zier­te­re zu­sam­men­ge­setz­te Kör­per er­wei­tert, durch die Deu­tung der Ab­bil­dungs­ver­fah­ren als Pro­jek­tio­nen fin­det auch ei­ne fach­wis­sen­schaft­li­che Sys­te­ma­ti­sie­rung statt. Wäh­rend die Schräg­bild­dar­stel­lun­gen im Ma­the­ma­tik­un­ter­richt in der Re­gel auf we­ni­ge, stan­dar­di­sier­te Ko­or­di­na­ten­sys­te­me be­schränkt sind, wer­den hier vie­le, auch un­ge­wöhn­li­che Dar­stel­lungs­ar­ten (zum Bei­spiel Un­ter­sicht) in den Mit­tel­punkt ge­rückt.
In Pha­sen ent­de­cken­den Ler­nens er­fah­ren man­che Prä­kon­zep­te ei­ne Re­vi­si­on: Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler er­ken­nen bei­spiels­wei­se, dass die üb­li­cher­wei­se ge­bräuch­li­chen Schräg­bild­dar­stel­lun­gen der Mit­tel­stu­fe, et­wa von Qua­der und Py­ra­mi­de, zu ei­ner an­de­ren Pro­jek­ti­ons­rich­tung als die­je­ni­ge von Zy­lin­der und Ke­gel ge­hö­ren. Wei­te­re Bei­spie­le ins­be­son­de­re aus dem The­men­kom­plex „Schräg­bil­der von Krei­sen“ bie­ten sich an. Im The­men­kom­plex „Mehr­ta­fel­pro­jek­ti­on“ er­folgt ei­ne Ver­net­zung zur Ana­ly­ti­schen Geo­me­trie der Kurs­stu­fe, in­dem me­tri­sche Fra­ge­stel­lun­gen (Schnitt, Ab­stand, Win­kel) rein kon­struk­tiv ge­löst wer­den. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler er­ken­nen hier ein­mal mehr, dass ganz ver­schie­de­ne Lö­sungs­an­sät­ze zum Ziel füh­ren.

Bei der Ar­beit im Un­ter­richt emp­fiehlt es sich, auch wei­ter­hin mit Mo­del­len zu ar­bei­ten, um die Raum­vor­stel­lung zu trai­nie­ren. Die Aus­füh­rung der geo­me­tri­schen Kon­struk­tio­nen mit Zir­kel und Li­ne­al soll ho­hen An­sprü­chen so­wohl in der Zei­chen­ge­nau­ig­keit als auch in der gra­fi­schen Dar­stel­lung ge­nü­gen, hier kommt der Vor­bild­wir­kung der Lehr­kraft ho­he Be­deu­tung zu.

Auch wenn die Er­stel­lung der Kon­struk­tio­nen im Zen­trum steht und bei­spiels­wei­se Stre­cken­län­gen eben nicht durch al­ge­brai­sche Ver­fah­ren be­rech­net wer­den sol­len, ist die Dar­stel­len­de Geo­me­trie den­noch ei­ne ex­ak­te Fach­wis­sen­schaft. Die Lehr­kraft for­dert und för­dert, wo im­mer dies mög­lich ist, in­halt­lich und fach­sprach­lich ex­ak­te ma­the­ma­ti­sche Be­grün­dun­gen der durch­ge­führ­ten Ver­fah­ren (so­wohl ver­bal als auch durch die schrift­li­che Ab­fas­sung von Kon­struk­ti­ons­be­schrei­bun­gen) und er­mög­licht den Kurs­teil­neh­me­rin­nen und ‑teil­neh­mern durch ge­eig­net ge­wähl­te und mo­ti­vie­ren­de Auf­ga­ben und Bei­spie­le, Quer­ver­bin­dun­gen zu ma­the­ma­ti­schen The­men selbst zu er­ken­nen.

Ei­ne all­zu ein­sei­ti­ge Ver­net­zung al­lein mit der Ma­the­ma­tik wür­de der Dar­stel­len­den Geo­me­trie in­des nicht ge­recht. In­ter­es­se und Mo­ti­va­ti­on sind eng mit den be­han­del­ten Bei­spie­len und Auf­ga­ben ver­knüpft. Es emp­fiehlt sich da­her, die Schü­le­rin­nen und Schü­ler die Reich­hal­tig­keit der Ein­satz­mög­lich­kei­ten durch ein breit ge­fä­cher­tes An­ge­bot aus vie­len un­ter­schied­li­chen all­tags­be­zo­ge­nen Be­rei­chen (zum Bei­spiel Kunst, Ar­chi­tek­tur) ent­de­cken zu las­sen und ih­nen im Sin­ne der Bin­nen­dif­fe­ren­zie­rung im­mer wie­der auch Raum für die Um­set­zung ei­ge­ner Ide­en und Pro­jek­te zu ge­ben. Der Ein­satz ge­eig­ne­ter Soft­ware bie­tet hier­bei vie­le Mög­lich­kei­ten. Hier­bei kann auf kos­ten­freie Pro­gram­me zu­rück­ge­grif­fen wer­den, wel­che ei­nen ho­hen Funk­ti­ons­um­fang an­bie­ten und in der Wirt­schaft ein­ge­setzt wer­den. Vi­deo-Tu­to­ri­als und Lern­pfa­de der ent­spre­chen­den Soft­ware bie­ten nicht nur ei­ne sehr gu­te Ge­le­gen­heit zu selbst­or­ga­ni­sier­tem Ler­nen, son­dern er­öff­nen in­ter­es­sier­ten Schü­le­rin­nen und Schü­lern Ver­tie­fungs­mög­lich­kei­ten.



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