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CE03 Erste Pflegeerfahrungen reflektieren – verständigungsorientiert kommunizieren
1. Ausbildungsdrittel Zeitrichtwert: 80 Stunden
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Anlage 1 PflAPrV
Nach dem Orientierungseinsatz in einem pflegerischen Handlungsfeld steht für die Auszubildenden die Reflexion erlebter Anforderungen in der Pflegepraxis im Mittelpunkt. Ziel der curricularen Einheit ist es, diese mit dem Berufswunsch abzugleichen und für die persönliche Gesunderhaltung zu sensibilisieren. Differenzen zwischen Idealvorstellungen und der erlebten Erfahrung können aufgedeckt und reflektiert werden.
Fokussierung erfahrener pflegerischer Interaktionen, Mobilität, Körperpflege- sowie Ernährungs- und Ausscheidungssituationen – im Hinblick auf das Erleben der Auszubildenden und die subjektive Sicht der zu pflegenden Menschen:
- Wahrnehmung und Verbalisierung der eigenen Emotionen in der Interaktion mit zu pflegenden Menschen und Teammitgliedern.
- reflektierende Auseinandersetzung mit Ekel/Selbstekel, Ungeduld, Abwehr und Scham und daraus abgeleitete/entwickelte Lösungsstrategien
- Aufbau einer akzeptierenden und achtsamen Haltung zum zu pflegenden Menschen und seinen Bezugspersonen
- Einführung in das Konzept der kollegialen Beratung.
- Die Auszubildenden sind für die Selbstsorge und die Fürsorge für andere Menschen aufgrund erlebter Erfahrungen sensibilisiert, loten Handlungsspielräume aus und begründen Entscheidungen.
- Sie reflektieren innere Widersprüche, z. B. zwischen dem Anspruch, helfen zu wollen und dem Erleben von Ekel, Scham, Ungeduld, Abwehr, Grenzüberschreitung und Hilflosigkeit.
- Die Auszubildenden erkennen mit Blick auf die gewonnenen Erfahrungen das Spannungsfeld zwischen idealen Ansprüchen an Pflege und die Wirklichkeit ihrer Handlungsmöglichkeiten einschließlich persönlicher und institutioneller Begrenzungen und reflektieren diese.
- Sie nehmen in der Kommunikation mit zu pflegenden Menschen und ihren Bezugspersonen die unterschiedlichen Interessen wahr und wirken an Aushandlungsprozessen mit, in denen sie sich positionieren und sich in der argumentativen Rede einüben können.
Die Auszubildenden
- reflektieren den Einfluss der unterschiedlichen ambulanten und stationären Versorgungskontexte auf die Pflegeprozessgestaltung (I.1.h).
- erkennen eigene Emotionen sowie Deutungs- und Handlungsmuster in der Interaktion (II.1.a).
- bauen kurz- und langfristige Beziehungen mit Menschen unterschiedlicher Altersphasen und ihren Bezugspersonen auf und beachten dabei die Grundprinzipien von Empathie, Wertschätzung, Achtsamkeit und Kongruenz (II.1.b).
- nutzen in ihrer Kommunikation neben verbalen auch nonverbale, paralinguistische und leibliche Interaktionsformen und berücksichtigen die Relation von Nähe und Distanz in ihrer Beziehungsgestaltung (II.1.c).
- wenden Grundsätze der verständigungs- und beteiligungsorientierten Gesprächsführung an (II.1.d).
- erkennen grundlegende, insbesondere gesundheits‑, alters- oder kulturbedingte Kommunikationsbarrieren und setzen unterstützende Maßnahmen ein, um diese zu überbrücken (II.1.e).
- erkennen Asymmetrie und institutionelle Einschränkungen in der pflegerischen Kommunikation (II.1.g).
- fordern kollegiale Beratung ein und nehmen sie an (III.1.b).
- nehmen drohende Über- oder Unterforderungen frühzeitig wahr, erkennen die notwendigen Veränderungen am Arbeitsplatz und/oder des eigenen Kompetenzprofils und leiten daraus entsprechende Handlungsinitiativen ab (V.2.b).
- gehen selbstfürsorglich mit sich um und tragen zur eigenen Gesunderhaltung bei, nehmen Unterstützungsangebote wahr oder fordern diese am jeweiligen Lernort ein (V.2.c).
- reflektieren ihre persönliche Entwicklung als professionell Pflegende (V.2.d).
Handlungsanlässe
- erste Pflegeerfahrungen im Orientierungseinsatz, erlebte Anforderungen Irritationen, Widersprüche und die Komplexität pflegerischen Handelns
- erlebte Begegnungen mit Ekel/Selbstekel, Scham, divergierende Interessen in der pflegerischen Kommunikation empfundene Sprachlosigkeit etc.
- Kommunikations‑/Informationsbedürfnisse zu pflegender Menschen und ihrer Bezugspersonen
- RL/REK: religiös-ethische Aspekte im Beziehungsaufbau; religiöse Aspekte am Ausbildungsort
Kontextbedingungen
- Bedingungen bzw. Spannungsfelder im pflegerischen Handeln
- Asymmetrie pflegerischen Handelns, u. a. Abhängigkeit – Unabhängigkeit (Macht)
Ausgewählte Akteure
- Auszubildende mit wenig Pflegeerfahrung
- Lerngruppe
- zu pflegende Menschen aller Altersstufen
- Team
Erleben/Deuten/Verarbeiten
Reflexion und Deutung erlebter Phänomene
Zu pflegende Menschen
- Eindringen in die Intimsphäre, Leiderfahrung, Abhängigkeitsgefühl, Scham, Selbstekel, Verbergen-Wollen, Ängste
- Gefühl des Nichtakzeptierens/Fremdbestimmung
Auszubildende
- Selbstvergewisserung zur Berufswahl
- Irritationen, Ungewissheit, Aushalten-Müssen
- erlebte Ressourcen und Bewältigungsstrategien
- Ekel, Scham, Geduld, Zerrissenheit zwischen Anforderungen und Realität, Hilflosigkeit, Zufriedenheit in der Begegnung mit Menschen/Wirksamkeit des eigenen Handelns
- Eindringen in die Intimsphäre fremder Menschen/Verletzen der Intimsphäre, Grenzüberschreitungen
- Bedürfnis, Spannungen in der Interaktion aufzulösen
Handlungsmuster
- erste Pflegeerfahrungen reflektieren, inkl. erlebter Begegnungen mit Ekel/Selbstekel, Scham etc. (vgl. erlebte Phänomene) Emotionen regulieren, u. a. Idealvorstellung versus erlebte Erfahrung, Vergleich Berufswunsch und Erfahrung, Einführung in das Vorgehen der Reflexion
- mit belastenden/fordernden Erfahrungen umgehen, kollegiale Beratung in Anspruch nehmen, u. a. Umgang mit eigenen Emotionen, Umgang mit Emotionen der zu Pflegenden und deren Bezugspersonen, persönliche Gesunderhaltung, Konzept der kollegialen Beratung
- Grundsätze der verständigungs- und beteiligungsorientierten Gesprächsführung und unterschiedliche Kommunikationskanäle nutzen, Kommunikationsbarrieren abbauen, u. a. Kommunikationsmodelle und ‑kanäle, Grundsätze der Gesprächsführung mit Menschen aller Altersgruppen [D]
- Aushandlungsprozesse zwischen Pflegeanforderungen und individuellen Bedürfnissen von Betroffenen gestalten (nicht nur sprachlich, sondern auch nonverbal und taktil)
- Einführung in die Emotionspsychologie
- Geltungsansprüche in Aushandlungsprozessen; (pflege)-berufswissenschaftliche Studien zu Phänomenen von Macht und Machtmissbrauch in pflegerischen Interaktionen
Zum Beispiel:
- szenisches Spiel zum Umgang mit Ekel und Scham
- Erproben von Möglichkeiten eines professionellen Umgangs mit Emotionen
- videografiertes Rollenspiel zu divergierenden Interessen in der Interaktion mit zu pflegenden Menschen
Zum Beispiel:
- Bericht über eine Interaktion mit einem zu pflegenden Menschen, in der unterschiedliche Interessen ausgehandelt werden (Was war der Anlass? Welche Argumente wurden ausgetauscht? Welche Vereinbarungen wurden getroffen? Wie erlebten die Beteiligten die Aushandlung?)
- Beobachtungsauftrag und Reflexion von Kommunikationsbarrieren in unterschiedlichen pflegerischen Interaktionen und Handlungsfeldern.
Folgende Lernsituationen können exemplarisch bearbeitet werden:
- Lernsituationen, die die aktuellen Erfahrungen der Auszubildenden aufgreifen – dies sollte als Praxisreflexion angelegt werden (hier sind die Phänomene Zerrissenheit zwischen Anforderungen und Realität, Hilflosigkeit, Zufriedenheit in der Begegnung mit Menschen integriert),
- Lernsituation, in der Auszubildende zum ersten Mal mit Menschen mit Inkontinenz konfrontiert sind und das Erleben von Scham, Ekel, Hilflosigkeit, Abhängigkeit im Vordergrund steht, in diesen Situationen relevante ethische Aspekte können hier (in Weiterführung zu CE 02) thematisiert werden,
- Lernsituation, in der Auszubildende Überforderungsmomente im pflegerischen Handeln erlebten (in allen Handlungsfeldern und bei allen Altersstufen möglich),
- Lernsituation, in der divergierende Interessen in der Kommunikation mit zu pflegenden Menschen ausgehandelt werden (in allen Handlungsfeldern und bei allen Altersstufen möglich),
- gelungene Kommunikationssituationen, in denen die Wirksamkeit und ästhetische Aspekte von Pflegesituationen sichtbar werden.
- Wahrnehmung und Verbalisierung der eigenen Emotionen in der Interaktion mit zu pflegenden Menschen und Teammitgliedern.