Fachliche Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Die Programmiertechnik liefert einen entscheidenden Beitrag für die Welt von morgen, denn die Schülerinnen und Schüler gestalten mit einer eindeutigen und kreativen Denk- und Arbeitsweise Anwendungen, die einer zukunftssicheren und modernen Gesellschaft zuträglich sind. Darüber hinaus ist die Programmiertechnik für die ökologische und ökonomische Entwicklung unserer Gesellschaft, vor dem Hintergrund der Automatisierung und künstlicher Intelligenz, für viele Berufe im Wandel von besonderer Bedeutung.
Die Programmiertechnik zeichnet aus, dass komplexe Abläufe und Aufgaben systematisch in klar strukturierte und logische Algorithmen übersetzt werden können. Hierfür nutzt die Programmiertechnik zumeist eine grafische Strukturierung zur Reduktion und Isolation des Problems, ehe die Schülerinnen und Schüler daraus ein Programm entwerfen. Die Anwendung der im Programmierunterricht vermittelten Inhalte spiegelt sich in nahezu jedem Lebens- und Technik-Bereich einer Schülerin und eines Schülers wider. Dabei transferieren sie u. a. Alltagsfragen und nutzen die erworbenen Denk- und Arbeitsweisen, um Algorithmen abzubilden.
Die Schülerinnen und Schüler wachsen in einer Welt heran, welche von Informationen und deren Aufbereitung sowie Verarbeitung zunehmend beeinflusst wird. Der Programmierunterricht im Berufskolleg stellt sich diesem Wandel und sensibilisiert die Schülerinnen und Schüler im Umgang mit digitalen Medien und Produkten hinsichtlich des Datenschutzes und Urheberrechtes. Die erlernten Programmierkenntnisse ermöglichen den Schülerinnen und Schülern, sich der ethischen Problematiken hinsichtlich algorithmischer Entscheidungen bewusst zu werden.
Die Informatik hat einen immer größer werdenden Einfluss auf den lebenslangen individuellen Kompetenzaufbau und stellt einen zunehmend wichtigen Bereich der Allgemeinbildung dar. Schülerinnen und Schüler begegnen in ihrer Lebenswelt vielen Anwendungen der Informatik, deren Einfluss auf die aktuellen gesellschaftspolitischen Herausforderungen kritisch hinterfragt werden sollte. Ein wichtiges Ziel des zeitgemäßen Programmierunterrichts ist es, jeden Einzelnen zu befähigen, seiner Verantwortung in der informationstechnisch geprägten Lebenswelt bewusst nachzukommen.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Kompetenzorientierter Unterricht bietet die Möglichkeit, Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten selbstständig und nachhaltig aufzubauen, zu reflektieren und in verschiedenen Situationen verantwortungsvoll einzusetzen. Die Schülerinnen und Schüler erwerben und vertiefen im Fach „Programmiertechnik“ eine umfassende Handlungskompetenz mit den Dimensionen der Sachkompetenz, Erkenntnisgewinnkompetenz, Kommunikationskompetenz und Bewertungskompetenz. Diese vier Kompetenzbereiche sind ineinander verflochten und bilden gemeinsam die Fachkompetenz. Darüber hinaus wird das Spektrum der sachlichen, methodischen, sozialen und personalen Kompetenz weiterentwickelt.
Die Sachkompetenz der Schülerinnen und Schüler zeigt sich in der Kenntnis programmiertechnischer Konzepte, Theorien und Verfahren sowie der Fähigkeit, diese unter Zuhilfenahme geeigneter Methoden zu beschreiben und zu erläutern. Sie begründen ihre Wahl in einem Abwägungsprozess und stellen den Nutzen bestimmter Sachverhalte aus fach- und alltagsbezogenen Anwendungsbereichen differenziert dar.
Die Erkenntnisgewinnkompetenz der Schülerinnen und Schüler zeigt sich in der Kenntnis von algorithmischen Denk- und Arbeitsweisen, welche logischen und strukturierten Abläufen folgen. Dabei werden diese beschrieben, erklärt und verknüpft, um Erkenntnisprozesse nachvollziehen oder gestalten zu können und deren Möglichkeiten und Grenzen zu reflektieren. Die Bewertungskompetenz der Schülerinnen und Schüler zeigt sich in der Kenntnis von fachlichen und überfachlichen Perspektiven und Bewertungsverfahren. Ferner zeigt sie sich in der Fähigkeit, diese überfachlichen Perspektiven und Bewertungsverfahren zu nutzen, um Algorithmen anhand verschiedener Kriterien zu beurteilen, sich dazu begründet Meinungen zu bilden, Entscheidungen auch auf ethischer Grundlage zu treffen und Entscheidungsprozesse und deren Folgen zu reflektieren.
Die Kommunikationskompetenz der Schülerinnen und Schüler zeigt sich in der Kenntnis von Fachsprache, Argumentationsstrukturen und fachtypischen Darstellungen sowie in der Fähigkeit diese zu verstehen und zu nutzen. Damit können die Schülerinnen und Schüler fachbezogene Informationen erschließen, adressaten- und situationsgerecht darstellen und austauschen. Zusätzlich fördert der Umgang mit den meist englischsprachigen Referenzen in der Programmiertechnik die Sprachkompetenz. Gemeinsam erarbeiten die Schülerinnen und Schüler ihre Ergebnisse. Hierdurch wird die soziale und persönliche Kompetenz weiterentwickelt. Gemeinsam kommunizieren sie fachsprachlich und setzen grafische Darstellungen und Fachtermini ein, um methodisch die Problemlösekompetenz zu fördern. Dadurch wird die Entwicklung algorithmischer Denkstrukturen gestärkt. Es werden Ergebnisse bei sensiblem Umgang mit digitalen Medien und Produkten präsentiert. Daneben werden Haftung, Urheberrecht und eine ökologische Technologiefolgenabschätzung berücksichtigt.
Für nachhaltig gewinnbringendes Lernen ist es von großer Bedeutung, dass alle Kompetenzbereiche im Unterricht bewusst und austariert gefördert werden. Die Schülerinnen und Schüler werden im Fach Programmiertechnik kontinuierlich mit einer klar definierten und systematischen Denk- und Arbeitsweise konfrontiert, welche sukzessiv unterstützend gefördert werden sollte.
3. Ergänzende fachliche Hinweise
Realistische und zukunftsorientierte Betrachtung der Programmiertechnik ist die Grundvoraussetzung für den nachhaltigen Erwerb programmiertechnischer Fachkompetenzen. Beim Entwurf verschiedener Inhalte sind die grundlegenden Basiskonzepte der Programmiertechnik zu berücksichtigen. Den Schülerinnen und Schülern erleichtert es den Zugang zur systematischen Wissensaneignung, die sich nicht vorrangig an den Inhalten, sondern an den Konzepten der Programmiertechnik orientiert.
Der Programmierunterricht leistet durch die Gestaltung verschiedener Lehr- und Lernarrangements seinen Beitrag dazu,
- bei den Schülerinnen und Schülern Interesse an der Informatik zu wecken,
- die Schülerinnen und Schüler zu motivieren Algorithmen aus programmiertechnischer Perspektive im Alltag zu entdecken und zunehmend abstrakt und komplex, aber klar strukturiert zu betrachten,
- in systematischer Weise durch die Erstellung von Modellen den Charakter der Programmiertechnik zu verdeutlichen,
- programmiertechnische Sachverhalte darzustellen, zu diskutieren und zu argumentieren sowie dabei eine korrekte Fachsprache einzufordern,
- die ethischen Folgen von Algorithmen zu erkennen und in übergreifenden Kontexten zu betrachten und zu bewerten,
- bei den Schülerinnen und Schülern die Fähigkeit zu entwickeln, Inhalte verschiedener Quellen auszuwählen und hinsichtlich Gültigkeit, Urheberrecht, Haftung und Datenschutz zu beurteilen,
- durch die Nutzung digitaler Medien Kompetenzen für das Lernen und Leben in einer digitalen Welt zu entwickeln,
- zu erkennen und zu reflektieren, wie die Informatik unser Leben und die Gesellschaft in materieller, intellektueller und kultureller Hinsicht ständig verändert,
- die Schülerinnen und Schüler zu einem sicheren, zeitgemäßen und nachhaltigen Umgang mit der Umwelt zu erziehen.
Für eine erfolgreiche Umsetzung der Programmiertechnik ist eine äußerst enge Verzahnung dieses Fachs mit dem zugehörigen Praktikumsfach unabdingbar. Dies erfordert u. a. sehr detaillierte Absprachen zwischen den unterrichtenden Lehrkräften.
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie in jeweils einer Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden; eine Operatorenliste ist jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächer- und bildungsgangspezifischen Besonderheiten sowie nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die im Rahmen der Besonderen Lernleistungen erbrachten Leistungen, Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.