Fachbezogene Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Das Unterrichtsfach Wirtschaftsinformatik soll die Schülerinnen und Schüler des Wirtschaftsgymnasiums auf die Anforderungen in Beruf und Studium vorbereiten. Die zunehmende Digitalisierung in der Berufswelt erfordert Kompetenzen der Arbeitskräfte, die Möglichkeiten informatorischer Systeme für kaufmännische Problemlösungen zu nutzen.
Aus diesem Grund sollen neben konkreten Umsetzungen im Modell und im Quellcode vor allem nachhaltige Kompetenzen vermittelt werden, die auch für zukünftige Entwicklungen eine fundierte Basis bilden. Das Fach Wirtschaftsinformatik baut auf den Kompetenzen auf, die im Fach Informatik von den Schülerinnen und Schülern erworben werden und vertieft diese im Hinblick auf deren Relevanz für die kaufmännische Berufswelt.
Der Bildungsplan bietet vielfältige Optionen der Verknüpfung von betriebswirtschaftlichen Aspekten mit den Inhalten der Wirtschaftsinformatik. Diese sollen genutzt werden, um einen fächerübergreifenden Wissenserwerb zu ermöglichen und ganzheitliches Denken zu fördern. Viele Inhalte des Bildungsplans sind in Projekten umsetzbar und bieten zudem zahlreiche Chancen, Konzepte der individuellen Förderung umzusetzen. Durch den Einsatz des Computers im Unterricht wird in besonderem Maße ein anwendungsorientierter Kompetenzerwerb ermöglicht.
Um den Schulen die Möglichkeit zu geben, selbst gewählte Schwerpunkte zur Vertiefung von Inhalten aus der Wirtschaftsinformatik anzubieten, sieht der Bildungsplan in der Jahrgangsstufe 2 eine auf den Inhalten der Eingangsklasse und der Jahrgangsstufe 1 aufbauende modulare Struktur vor.
In der Jahrgangsstufe 2 ist eines von vier Modulen zu wählen:
- Entwicklung von dynamischen Webseiten,
- Entwicklung von mobilen Applikationen,
- Netzwerke,
- Automatisierte Umsetzung von Geschäftsprozessen in einer integrierten Unternehmens-software.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Die Schülerinnen und Schüler erwerben im Fach Wirtschaftsinformatik Kompetenzen auf Basis des Faches Informatik, welche sie dazu befähigen, ein Problem unter wirtschaftswissenschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten und intersubjektive Lösungsansätze zu präsentieren. Die im Fach Wirtschaftsinformatik erworbenen Kompetenzen beziehen sich zum einen natürlich auf die Inhalte des Faches Wirtschaftsinformatik, aber auch auf zentrale Prozesse und Arbeitsweisen dieser Disziplin. So werden ökonomische Handlungsweisen durch die ereignisgesteuerten Prozessketten in besonderer Weise hinterfragt und eine Denkhaltung bei den Schülerinnen und Schülern gefördert, die sie in die Lage versetzt, zukünftig eine Gelenkfunktion zwischen den beiden Disziplinen Wirtschaft und Informatik zu übernehmen.
Die prozessbezogenen Kompetenzen basieren auf den Fachmethoden, die zum Lösen der Problemstellung bedeutend sind, und werden über die gesamten Jahrgangstufen hinweg in einem längeren Zeitraum erworben.
Sie gliedern sich in vier Kompetenzbereiche:
- Strukturieren und Vernetzen,
- Modellieren und Implementieren,
- Kommunizieren und Kooperieren,
- Analysieren und Bewerten.
Strukturieren und Vernetzen
Die Informatik als Strukturwissenschaft beschäftigt sich mit der Strukturierung von Daten und Prozessen in unterschiedlichen Problemdomänen. Dabei werden von den Schülerinnen und Schülern Strukturen innerhalb von Daten und Algorithmen erkannt und in Teilaspekte zerlegt, um diese zu lösen und im Gesamtprozess zu einer Gesamtlösung zusammenzuführen. Auch die aktuell unter dem Begriff Big Data subsumierten informatorischen Zusammenhänge lassen sich nur dann zielgerichtet verarbeiten, wenn die Schülerinnen und Schüler die zugrundeliegenden Daten zu einer geeigneten Struktur aufbereiten, auf deren Basis dann die gewünschten Auswertungen durchgeführt werden können.
Modellieren und Implementieren
Um real existierende fachliche Probleme zu lösen, werden unter Erhöhung der Abstraktion Modelle entwickelt, die eine Analyse des Problemgehalts ermöglichen. Hierbei erkennen die Schülerinnen und Schüler Regelmäßigkeiten, Wiederholungen und gegebenenfalls Gesetzmäßigkeiten und transferieren diese auf ein vom tatsächlichen Problem losgelöstes höheres Abstraktionsniveau. Die Schülerinnen und Schüler implementieren Algorithmen, testen ihre Lösungen auf Unzulänglichkeiten und überprüfen die Ergebnisse auf ihre Relevanz für das Ausgangsproblem.
Kommunizieren und Kooperieren
Unter Zuhilfenahme praxisrelevanter Dokumentations- und Visualisierungsverfahren und entsprechender Fachterminologie dokumentieren die Schülerinnen und Schüler die Ergebnisse der bearbeiteten Teilprozesse und schaffen damit die Basis für eine kooperative Lösung des Gesamtproblems. Der Beschreibung von Prozessen kommt eine hohe praktische Bedeutung zu und sie ist die Grundlage für die Abstimmung in arbeitsteilig organisierten Teams.
Analysieren und Bewerten
Die Schülerinnen und Schüler analysieren im Informatikunterricht Problemstellungen, Modelle, vorgegebene Programmcodes, das Verhalten informatorischer Systeme sowie deren Auswirkungen auf das gesellschaftliche Zusammenleben. Darüber hinaus bewerten sie die Relevanz der gefundenen Lösungen sowohl im Hinblick auf das Ausgangsproblem als auch im Hinblick auf gesellschaftliche Zusammenhänge und Normen.
In der Eingangsklasse werden zunächst Kompetenzen zur Modellierung und Analyse von Prozessabläufen erworben, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, Prozesse hinsichtlich ihrer Effizienz und ihrer Wirtschaftlichkeit zu optimieren. Tabellenkalkulationsdokumente, die aus dem Fach Informatik bekannt sind, werden um weitere Möglichkeiten zur Analyse von Daten und zur ergonomischen Benutzerführung erweitert.
Bei der Erstellung einer Internetpräsenz werden die im Fach Informatik erworbenen Kenntnisse in HTML und CSS durch zeitgemäße Formatierungstechniken und Konzepte zum strukturierten und sich selbst anpassenden Seitenaufbau erweitert. Die Inhalte zum Thema Netzwerke werden vertieft.
In der Jahrgangsstufe 1 wird die objektorientierte Softwareentwicklung auf Basis der UML-Modellierung unter Nutzung einer geeigneten Entwicklungsumgebung vermittelt. Die Schülerinnen und Schüler analysieren reale betriebswirtschaftliche Sachverhalte, erstellen geeignete Modelle und implementieren Problemlösungen. Hierbei nutzen sie unter anderem die Konzepte der Vererbung sowie der Assoziation. Unter Beachtung der Zwei-Schichten-Architektur erstellen sie Programme mit einer grafischen Benutzeroberfläche.
Im Wahlmodul „Entwicklung von dynamischen Webseiten“ konzipieren und implementieren die Schülerinnen und Schüler Internetseiten mit serverseitiger Funktionalität zur Lösung betriebswirtschaftlicher Problemstellungen.
Das Wahlmodul „Entwicklung von mobilen Applikationen“ trägt der weiten Verbreitung von mobilen Applikationen Rechnung. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln und realisieren mobile Applikationen mithilfe einer geeigneten Entwicklungsumgebung.
Im Wahlmodul „Netzwerke“ beschreiben die Schülerinnen und Schüler grundlegende Konzepte der Netzwerktechnik und erläutern die Funktionsweise von Heimnetzwerken und Small-Office-Netzwerken. Exemplarisch realisieren sie Netzwerke und konfigurieren die Grundfunktionalität ausgewählter Geräte unter Berücksichtigung von Sicherheitsaspekten.
Die „Automatisierte Umsetzung von Geschäftsprozessen in einer integrierten Unternehmenssoftware“ ist Thema eines weiteren Wahlmoduls. Die Schülerinnen und Schüler bilden standardisierte Geschäftsprozesse eines Unternehmens in einer geeigneten Software ab und setzen Prozessschritte entlang von betrieblichen Handlungssituationen um.
3. Ergänzende fachliche Hinweise
Die Inhalte dieses Bildungsplans sind unter Verwendung geeigneter Softwarewerkzeuge beziehungsweise Geräte umzusetzen.
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. Bildungsplaneinheiten.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.