Fachbezogene Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Die besondere Bedeutung des Russischen ergibt sich aus seiner internationalen Stellung als Weltsprache und aus seiner kulturprägenden Rolle für die osteuropäische Geschichte und Zivilisation.
Die Anfänge der deutsch-russischen Beziehungen auf politischer Ebene reichen weit in die Geschichte zurück. Ende des 15. Jahrhunderts beginnt Russlands Öffnung nach Europa und somit ein reger Austausch auf gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und kultureller Ebene. Ende des 17. Jahrhunderts wird die russische Sprache erstmals an einer deutschen Universität unterrichtet. Auswanderungswellen von Deutschland nach Russland im 18. und 19. Jahrhundert spielen ebenso eine wesentliche Rolle in der gegenseitigen gesellschaftlichen Beeinflussung. Vor allem im 19. Jahrhundert begeistert man sich in Russland stark für die deutsche Literatur und umgekehrt wird das Russlandbild der Deutschen nachhaltig durch die großen klassischen Werke der russischen Literaten geprägt. Mit der Deutschen Einheit lebt diese historisch bedingte Verbundenheit zwischen beiden Staaten erneut auf, und es entwickelt sich ein enger kultureller und bildungspolitischer Austausch, der 2003 in einem Regierungsabkommen zum Erlernen der jeweiligen Partnersprache gipfelt. Im Jahre 2005 unterzeichnen Deutschland und Russland eine gemeinsame Erklärung für eine strategische Partnerschaft auf den Gebieten Bildung, Forschung und Innovation. Die engen Beziehungen beider Länder manifestieren sich heute in den Bereichen Kultur, Wirtschaft, Handel und Tourismus.
Russisch ist wichtigstes Kommunikationsmittel und internationale Verkehrs- und Konferenzsprache der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und vieler Länder Osteuropas, außerdem eine der Amtssprachen der UNO und Arbeitssprache des Europarates. Als Brückensprache zu der nach Zahl der Sprecherinnen und Sprecher größten europäischen Sprachfamilie, der der slawischen Sprachen, deren Bedeutung im zusammenwachsenden Europa ständig zunimmt, leistet das Russische einen wichtigen Beitrag zur angestrebten gesamteuropäischen Mehrsprachigkeit. Es eröffnet nicht nur den Zugang zu Russland, sondern auch zum gesamten eurasischen Sprachraum.
Die Schülerinnen und Schüler entwickeln deshalb Interesse an politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Vorgängen und am kulturellen Leben in Russland und der slawischen Welt. In der Auseinandersetzung mit fremden Denk- und Verhaltensweisen bauen sie Empathie und interkulturelle Kommunikationskompetenz auf, die im beruflichen Leben zunehmend an Bedeutung gewinnen. Auf diese Weise wird ein wichtiger Beitrag zur Wertschätzung der Kultur von Migrantinnen und Migranten aus dem slawischen Sprachraum und deren Integration geleistet.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Der Russischunterricht fördert die Bereitschaft zu Sachlichkeit, Offenheit und Toleranz im zwischenmenschlichen Austausch. Neben der Vermittlung von funktionaler kommunikativer Sprachkompetenz werden die Schülerinnen und Schüler folglich auch mit jenen interkulturellen Besonderheiten bekannt gemacht, die für eine erfolgreiche Kommunikation, z. B. im Rahmen eines Schüleraustausches, mitentscheidend sind. Der Russischunterricht im Beruflichen Gymnasium legt von Anfang an besonderen Wert auf die funktionale kommunikative Kompetenz. Die Schülerinnen und Schüler lernen schon sehr früh, Kontakte zu knüpfen, Informationen zu erfragen und Gefühle in der Fremdsprache zu äußern. Der kompetenzorientierte Russischunterricht führt stufenweise zur kommunikativen Handlungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler.
Die Schülerinnen und Schüler kennen aktuelle politische, gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Vorgänge in Russland und der Welt und reflektieren diese kritisch, wobei sie auf ihre Vorkenntnisse aus anderen Fachgebieten zurückgreifen.
Der Russischunterricht trägt den Bedürfnissen aller Lernenden – vom Anfänger bis zum Muttersprachler – durch eine binnendifferenzierte Unterrichtsgestaltung Rechnung. Der Erwerb der funktionalen kommunikativen Mittel spielt eine zentrale Rolle und stellt dadurch eine sinnvolle Kommunikation in Wort und Schrift sicher.
Der Russischunterricht erreicht ein sprachliches Niveau, das den Schülerinnen und Schülern ermöglicht, ihre Russischkenntnisse für private und berufliche Zwecke eigenständig zu erweitern und ihre interkulturellen kommunikativen Kenntnisse zu vertiefen.
Die Schülerinnen und Schüler entwickeln nach und nach Sprachbewusstheit. Sie erwerben Einsichten über Struktur und Gebrauch der russischen Sprache und nutzen diese zusammen mit Kenntnissen über andere Sprachen für eine erfolgreiche schriftliche und mündliche Kommunikation.
Die Schülerinnen und Schüler erwerben im Umgang mit analogen und digitalen Medien zur Informationsbeschaffung zunehmend Methoden-, Medien- und Sprachkompetenz.
Bei der Leistungsbeurteilung ist darauf zu achten, dass Kompetenzen durch möglichst vielseitige und handlungsorientierte Aufgabenstellungen überprüft werden. Die Aufgabenformate umfassen sowohl Reproduktion als auch eigenständiges Anwenden von Strukturen.
Die Schülerinnen und Schüler arbeiten zunehmend eigenständig im Team. Die Arbeitsergebnisse präsentieren und erklären sie ihren Mitschülerinnen und Mitschülern in der Fremdsprache unter Einsatz moderner Medien.
Wie in allen modernen Fremdsprachen definiert der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen (GER) die Standards der zu erreichenden Kompetenzen. Dadurch wird die Vergleichbarkeit von Schülerleistungen innerhalb Deutschlands und Europas sichergestellt. Mit erfolgreichem Abschluss des Beruflichen Gymnasiums wird im Fach Russisch als neu beginnende Fremdsprache (Niveau N) in allen Kompetenzbereichen das Referenzniveau B1 gemäß dem Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen erreicht.
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.