Fachbezogene Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Ziel des Philosophieunterrichts ist die philosophische Problemreflexion und die Förderung der damit verbundenen Kompetenzen. Die Schülerinnen und Schüler sollen befähigt werden, selbstständig zu philosophieren, d. h. grundlegende Fragestellungen des Mensch- und In-der-Welt-Seins wahrzunehmen und methodisch geleitet vor dem Hintergrund der philosophischen Tradition zu reflektieren. Dem Charakter philosophischer Fragen entsprechend, die sich nicht mit der „einen“ Antwort beantworten lassen, gilt als zentraler Grundsatz die Problemorientierung. Philosophieren nimmt seinen Ausgang von konkreten Phänomenen des individuellen und gesellschaftlichen Lebens und stellt scheinbar selbstverständliche Gewissheiten in Frage. Hierbei kommt dem neugierigen Nach- und Hinterfragen, dem Perspektivwechsel und intersubjektiven Austausch sowie dem Selbst-Denken elementare Bedeutung zu. Um diese Grundausrichtung zu fördern, sind auch die jeweiligen Inhalte der Bildungsplaneinheiten als Fragen formuliert.
Bei der Erarbeitung und Reflexion grundsätzlicher Fragen und Probleme menschlichen Lebens lassen sich drei Perspektiven unterscheiden:
- Die individuelle Perspektive nimmt eigene bedeutsame und existenzielle Erfahrungen in den Blick und setzt sie ins Verhältnis zu denen anderer Menschen.
- Die gesellschaftliche Perspektive beleuchtet Phänomene des Zusammenlebens und kollektive Welt- und Wertvorstellungen mit ihren unterschiedlichen Ausprägungen in verschiedenen Gesellschaften.
- Die historisch-theoretische Perspektive macht die ideengeschichtlichen Ansätze der philosophischen Tradition sowie die Erkenntnisse der empirischen Bezugswissenschaften fruchtbar.
Diese drei Dimensionen durchdringen einander und kennzeichnen insgesamt die Bearbeitung der jeweiligen Inhalte. Philosophische Theorien sind nicht als Selbstzweck zu verstehen, sondern bilden ein wichtiges Element einer authentischen und ganzheitlichen Auseinandersetzung mit wirklichen Grundfragen menschlichen Seins.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Das Fach Philosophie versteht sich als Fach, welches die Reflexionskompetenzen der Schülerinnen und Schüler stärken und weiterentwickeln will. Dabei ist grundsätzlich eine Methodenvielfalt anzustreben, da keine philosophische Methode für sich einen Anspruch auf Überlegenheit beanspruchen kann. Insofern können sprachanalytische, phänomenologische, hermeneutische sowie dialektische Methoden je nach Thema angewandt werden. Der Erwerb einer philosophischen Reflexionskompetenz entfaltet sich einerseits in einer Wahrnehmungs- und Deutungskompetenz, die jeweils die Fähigkeiten des Erkennens und Beschreibens in den Vordergrund rückt, andererseits in einer Argumentations- und Urteilskompetenz, die das kritische Überprüfen der eigenen Argumentation im Rahmen einer Auseinandersetzung mit philosophischen Fragestellung als Ziel vor Augen hat. Als dritte Kompetenz, die auf die ersten beiden aufbaut, ist die Darstellungskompetenz zu berücksichtigen. Hier sollen die Schülerinnen und Schüler die Fähigkeit erwerben, ihre Positionen und Sichtweisen in unterschiedlichen – auch philosophischen – Schreibformen adäquat mitzuteilen. (vgl. Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Philosophie der KMK i. d. F. vom 16.11.2006)
Der Erwerb dieser Kompetenzen soll mit den Inhalten der gewählten Bildungsplaneinheiten verbunden und im Verlauf des Schuljahres kontinuierlich weiterentwickelt werden. Wird der Philosophieunterricht in der Jahrgangsstufe 2 angeboten, ist der zeitliche Umfang der jeweiligen Einheiten entsprechend anzupassen. Neben den in den einzelnen Bildungsplaneinheiten beschriebenen Kompetenzen verfolgt der Philosophieunterricht auch langfristige und ganzheitliche Ziele im Bereich der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und einer Selbstverortung in Bezug auf die angesprochenen philosophischen Fragen und Diskurse.
3. Ergänzende fachliche Hinweise
Philosophische Theorie weist oft schon sprachlich einen hohen Abstraktionsgrad auf. Daher ist im Unterricht methodisch neben präziser Begrifflichkeit besonders auf Verständlichkeit des Ausdrucks und Anschaulichkeit zu achten.
Die Auseinandersetzung mit philosophischen und existenziellen Fragestellungen ist von jeher auch Inhalt künstlerischen Schaffens. Daher wird – wo sinnvoll – neben der Arbeit mit Theorietexten der Einbezug von z. B. Literatur, Aphorismen, Film, bildender Kunst etc. empfohlen.
Der Bildungsplan Philosophie berücksichtigt die Vielfalt der Schulprofile und die heterogenen Vorerfahrungen der Schülerinnen und Schüler. Aus den Bildungsplaneinheiten 2 bis 8 sind für das Schuljahr zwei Einheiten auszuwählen, dabei können auch Themen oder Fächer verbindende Aspekte ein Kriterium sein. Verpflichtend ist die Behandlung der ersten Bildungsplaneinheit, da hier grundlegende Denk-, Gesprächs- und Schreibformen der Philosophie erarbeitet und angewendet werden.
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.