Fachbezogene Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Das Fach Deutsch leistet einen grundlegenden Beitrag zu den Bildungszielen der Beruflichen Gymnasien und zur Kompetenzentwicklung der Schülerinnen und Schüler bis zur Allgemeinen Hochschulreife.
Der Bildungsplan Deutsch gilt für alle Richtungen der Beruflichen Gymnasien und bildet die Grundlage für den Aufbau und die Weiterentwicklung zentraler Kompetenzen. Diese befähigen die Schülerinnen und Schüler, sich auf die vielfältigen Anforderungen unterschiedlicher beruflicher Ausbildungs- oder Studiengänge vorzubereiten und konstruktiv am Leben in einer sich dynamisch wandelnden, pluralistischen und demokratisch verfassten Gesellschaft teilzuhaben. So wird in besonderem Maße die Werte- und Persönlichkeitsentwicklung gefördert.
Sprache und Sprachkompetenz sind der Schlüssel für den Zugang zu vielschichtigen Denk- und Handlungsmustern, insbesondere sind sie für die Beziehung zwischen Individuum und Außenwelt von unschätzbarem Wert. Unterrichtsinhalte, die diese Kompetenz stärken und problemorientiertes und vernetztes Denken fördern, sind daher von hoher Relevanz für das private und künftige berufliche Leben der Schülerinnen und Schüler.
Die Dynamik gesellschaftlicher Entwicklungen und die große Heterogenität stellen den Deutschunterricht der Eingangsklasse vor besondere Herausforderungen. Damit den Schülerinnen und Schülern ein fließender und erfolgreicher Übergang in die Jahrgangsstufe gelingt, ist die Berücksichtigung unterschiedlicher Lernbiografien und vorhandener Kompetenzen von Bedeutung. Dies beinhaltet insbesondere die Vermittlung grundlegender Arbeitstechniken zu Textverständnis und Textproduktion wie auch den Erwerb von Kompetenzen, die für den weiteren Bildungs- und Berufsweg der Lernenden unverzichtbar sind.
Beim Unterricht in den beiden Jahrgangsstufen wird zwischen einem grundlegenden und einem erhöhten Anforderungsniveau entsprechend den Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife differenziert. Dies bietet Raum, um gezielter auf unterschiedliche Lernniveaus der Schülerinnen und Schüler einzugehen und damit eine erfolgreiche Entwicklung im Sinne des Bildungsauftrages Beruflicher Gymnasien zu ermöglichen. Beide Niveaustufen führen zur Allgemeinen Hochschulreife.
Im erhöhten Anforderungsniveau setzen sich die Schülerinnen und Schüler quantitativ und qualitativ vertieft mit literarischen und pragmatischen Texten, Sprache und Kommunikation sowie Medien auseinander. Hierbei wird ein hoher Abstraktionsgrad erreicht. Dabei bieten die inhaltliche Ausgestaltung der Bereiche und der gegenüber dem grundlegenden Anforderungsniveau erweiterte Stundenumfang Raum für Übung und Vertiefung.
Das Fach Deutsch fördert darüber hinaus die Reflexionsfähigkeit und Kompetenzen, die für selbstorganisiertes und projektorientiertes Arbeiten erforderlich sind.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Der Bildungsplan ist in fünf Bereiche gegliedert, die nicht isoliert zu sehen sind, sondern in den thematischen Unterrichtseinheiten miteinander vernetzt werden:
- Umgang mit literarischen Texten
- Umgang mit pragmatischen Texten
- Medien
- Sprachliche Übungen und Textproduktion
- Sprachgebrauch und Sprachreflexion
Das Beherrschen einer differenzierten und situationsangemessenen Sprache im Mündlichen und Schriftlichen ermöglicht eine Weiterentwicklung der Persönlichkeit und Selbstbestimmung. Der Umgang mit literarischen sowie pragmatischen Texten gibt Einblick in vergangene wie moderne Gesellschaften und bietet Möglichkeiten der konstruktiven Auseinandersetzung mit vielfältigen Themen. Dadurch werden den Schülerinnen und Schülern neue Perspektiven auch für ihre berufliche Zukunft eröffnet. Zudem werden sie befähigt, sich an gesellschaftlichen und kulturellen Diskursen zu beteiligen und ihre Rezeptionsfähigkeiten und Ausdrucksmöglichkeiten zu erweitern.
In der Eingangsklasse ersetzt der Themenschwerpunkt „Menschenbilder“ bei der Auseinandersetzung mit literarischen Texten die bisherigen anthropologischen Spannungsfelder. Er dient dazu, vor dem Hintergrund einer vielfältigen Themen- und Textauswahl aus unterschiedlichen Epochen flexibel auf die Lerngruppe zu reagieren und anthropologische Fragestellungen in unterschiedlichen Kontexten aufzugreifen. Hier bietet sich auch eine Vernetzung mit dem Fach Ethik an. Bei der Beschäftigung mit den Pflichtlektüren und anderen komplexen literarischen Texten eröffnen sich den Schülerinnen und Schülern in den Jahrgangsstufen 1 und 2 unterschiedliche Perspektiven auf persönliche, gesellschaftliche, berufliche und weltanschauliche Fragestellungen. Durch die Auseinandersetzung mit anderen Wertvorstellungen und Weltbildern gewinnen sie an Empathiefähigkeit, Orientierung für eigenes Denken und Handeln und die Fähigkeit, Fremdheit als Chance für eine Weiterentwicklung eigener Positionen wahrzunehmen. Die Schülerinnen und Schüler verständigen sich über unterschiedliche Deutungen und ästhetische Wertungen. Auf diese Weise wird der konstruktive Umgang mit Kontroversen gefördert. Ein vertieftes geistes- und literaturgeschichtliches Wissen befähigt sie zur bewussten Teilhabe an gesellschaftlichen und kulturellen Diskursen und erweitert ihre Rezeptionsfähigkeiten und Ausdrucksmöglichkeiten.
Die Arbeit mit komplexen pragmatischen Texten ermöglicht den Schülerinnen und Schülern eine kritische und differenzierte Auseinandersetzung mit gesellschaftlich bedeutsamen Fragestellungen. Hierbei begünstigt eine vielseitige, auch berufsbezogene Themen- und Textauswahl eine Erweiterung des eigenen Weltverständnisses, insbesondere durch die Begegnung mit fremden Sichtweisen. Der kritischen Betrachtung des medialen und digitalen Wandels kommt dabei besondere Bedeutung zu.
Medien prägen heute vielfach unseren Alltag. Dies verlangt, die Medienkompetenz der Lernenden zu stärken, digitale Medien als Lernwerkzeuge nachhaltig einzusetzen und den kritischen Umgang mit medialen Angeboten zu fördern. Vor dem Hintergrund eines weiten Textbegriffs, der unterschiedliche Erscheinungsformen von Literatur und Sprache einschließt, wenden die Schülerinnen und Schüler der Eingangsklasse erlernte Methoden der Textanalyse und Textinterpretation auf filmische und andere mediale Darstellungsformen an. Damit wird eine ästhetische Urteilsbildung gefördert und die Rezeption künstlerischer Produktion angeregt. Aufgrund sich schnell entwickelnder Kommunikationsformen und Nachrichtenformate – insbesondere im Internet – kommt der Entwicklung eines kompetenten, kritischen und verantwortungsbewussten Umgangs mit Medien eine besondere Bedeutung zu. In den Jahrgangsstufen bilden diese Kompetenzen die Grundlage für die Gestaltung und Umgestaltung von Medienprodukten und fördern dadurch reflektiertes mediales Handeln. Die Interpretation von Literaturverfilmungen, auch im Kontext ihrer Entstehung und unter Berücksichtigung von Filmkritik und filmtheoretischen Aspekten, dient der ästhetischen Urteilsbildung der Schülerinnen und Schüler.
Um ihre Schreibkompetenz zu fördern, wird den Schülerinnen und Schülern im Kontext der unterschiedlichen inhaltlichen Sequenzen genügend Raum für sprachliche Übungen und Textproduktion eingeräumt. Diese reichen von der Planung eines Schreibprozesses bis zum kriterienorientierten Überarbeiten des Schreibproduktes und werden durch weitere Übungen vertieft. Hier verarbeiten die Schülerinnen und Schüler ihre im Umgang mit Texten gewonnenen Erkenntnisse in unterschiedlichen Schreibformaten, die auch für andere schulische Fächer und den weiteren Bildungsweg relevant sind. Das materialgestützte Schreiben eröffnet hierbei in besonderem Maße die Möglichkeit, zielorientiert Informationen aus Quellen auszuwählen und mit eigenem Wissen für alltags- und berufsrelevante Texte zu verbinden.
Die Erweiterung des Sprachbewusstseins und die Auseinandersetzung mit Sprache als einem lebendigen System ist ein wichtiges Ziel des Deutschunterrichts. In der Eingangsklasse vertiefen die Schülerinnen und Schüler ihre Kenntnisse in Rechtschreibung, Zeichensetzung, Grammatik sowie Stilistik und wenden diese im mündlichen bzw. schriftlichen Sprachgebrauch an, um so ihre sprachliche Kompetenz zu erweitern. In den Jahrgangsstufen werden vertiefte theoretische Grundlagen zur Beschreibung sprachlicher Phänomene herangezogen. Die Schülerinnen und Schüler begreifen Sprache als lebendiges System; dies beinhaltet auch die Reflexion von Herkunft und Entwicklungstendenzen der deutschen Sprache sowie die Auseinandersetzung mit Aspekten der Sprachenvielfalt. Der Stärkung des Reflexionsvermögens kommt hier große Bedeutung zu, sie ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, Manipulation durch Sprache zu erkennen und mit ihr umzugehen.
3. Ergänzende fachliche Hinweise
Die im Bildungsplan angegebenen Zeitrichtwerte dienen dazu, die Inhalte innerhalb des Schuljahres zu strukturieren, sie bilden somit den Ausgangspunkt für das Erstellen eines Stoffverteilungsplanes.
Bei der Behandlung bestimmter Unterrichtsthemen ist es sinnvoll und gewinnbringend, fächerübergreifend zu denken und zu planen. Die Beruflichen Gymnasien bieten mit ihren unterschiedlichen Profilen eine Vielzahl an Möglichkeiten für eine ganzheitliche Bildung und legen den Grundstein für den späteren beruflichen Werdegang.
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.