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1. Leitgedanken zum Kompetenzerwerb

1.1 Bildungswert des Faches Sachunterricht

Die Bildungsaufgabe des Sachunterrichts besteht darin, die Schülerinnen und Schüler im Verstehen ihrer Umwelt zu unterstützen und zu begleiten, sodass sie diese entwicklungsgemäß begründet und verantwortlich mitgestalten können. Ausgangspunkte der sachunterrichtlichen Bildung sind Welterfahrungen und Weltauffassungen sowie Beziehungen, die Kinder bereits vor und außerhalb der Schule gewonnen haben. Ziel des Sachunterrichts ist es, diese ins Bewusstsein zu rufen, zur Sprache zu bringen und die Kinder zum Nachdenken anzuregen. Perspektivisch und in Anfängen erschließen sich so den Kindern das in Fachdisziplinen geordnete Wissen und die Grundformen wissenschaftlicher Erkenntnisgewinnung. Darin folgt der vorliegende Bildungsplan dem Perspektivrahmen Sachunterricht (Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts (GDSU) 2013).

Im Sachunterricht können die Kinder aufbauend auf ihren bisherigen Bildungserfahrungen in Familie und Kindertagesstätte die Welt zunehmend differenzierter erkunden, verstehen und gestalten.

Es gilt eine Brücke zu schlagen zwischen dem Kind am Schulanfang und seinen lebensweltlich und institutionell in Kindertagesstätten erworbenen Bildungserfahrungen einerseits und den in weiterführenden Schulen stärker fachlich ausdifferenzierten Bildungsgängen andererseits.

Fundament sachunterrichtlicher Bildung ist die handelnde Auseinandersetzung mit der Welt. Eine konsequente Handlungsorientierung – ein Be-Greifen – ermöglicht den Kindern das Durchdringen sachunterrichtlicher Zusammenhänge.

Der Sachunterricht unterstützt die Schülerinnen und Schüler, sich zu beheimaten und ihre Heimat weltoffen zu gestalten.

Werkzeug der methodischen Welterschließung sowie der begrifflichen Ordnung und Modellierung von Sacherfahrungen ist die Sprache. Sie ist Medium des Denkens und der Kommunikation. Der Aufbau einer interessierten Fragehaltung, die kritische Auseinandersetzung mit Handlungsmöglichkeiten sowie wertende Einschätzungen sind ohne Sprachkompetenz nicht möglich. In diesem Sinne fordert und fördert der Sachunterricht Fragen und subjektive Theorien der Kinder und hilft ihnen, ihr Verständnis der Welt vor anderen, mit anderen oder gegenüber anderen auszudrücken.

Sachunterrichtliche Lernprozesse setzen Sprachkompetenzen voraus und entwickeln sie zugleich weiter. Unterschiedliche Sprachentwicklungsstände der Kinder erfordern differenzierte Lernangebote. Dies macht erforderlich, dass die Grenzen zum Deutschunterricht, aber auch darüber hinaus, offen und fließend gedacht werden. Um Deutungskompetenzen der Kinder zu erweitern und deren Persönlichkeitsbildung zu fördern, werden auch die ästhetischen Ausdrucksformen (zum Beispiel Musik, Kunst, Bewegung, Poesie) sowie die Sprache der Mathematik in Zusammenhänge der Sachklärung eingebracht.

Beitrag des Faches zu den Leitperspektiven

Das Fach Sachunterricht leistet in vielfältiger Weise einen Beitrag zu den Leitperspektiven. Im Folgenden sind sie detailliert aufgeführt:

  • Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
    Der Sachunterricht als integratives Fach der Grundschule ist mit seinen naturwissenschaftlichen, technischen und soziokulturellen Anteilen prädestiniert, als Fundament für eine Bildung für nachhaltige Entwicklung zu dienen. In grundschulgemäßen Lernarrangements werden die Schülerinnen und Schüler für den Umgang mit natürlichen Grenzen der Belastbarkeit des Erdsystems sowie mit sozialen und globalen Ungerechtigkeiten sensibilisiert.
  • Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV)
    Gegenseitiger Respekt, Achtung und Wertschätzung sowie die Fähigkeit, anderen Kulturen tolerant und vorurteilsfrei zu begegnen, gehören zu den übergreifenden Zielen des Sachunterrichts. Daher ist die Leitperspektive Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt in ganz unterschiedlicher Weise innerhalb der einzelnen Bereiche des Sachunterrichts verknüpft. In der Auseinandersetzung mit den Mitschülerinnen und Mitschülern erkennen und reflektieren die Kinder ihre eigene Meinung und Haltung und schärfen so ihr Bewusstsein für die eigene Identität. Der Sachunterricht vertritt einen dynamischen, weltoffenen Heimatbegriff. Der dialogorientierte friedliche Umgang mit unterschiedlichen Positionen ist ebenfalls ein Beitrag zur Menschenrechts- und Friedensbildung und zur Verwirklichung einer inklusiven Gesellschaft.
  • Prävention und Gesundheitsförderung (PG)
    Der Umgang mit der eigenen Gesundheit, im Sinne eines umfassenden körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens, wie auch der Umgang mit der Gesundheit anderer, gehört zu den Alltagskompetenzen, die im Sachunterricht besonders gefördert werden. Lernfelder einer umfassenden Prävention und Gesundheitsförderung sind bewusstes Wahrnehmen, selbstregulativer Umgang mit Gedanken, Emotionen und Handlungen, wertschätzendes Kommunizieren und Handeln sowie eine lösungsorientierte Bewältigung von Konflikten. Die Schülerinnen und Schüler werden dabei unterstützt, altersspezifische Entwicklungsaufgaben zu bewältigen und sich im täglichen Handeln selbstwirksam zu erleben.
  • Berufliche Orientierung (BO)
    Durch die Begegnung mit unterschiedlichen Bildungs- und Erwerbsbiografien in verschiedenen Bereichen, wie auch mit Betriebserkundungen, bahnt der Sachunterricht eine entwicklungsangemessene berufliche Orientierung an. Hierfür grundlegend ist eine individuelle Förderung, die auf festgestellten Kompetenzen, Potenzialen und Interessen der Kinder basiert.
  • Medienbildung (MB)
    Im Sachunterricht ist die Medienbildung integrativ verankert. Die Reflexion eigener Medienerfahrungen und der bewusste Umgang mit vielfältigen Medien in der Schule unterstützen eine reflektierte und verantwortungsbewusste Auswahl und Nutzung von Medien.
  • Verbraucherbildung (VB)
    In der Verbraucherbildung werden Kinder in ihren Alltagskompetenzen gestärkt, mit dem Ziel, ein selbstbestimmtes und verantwortungsbewusstes Verbraucherverhalten zu entwickeln. Dies geschieht im Sachunterricht zum Beispiel anhand der Aspekte Gesundheit, Medien und Ressourcen.

1.2 Kompetenzen

In der Auseinandersetzung mit sozialen, kulturellen, natürlichen und technischen Aspekten der Umwelt fördern die Kompetenzen im Fach Sachunterricht verantwortungsvolles, reflektiertes Handeln, die Fähigkeit zur Partizipation sowie Solidarität gegenüber anderen und der Umwelt.

Alle Kompetenzen stehen unter der Prämisse, die sich entwickelnde eigene Persönlichkeit und Weltsicht des Kindes wertzuschätzen. Angebote zur Kompetenzentwicklung müssen so beschaffen sein, dass sie die Selbstbestimmung des Kindes achten und fördern.

Die Kompetenzen gewährleisten den Aufbau von Wissen und die Entwicklung von Handlungsalternativen über Fachdisziplinen hinweg. Kognitiv-aktivierende Inhalte und didaktisch-methodisch sorgfältig gestaltete Lernarrangements unter Einbezug mehrerer Perspektiven unterstützen dies nachhaltig.

Lernarrangements sind an die Bildungs- und Entwicklungsvoraussetzungen der einzelnen Kinder anzupassen.

Die Konzeption des Bildungsplans weist prozessbezogene Kompetenzen und Standards für inhaltsbezogene Kompetenzen aus, die in vielfältiger Weise aufeinander bezogen sind. Sie sind stets zusammen zu denken. In ihrer Zusammenführung werden sie zu einem tragfähigen Gewebe, das – bezogen auf die Situation vor Ort und auf die Bedürfnisse der Kinder – individuell verfeinert und weiter gewoben wird.

Prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen sind eng miteinander verwoben. (© Landesinstitut für Schulentwicklung)
Abbildung 1: Prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen sind eng miteinander verwoben.

Prozessbezogene Kompetenzen

Die Kinder erleben in der Begegnung und Auseinandersetzung die Welt mit allen Sinnen, erkunden sie auf vielfältige Weise und lernen sie zu verstehen. Sie teilen ihre Erfahrungen, Vorstellungen und Erkenntnisse mit anderen. Die Schülerinnen und Schüler erwerben zunehmend Gestaltungs- und Handlungskompetenz. Sie können musikalisches und künstlerisches Tun sowie naturwissenschaftlich-technische Phänomene und sozio-kulturelle Sachverhalte wahrnehmen, reflektieren, gestalten und sich dazu positionieren.

Diese Zugänge zur Welt kommen in übereinstimmend formulierten prozessbezogenen Kompetenzen der Fächer Musik, Kunst/Werken und Sachunterricht zum Ausdruck.

Die prozessbezogenen Kompetenzen gliedern sich in folgende Bereiche:

  • Welt erleben und wahrnehmen
  • Welt erkunden und verstehen
  • Kommunizieren und sich verständigen
  • In der Welt handeln – Welt gestalten
  • Reflektieren und sich positionieren

Die in den Bereichen beschriebenen Prozesse greifen ineinander, sind miteinander verknüpft und situationsbezogen zu gewichten.

Inhaltsbezogene Kompetenzen

Der Bildungsplan im Fach Sachunterricht knüpft an die fünf Perspektiven des Perspektivrahmens Sachunterricht (GDSU 2013) an. Dieser unterscheidet die sozialwissenschaftliche, naturwissenschaftliche, geographische, historische und technische Perspektive. Dabei geht es einerseits darum, spezifische Kompetenzen anzubahnen und so das kindliche Weltverstehen an grundlegende Unterscheidungen wissenschaftlicher Fachdisziplinen anzuschließen. Andererseits sind die perspektivisch geordneten Inhalte vielfältig miteinander zu vernetzen. Dies kommt dem noch nicht fachlich ausdifferenzierten kindlichen Weltverstehen entgegen, trägt aber auch dem Umstand Rechnung, dass reale Probleme der Lebenswirklichkeit komplex sind und sich nur mehrperspektivisch-vernetzt lösen lassen.

Inhalts- und prozessbezogene Kompetenzen sind stets integrativ zu sehen.

Die Verweise bilden das Grundgerüst der Vernetzung, das vor Ort und auf die Bedürfnisse der Kinder individuell verfeinert und weiter verwoben wird.

Der Bildungsplan Sachunterricht gliedert sich in folgende Bereiche:

Demokratie und Gesellschaft

Die Schülerinnen und Schüler entwickeln ihr positives Selbstkonzept weiter und stärken die eigene Persönlichkeit. Sie können Gemeinsamkeiten und Unterschiede verschiedener Formen des Zusammenlebens beschreiben, vergleichen und in Beziehung zum eigenen Leben setzen. Sie respektieren gesellschaftliche Vielfalt und ziehen daraus Konsequenzen für ihre eigene Lebensgestaltung. Die Schülerinnen und Schüler verstehen Diskussionen, Abstimmungen und das Mehrheitsprinzip auf der Basis der Menschenrechte als Elemente der Demokratie. Sie initiieren Mitbestimmungsprozesse und beteiligen sich aktiv an ihnen. Die Schülerinnen und Schüler nutzen Medien und reflektieren ihren Umgang und ihre Erfahrungen damit. Sie entwickeln ein zunehmend reflektiertes Konsumverhalten.

Natur und Leben

Die Schülerinnen und Schüler setzen sich, ausgehend von eigenen Erfahrungen und auf der Grundlage für sie bedeutsamer Beispiele, mit sich und der Natur auseinander. Im Rahmen einer ganzheitlichen Gesundheitsbildung erlangen sie Kompetenzen, die auf die Stärkung ihrer Persönlichkeit gerichtet sind. Die unmittelbare Begegnung mit den Lebewesen in ihrer Umgebung und das Arbeiten im Jahreslauf begünstigen die Zuwendung der Schülerinnen und Schüler zur Natur. Dadurch erkennen sie, dass die lebende Natur eine Vielzahl von Arten aufweist, die an die spezifischen Lebensbedingungen angepasst sind. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse können sie die Notwendigkeit eines verantwortlichen Umgangs mit sich und der Natur aufbauen und begründen.

Naturphänomene und Technik

Die Schülerinnen und Schüler setzen sich ausgehend von eigenen Erfahrungen und auf der Grundlage überschaubarer, exemplarischer und für sie bedeutsamer Beispiele mit Fragen der unbelebten Natur und mit technischen Fragen auseinander. Mithilfe naturwissenschaftlicher Denk‑, Arbeits- und Handlungsweisen nehmen sie Naturphänomene und die Zusammenhänge zwischen ihnen wahr und können deren Bedeutung für die unbelebte Natur erkennen, deuten und verstehen. Durch eigenes Herstellen, Konstruieren, Analysieren und Optimieren – unter Berücksichtigung sachgerechter Umgangsweisen – erweitern sie ihr lebenspraktisches technisches Können und Wissen und bauen Hemmnisse und Ängste im Umgang mit Technik ab. Sie erkennen Bedingungszusammenhänge von Technik, Naturwissenschaft und Gesellschaft und setzen sich mit Folgewirkungen von Technik reflektierend auseinander.

Raum und Mobilität

Die Schülerinnen und Schüler nehmen die Vielfalt und Unterschiedlichkeit von Räumen und Lebenswelten wahr und entwickeln ihre Orientierungsfähigkeit auf vielfältige Weise weiter. Sie erkennen Gefahren für die Umwelt, denken über Schutzmaßnahmen nach und sind in der Lage, selbst aktiv zu werden. Sie können situationsgerecht, rücksichtsvoll und sicherheitsorientiert am Verkehr teilnehmen.

Zeit und Wandel

Die Schülerinnen und Schüler können sich in zunehmend größeren Zeiträumen orientieren. Sie stellen in Bezug auf exemplarische, für sie bedeutsame Themen Fragen an die Vergangenheit. Dabei sichten, vergleichen und beurteilen sie unterschiedliche Quellen und Darstellungen zur Beantwortung ihrer Fragen. Die Schülerinnen und Schüler präsentieren ihre Ergebnisse und setzen sie zu ihrem heutigen Leben in Beziehung. Sie erkennen Zusammenhänge zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und nehmen Veränderungen als zukunftsoffen wahr.

1.3 Didaktische Hinweise

Unterrichtsprinzipien

Im Sachunterricht erwerben die Schülerinnen und Schüler Kompetenzen, die ihnen das Erforschen, Verstehen und Mitgestalten der Welt erleichtern. Lebensnähe und originale Begegnung, auch durch das Aufsuchen außerschulischer Lernorte und den Einbezug von Expertinnen und Experten, sind dabei wichtige Prinzipien sachunterrichtlichen Lernens. Authentische eigene Erfahrungen sind Stütze und Bedingung des kindlichen Verstehens und ermöglichen eine Urteilsbildung. Mediatisiertes Wissen ergänzt gegebenenfalls die eigenen Erfahrungen. Der Sachunterricht orientiert sich konsequent am Kind, seinen Lernvoraussetzungen und Lebensbedingungen. Maßgeblich für sachunterrichtliche Lernarrangements sind Problem‑, Handlungs- und Projektorientierung sowie entdeckendes Lernen. Die Komplexität der sachunterrichtlichen Themen bedingt ein hohes Maß an Vernetzung. Die Verknüpfung mehrerer Kompetenzbereiche ist handlungsleitend.

Unterrichtliche Angebote greifen die im Bildungsplan formulierten Kompetenzen so auf, dass dabei die Voraussetzungen vor Ort berücksichtigt und die Fragestellungen der Kinder einbezogen werden. Differenzierte Angebote hinsichtlich der heterogenen Schülerschaft sind unabdingbar.

Ein wichtiges Medium sachunterrichtlichen Lernens ist das Gespräch. Es achtet die Würde jeder Kinderäußerung und ist in diesem Sinne ergebnisoffen. Dabei werden auch Fragen aufgeworfen, welche die Grundlage unseres Denkens, Wollens und Handelns betreffen. Beim Philosophieren mit Kindern werden alle Beteiligten zu gleichberechtigten Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern.

Das Halten und Pflegen von Pflanzen und Tieren sowie die Verantwortungsübernahme von Aufgaben in Klasse und Schule sind wichtige Bausteine des Sachunterrichts.

Mindestens je eine Projektpräsentation bis Ende Klasse 2 und bis Ende Klasse 4 ist von den Schülerinnen und Schülern vorzubereiten und durchzuführen.

Verbindliches Experimentieren

Kinder erkunden die Welt durch Ausprobieren und machen dabei vielfältige Erfahrungen. Der Sachunterricht greift dies auf und öffnet den Schülerinnen und Schülern Räume zum Explorieren und Experimentieren. Um das Interesse an den Naturwissenschaften zu wecken, aber auch naturwissenschaftliches Denken zu fördern, werden eine Reihe verbindlicher Experimente, die methodische und inhaltsbezogene Kompetenzen vermitteln, vorgegeben. Beim Experimentieren in der Grundschule ist der Umgang mit Gefahrstoffen zu vermeiden.


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