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Berufliche Schulen

Bildungsplanarbeit Berufskollegs Ernährung und Hauswirtschaft

Interkulturelle Kompetenz

Vorbemerkungen

1. Fachliche Vorbemerkungen
Schulische Bildung steht vor zahlreichen Herausforderungen: Globalisierung, Wertewandel, demografische Veränderungen, ein tiefreifender technischer Wandel sowie Migrationsbewegungen, einschließlich Fluchterfahrungen, führen zu einer zunehmend von Komplexität, Fragmentarisierung, Vielfalt und Desorientierung geprägten Gesellschaft. Ein Bildungsziel von Schule ist es, unsere Schülerinnen und Schüler durch einen konstruktiven Umgang mit Vielfalt auf diese sich rasant verändernde Lebens- und Arbeitswelt vorzubereiten.
Gerade das Berufliche Schulwesen steht vor einer doppelten Herausforderung: Zum einen fordern Situationen im privaten und beruflichen Kontext den Umgang mit Menschen aus verschiedenen Kulturen. Zum anderen lebt eine pluralistische und von kultureller Vielfalt geprägte Gesellschaft zunehmend von gelungenen interkulturellen Handlungs‑, Reflexions- sowie Interaktionsprozessen.
Besonders das kulturell diverse Umfeld, das sich in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Faktor im Bereich der Hauswirtschaft entwickelt hat, erfordert die Qualifizierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um einen angemessenen Umgang miteinander zu gewährleisten. Im Beruflichen Schulwesen wird diesen Anforderungen durch die Einrichtung des eigenständigen Faches Interkulturelle Kompetenz und dem vorliegenden Bildungsplan Rechnung getragen.
Im Fach Interkulturelle Kompetenz wird die Interaktionsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler sowohl in internationaler Perspektive als auch für interkulturelle Begegnungen im Inland entwickelt. Sie erwerben die notwendigen interkulturellen Kompetenzen, um auch in berufsrelevanten Situationen erfolgreich mit Personen aus anderen Kulturen interagieren zu können.
Des Weiteren kann der Unterricht die Schülerinnen und Schüler im Berufskolleg Ernährung und Haushaltsmanagement auf die Zusatzqualifikation Hauswirtschaftsassistenz vorbereiten.

2. Hinweise zur Umsetzung des Bildungsplans Interkulturelle Kompetenz
Bei der Initiierung interkultureller Lernprozesse ist es sinnvoll, die Verknüpfung von Erfahrung – Reflexion – Wissen bei der Umsetzung der Lernsituationen zu beachten:
Es ist empfehlenswert, den Schülerinnen und Schülern Raum für Erfahrungen zu geben, die methodisch unterschiedlich gestaltet sein sollten (z.B. Simulationen, soziometrische Übungen, Fallbesprechungen, Berichte, Experimente etc.). Diese Erfahrungen werden in eine Reflexionsphase, die ausführlicher sein sollte als die Erfahrung, überführt und sind damit Grundlage für fundiertes interkulturelles Wissen. Dieses Vorgehen wird auf verschiedenen Lernniveaus wiederholt.
Es ist zu beachten, dass im Lehrplan die vier einzelnen Kompetenzbereiche (Interkulturelle Grundlagen, Reflexionsfähigkeit, Haltungen, Empathische Interaktionsfähigkeit) im Sinne von Schwerpunkten zu bearbeiten sind. Um aber eine ganzheitliche Interkulturelle Kompetenz zu entwickeln, ist es notwendig, bei der Behandlung eines Kompetenzbereichs die anderen mitzubedenken. Das heißt konkret, dass Inhalte der vier Kompetenzbereiche stets aufs Neue auf unterschiedlichen Lernniveaus erfahren und reflektiert werden.
Die Lehrkraft wählt die Lernerfahrungen aus, die für die Schülerinnen und Schüler relevant sind, Raum für eigenes Erleben bieten und Reflexionsprozesse ermöglichen. Durch die Reflexion des Lernprozesses wird das Grundlagenwissen nicht nur theoretisch, sondern auch als erlebte Erfahrung verankert. Dadurch entsteht eine Handlungsfähigkeit im interkulturellen Kontext, die sich an der Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler orientiert. Jeder der vier Kompetenzbereiche ist – im Sinne einer Progression – in unterschiedliche Niveaustufen gegliedert.

Niveaustufen
Auf grundlegendem Niveau verstehen die Schülerinnen und Schüler die Relevanz, interkulturelle Kompetenzen in ausgewählten Situationen bei interkulturellen Begegnungen anzuwenden. Sie erkennen, dass der Erwerb interkultureller Kompetenzen ein ständiger individueller Lernprozess ist. Sie entwickeln eine positive Grundeinstellung gegenüber dem interkulturellen Austausch. Die erworbenen interkulturellen Grundlagen wenden sie in entsprechenden Handlungssituationen an. Sie lernen, regelmäßig auftretende Kommunikationssituationen angemessen und zunehmend selbständig zu bewältigen. Durch die Beschäftigung mit anderen Kulturen und anderen Wertesystemen reflektieren sie die eigenen kulturellen Handlungsmöglichkeiten. Die Schülerinnen und Schüler erkennen, dass Handlungen in einer von kultureller Vielfalt geprägten beruflichen und privaten Lebenswelt von gelungenen interkulturellen Handlungs- und Reflexionsprozessen abhängig sind.
Auf fortgeschrittenem Niveau erweitern die Schülerinnen und Schüler die bereits erworbenen Kenntnisse, sodass sie in berufsgruppentypischen Situationen mit zunehmender Komplexität im interkulturellen Kontext erfolgreich agieren können. Sie entwickeln ihre persönliche Reflexionsfähigkeit weiter und prüfen die Wirkung ihrer Handlungen und Haltungen. Außerdem entwickeln sie kontinuierlich ihre empathische Interaktionsfähigkeit im Umgang mit Menschen unterschiedlicher kultureller Prägungen weiter.


Schuljahr 2

Vertiefung – Individualisiertes Lernen – Projektunterricht (VIP)

20

Vertiefung

Individualisiertes Lernen

Projektunterricht

z. B.
Übungen
Anwendungen
Wiederholungen
z. B.
Selbstorganisiertes Lernen
Lernvereinbarungen
Binnendifferenzierung
z. B.
interkultureller Reiseführer
Culture-Assimilator-Methode

Die Themenauswahl des Projektunterrichts hat aus den nachfolgenden Bildungsplaneinheiten unter Beachtung Fächer verbindender Aspekte zu erfolgen.

BPE 1

Interkulturelle Grundlagen

15

Die Schülerinnen und Schüler erkennen die Notwendigkeit, interkulturelle Kompetenzen zu entwickeln. Sie verstehen die Bedeutung interkulturelle Begriffe und Konzepte. Sie setzen sich mit kulturspezifischen Besonderheiten auseinander, auch im Hinblick auf berufliche Situationen.

BPE 1.1

Die Schülerinnen und Schüler wenden Grundbegriffe und grundlegende Konzepte interkultureller Kommunikation sachgemäß an.

Definition des Begriffs „Interkulturelle Kompetenz“

Modell für den Begriff „Kultur“

das Eigene, das Fremde und das Interkulturelle
z.B. anhand des Critical Incidents “der amerikanische Chef und der griechische Mitarbeiter“
Arten von Stereotypen
gängige Muster
vertiefte Fachbegriffe

Vorurteile und Rassismus
Unconscious Bias
Critical Incident-Methode
Analyse von Fallbeispielen
Modell Kulturstandards nach Alexander Thomas:
die deutschen Kulturstandards (monochrones Zeitverständnis, direkter Kommunikationsstil, internalisierte Kontrolle, Regelorientierung, Sachorientierung, schwacher Kontext als Kommunikationsstil) in berufsbezogenen Fallbeispielen anwenden
Vergleich der deutschen Kulturstandards mit den Kulturstandardseiner anderen Kultur anhand eines Fallbeispiels

BPE 1.2

Die Schülerinnen und Schüler kennen eine vertiefte Definition von Interkultureller Kompetenz und deren Teilkompetenzen. Zudem sind sie sich verschiedener Ansätze zur Kategorisierung von Kultur bewusst und können die unterschiedlichen Ansätze voneinander unterscheiden.
Sie sind in der Lage, Befürchtungen und Fragestellungen im Hinblick auf eine als fremd erlebte Kultur bei sich wahrzunehmen und zu benennen.
Die Schülerinnen und Schüler lernen interkulturelle Kommunikationssituationen, die als uneindeutig, überraschend und nicht erklärbar empfunden werden, zu analysieren und Lösungsstrategien in angemessener Weise zunehmend selbstständig anzuwenden.

Phänomen Kulturschock
Phasen, Symptome (Heimweh, hohes Schlafbedürfnis, Essstörungen, Feindseligkeit gegenüber der Umgebung)
Kulturkategorien:
Kulturdimensionen und Abgrenzung zu den Kulturstandards nach Thomas

Geert Hofstede, Fons Trompenaars, Edward T. Hall
Definition Interkultureller Kompetenz nach Darla Deardorff
Lernspirale
Uneindeutigkeit in interkulturellen Kommunikationssituationen:
Culture-Assimilator-Methode
Einübung anhand verschiedener Critical Incidents
Lösungsansätze für Uneindeutigkeit: Kulturquadrate nach Schulz von Thum

BPE 2

Reflexionsfähigkeit

10

Die Schülerinnen und Schüler sind sich ihrer eigenen kulturellen Identität bewusst und erkennen, dass ihre Weltsicht selbst in ihrem unmittelbaren Umfeld nicht von allen geteilt wird.

BPE 2.1

Die Schülerinnen und Schüler erlernen Grundlagen der Reflexionsfähigkeit.

Die kulturelle Vielfalt zu kennen und zu verstehen, erlaubt es den Schülerinnen und Schülern, sich der Auswirkungen der eigenen Interaktionsmuster bewusst zu werden. Dadurch können sie angemessen, wirkungs- und respektvoll im transkulturellen Kontext kommunizieren. Sie erwerben die Fähigkeit, den eigenen Blickwinkel auf die Wirklichkeit der Lebens- und Arbeitswelt zu relativieren und dabei die Perspektiven anderer Interaktionspartnerinnen und –partner zu berücksichtigen.

Reflexion der eigenen kulturellen Prägung
Kulturbox
Wahrnehmung und Reflexion des eigenen Verhaltens in interkulturellen Situationen
Bumm-Bumm-Boas
Mambolesen und Tappikken

BPE 2.2

Die Schülerinnen und Schüler erweitern ihre Reflexionsfähigkeit.

Die Schülerinnen und Schüler betrachten ihre interkulturellen Erfahrungen als Bereicherung, reflektieren diese und entwickeln Strategien zur Bewältigung von Situationen, die sie als fremd, anders oder ungewöhnlich empfinden. Sie erkennen, dass Interkulturelle Kompetenz nicht automatisch erworben wird, sondern, dass der Kompetenzerwerb einen lebenslangen Prozess darstellt, der während des gesamten Lebens Anwendung sowie Reflexion des Gelernten erfordert.

Vertiefte Reflexion der eigenen kulturellen Prägung
Kulturmosaik, Identität, kulturelle Brille
Strategien zum konstruktiven Umgang mit interkulturellen Erfahrungen (Wohnumfeld, Schule, Betriebspraktika und ähnliches)
eigene Critical Incidents: Entwicklung des Problembewusstseins mit Lösungsansätzen,
Interkulturelles Tagebuch

BPE 3

Haltungen

10

Die Schülerinnen und Schüler verstehen die Diversität ihrer Mitmenschen als positiv. Sie identifizieren und reflektieren eigene Wahrnehmungs‑, Denk- und Interaktionsmuster. Sie kennen eine dialogorientierte und partizipative Interaktion mit Menschen aus unterschiedlichen Kontexten und Kulturen und wenden diese - auch im beruflichen Handlungsrahmen - an.

BPE 3.1

Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mit Unterschieden und Gemeinsamkeiten auf verschiedenen Ebenen auseinander und reflektieren dabei Wahrnehmungsprozesse.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Soziometrische Übung: Aufstellung, Verkostung internationaler Süßigkeiten mit subjektivem Ranking des Wohlgeschmacks
Verständnis von Wahrnehmung
Wahrnehmungsprozess
Wahrnehmungsfilter
Stille Post mit Bildern
mögliche Wahrnehmungsfehler
Asch-Experiment
  • Beurteilungsfehler in der Personenwahrnehmung

Reflexion eigener Werte
Abgleich mit Shell-Studie, UN- vs. Banjul-Erklärung der Menschenrechte, Werteversteigerung, Werteranking
Fallarbeit:
Analyse konkreter Fälle
Wertkonflikt bei Priorisierung von Abläufen im Praktikum

BPE 3.2

Die Schülerinnen und Schüler erkennen eigene Denk- und Interaktionsmuster, wenden Perspektivwechsel an und verstehen, wie Ambiguität zu Unsicherheit führt. Sie können wertschätzend und respektvoll mit anderen agieren.

Wahrnehmungsrad:
Trennung von Beschreibung und Interpretation

Fallarbeit:
Analyse persönlicher Erfahrungen mit dem Anderssein von Personen im beruflichen und privaten Kontext
Verunsicherung durch andere Bezugssysteme des Gegenübers (kultureller Hintergrund, Wertesystem, Verhalten) bei Zusammenarbeit
Perspektivwechsel
Zeugen beschreiben einen Dieb
Entwicklung von Ambiguitätstoleranz
Albatros-Kultur, Bumm-Bumm-Boas

BPE 4

Empathische Interaktionsfähigkeit

15

Die Schülerinnen und Schüler erleben Kommunikation und Sprache als empathische Interaktion. Sie kennen ein Kommunikationsmodell und unterschiedliche Kommunikationsebenen.

BPE 4.1

Die Schülerinnen und Schüler lernen die Grundlagen von Kommunikation kennen, indem sie sich die Wirkung von verbalen, nonverbalen, paraverbalen und extraverbalen Faktoren bewusst machen.

Grundlagen der Kommunikation
Kommunikationsmodell

Sender-Empfänger-Modell nach Shannon/Weaver, Vier-Ohren-Modell nach Schulz von Thun, Organonmodell nach Bühler, Axiome nach Watzlawick
Kommunikationsebenen:
verbale, nonverbale, paraverbale, extraverbale Ebene
Sprache
Mimik, Gestik
Prosodie, Lautstärke, Pausen, stimmliche Laute
Kontext der Kommunikation: Kleidung, Körperduft, Tattoos, Ort, Zeitpunkt
Wirkung von Kommunikation

Gespräch mit Nonsens-Inhalten
unterschiedliche Sprachen vergleichen

BPE 4.2

Die Schülerinnen und Schüler entwickeln ein Bewusstsein für eine offene Gesprächsatmosphäre und lernen die Gelingensfaktoren von Kommunikation kennen. Sie wenden diese Faktoren an. Dabei werden kulturelle, persönliche und situationsadäquate Zusammenhänge erkannt und beachtet. Die Schülerinnen und Schüler lernen, dass nicht jede kritische Situation mit kulturellen Aspekten erklärbar ist.

Linguistic Awareness of Cultures-Ansatz nach
Müller-Jacquier: Bedeutung von Sprachaspekten in der interkulturellen Kommunikation
unterschiedliche Wortbedeutungen, Sprachregister, direkter vs. indirekter Kommunikationsstil, paraverbale Faktoren
KPS-Modell nach Wolf Rainer Leenen und Harald Grosch / Elke Bosse
Kultur, Person und Situation

BPE 4.3

Die Schülerinnen und Schüler sind in der Lage, auf die Bedürfnisse, Meinungen und Emotionen der Gesprächspartner einzugehen. Sie können eigene Anliegen kommunizieren.

Entwicklung von Empathie
Meli-Melo
Simulation
Stadtplanspiel

Zeit für Leistungsfeststellung

10

70

80


Fußleiste