Suchfunktion

1. Leitgedanken zum Kompetenzerwerb

1.1 Bildungswert des Faches

Die Geologie beschäftigt sich als Teildisziplin der Geowissenschaften mit dem Aufbau, den Strukturen und Prozessen der Erdkruste und des Erdinnern sowie dem System Erde. Sie erforscht die Zusammensetzung und innere Struktur von Gesteinen. Bei endogenen und exogenen geologischen Prozessen, zum Beispiel Vulkanausbrüchen oder Erdbeben sowie bei der Nutzung von Georessourcen durch den Menschen, liefert die Geologie naturwissenschaftliche Grundlagen. Aus der Erforschung der erdgeschichtlichen Vergangenheit können Geologen das Wissen für ein Verständnis der komplexen und dynamischen Prozesse unserer Erde und damit für eine nachhaltige Entwicklung des Systems Erde liefern.
Zentrales Ziel des Geologieunterrichts ist die Entwicklung systemischen Denkens auf der Basis geologischer Kompetenzen. Systemische Kompetenz umfasst die Fähigkeit, komplexe Wirklichkeitsbereiche als Systeme zu verstehen, zu rekonstruieren und zu modellieren und auf der Basis der Modellierung Erklärungen zu geben, Prognosen zu treffen und Handlungsmöglichkeiten zu entwerfen und zu beurteilen.
Im Fokus des Geologieunterrichts stehen folgende grundlegenden Fragestellungen:

  • Wie kann mit chemisch-physikalischen Untersuchungs- und Messmethoden der Aufbau und die Entstehung der Gesteine erklärt werden?
  • Welche Erklärungen gibt es für die Entstehung der Gebirge und für die Dynamik der Erdkruste und des Erdinnern?
  • Wie ist die Genese der Landschaften in Baden-Württemberg zu erklären?
  • Welche Georessourcen, zum Beispiel mineralische Rohstoffe, Wasser- oder Energieressourcen, können genutzt werden?
  • Welche Erkenntnisse kann geologisches Wissen über die Vulnerabilität von Räumen bereitstellen?
  • Welche Bedeutung und Auswirkungen haben geologische Prozesse im System Erde, zum Beispiel beim Klimawandel?

Beitrag des Faches zu den Leitperspektiven

Zu den Leitperspektiven leistet das Fach Geologie folgende Beiträge:

  • Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
    Im Fokus des geologischen Beitrags zur Bildung für nachhaltige Entwicklung im Rahmen der demokratischen Gesellschaft steht die Handlungskompetenz im System Mensch-Erde auf der Grundlage geologischer Kompetenzen. Durchgängig werden in den Standards für die inhaltsbezogenen Kompetenzen die Bedeutung und Gefährdungen einer nachhaltigen Entwicklung genauso thematisiert wie damit verbundene Kriterien, Werte, Normen, Mitwirkungs- und Teilhabemöglichkeiten.
  • Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt (BTV)
    Durch den konstruktiven Umgang mit vielfältigen Vorstellungen bei der Nutzung von Georessourcen fördert der Geologieunterricht die Kompetenzen zur Konfliktbewältigung und zum Interessenausgleich.
  • Prävention und Gesundheitsförderung (PG)
    Mit der Sensibilisierung für mögliche Gefährdungen und der Beachtung von Unfallschutzvorschriften im Rahmen von Praktika und bei Exkursionen leistet die Geologie einen wichtigen Baustein zur Prävention. Die Auseinandersetzung beispielsweise mit den Gefährdungen durch Erdbeben und Vulkanismus sowie mit einer verantwortungsvollen Verwendung der Georessourcen zielt auf die grundlegende Stärkung von Lebenskompetenzen sowie allgemein förderlicher Lebensbedingungen. Dies sind auch wichtige Voraussetzungen, um sich im eigenen Handeln als selbstwirksam zu erleben.
  • Berufliche Orientierung (BO)
    Betriebserkundungen und die damit verbundenen Informationen über Berufe mit geologischem Bezug sowie die Beschäftigung mit Themen der angewandten Geologie fördern fachspezifische Zugänge zur Arbeits- und Berufswelt.
  • Medienbildung (MB)
    Kritische Medienanalysen, die Reflexion sowie die Kommunikation von Information und Wissen sind ein zentraler Bestandteil des Geologieunterrichts. Dazu gehört auch die Produktion von Medien zu geologischen Sachverhalten und deren Präsentation. Darüber hinaus werden informationstechnische Grundlagen entwickelt.
  • Verbraucherbildung (VB)
    Der Umgang mit Georessourcen im Zusammenhang mit den Bedürfnissen und Konsumwünschen unserer Gesellschaft ist ein wichtiger Aspekt geologischer Fragestellungen. In diesem thematischen Kontext entwickeln die Schülerinnen und Schüler im Geologieunterricht Kompetenzen für ein auf ökonomische, ökologische und soziale Verantwortung zielendes Konsumverhalten.

1.2 Kompetenzen

Der Geologieunterricht fördert durch die Auseinandersetzung mit geowissenschaftlichen Fragestellungen die Entwicklung fachspezifischer und fächerübergreifender prozessbezogener sowie inhaltsbezogener Kompetenzen.

Prozessbezogene Kompetenzen

Die geologiespezifischen prozessbezogenen Kompetenzen entwickeln die geographischen prozessbezogenen Kompetenzen weiter.
Im Zentrum der angestrebten geologischen Kompetenzentwicklung steht die lösungsorientierte Handlungskompetenz. Die angestrebte Entwicklung prozessbezogener Kompetenzen reicht daher vom Erkennen mit der Orientierungs- und Analysekompetenz, dem Bewerten mit der Beurteilungskompetenz bis hin zum Handeln mit der Handlungs- und Methodenkompetenz.
Die Schülerinnen und Schüler lernen, sich geologisch mit Beobachtungen und der Auswertung von Karten auf lokaler, regionaler und globaler Ebene zu orientieren. Im Unterricht erweitern sie ihre im Fach Geographie erworbene Orientierungskompetenz sukzessive hin zu einer geologisch-systemischen Orientierungskompetenz.
Die Schülerinnen und Schüler werden mit der Analysekompetenz befähigt, Räume in ihren geologischen Strukturen und Prozessen systemisch zu erfassen, zu vergleichen und Entwicklungen zu erkennen.
Die individuelle Entwicklung der Urteilskompetenz ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, geologische Strukturen und Prozesse in ihren Wechselwirkungen mit anderen Komponenten des Systems Erde sowie unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit zu bewerten.
Schließlich sind die Schülerinnen und Schüler in der Lage, durch die individuelle Verbesserung ihrer Handlungskompetenz auf der Grundlage ihrer geologischen Fachkompetenz entsprechend den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung zu handeln.
Systematisch werden im Geologieunterricht die geographischen Methodenkompetenzen weiterentwickelt. Dazu zählen:

  • die Fähigkeit, geologische Informationsmaterialien fragengeleitet problem‑, sach- und zielgerichtet zu analysieren und mit digitalen Medien darzustellen
  • die Fähigkeit, durch die Analyse von Experimenten sowie im Rahmen von Erkundungen und Exkursionen Informationen mithilfe geologischer Methoden zu gewinnen
  • der transfer- und erkenntnisorientierte Umgang mit theoretischen Modellen als Teil der wissenschaftspropädeutischen empirischen Erkenntnisgewinnung
  • die Fähigkeit, geologische Sachverhalte mithilfe geeigneter Medien darzustellen

Inhaltsbezogene Kompetenzen

Im Geologieunterricht entwickeln die Schülerinnen und Schüler durch die intensive Auseinandersetzung mit der Bedeutung der Geologie im System Erde, geologischen Prozessen, der Geologie Baden-Württembergs und der angewandten Geologie ihre geologischen Kompetenzen. Die den inhaltsbezogenen Kompetenzen zugeordneten Arbeitsbegriffe gehen dabei in den aktiven Wortschatz der Schülerinnen und Schüler über. Ausgehend von diesen Voraussetzungen können die Schülerinnen und Schüler durch die intensive Auseinandersetzung mit geologischen Fragestellungen

  • die systemischen Vernetzungen im Bereich der Geosphäre als Grundprinzip der Geowissenschaften beschreiben
  • Folgen geologischer Ereignisse für das System Erde erläutern
  • erklären, welche Bedeutung geologische Prozesse für das Klima haben
  • Bestandteile und Merkmale sowie die Entstehung typischer Gesteine erklären
  • ausgehend vom Konzept der Plattentektonik Prozesse der Gebirgsbildung grundlegend erklären
  • die Erdgeschichte und die Landschaftsgenese Südwestdeutschlands erläutern
  • die Bedeutung vorhandener Georessourcen unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit erläutern
  • die Vulnerabilität von Räumen, Verkehrswegen und Bauvorhaben durch geologische Risiken erklären

1.3 Didaktische Hinweise

Im Geologieunterricht kommt wie im Fach Geographie der Entwicklung systemischer Kompetenz und dem Umgang mit Komplexität eine zentrale Rolle zu. Die Schülerinnen und Schüler werden ausgehend von aktuellen geologischen Fragestellungen motiviert, durch

  • konkrete geologische Beobachtungen in der Umgebung der Schule
  • geländeorientiertes Arbeiten sowie
  • Experimente

sich wissenschaftspropädeutisch mit geologischen Forschungsergebnissen, Modellen und Theorien auseinanderzusetzen. Dabei integriert der Geologieunterricht Erkenntnisse und Methoden aus anderen Fächern wie Geographie, Physik, Chemie, Biologie, Naturwissenschaft und Technik sowie Informatik.
Ausgangspunkt des Unterrichts ist ein klares Erfassen von Sachverhalten, die Formulierung von Hypothesen und Modellvorstellungen und daraus resultierenden Vorhersagen, die durch weitere Beobachtungen und Experimente überprüft werden können. Mit der Geländebeobachtung und den geologiespezifischen Arbeitsweisen werden technisch-analytische Denkweisen verknüpft. Ein entscheidender Faktor dabei ist die Reduzierung von komplexen Naturerscheinungen auf beschreibbare und experimentell erfassbare Problemkreise.
Wie keine andere Naturwissenschaft hat die Geologie die Möglichkeit, viele ihrer zentralen Fragen in unmittelbarer Anschauung zu stellen, zu diskutieren und zu klären und so einen induktiven Zugang zum Fach zu vermitteln.

Die notwendige Bandbreite der Arbeitsweisen und Arbeitstechniken im Fach Geologie verdeutlichen folgende Anforderungen:

  • grundlegende Fertigkeiten in der Anwendung und Interpretation von geologischen Karten und der Nutzung anderer Hilfsmittel, um sich im Gelände bei Erkundungen und Exkursionen räumlich orientieren zu können (auch mithilfe von GPS)
  • Fertigkeiten zum Einsatz experimenteller Arbeitsweisen und Verfahren, um Vorgänge und Situationen analysieren und simulieren zu können
  • Fähigkeiten und Fertigkeiten zur reflektierten Nutzung verbaler, bildhafter, quantitativer und symbolischer Informationsquellen, um geologische und geowissenschaftliche Informationen gewinnen, verarbeiten, dokumentieren, präsentieren und bewerten zu können
  • Fähigkeiten zum Einbringen von Medien und Methoden beim interdisziplinären Arbeiten, um Situationen aus geologischer Sicht mehrperspektivisch wahrnehmen und differenzierte Lösungsansätze finden zu können

Die zu erwerbenden Kompetenzen gehen weit über die Inhalte der Geologie hinaus: Es geht um konkretes Einüben naturwissenschaftlicher Forschungsmethoden und Denkweisen. Eine besondere Bedeutung hat das Denken in großen zeitlichen und räumlichen Dimensionen.



Fußleiste