Suchfunktion
Filter
1. Leitgedanken zum Kompetenzerwerb
Die naturwissenschaftliche Bildung stellt einen bedeutsamen Teil der Allgemeinbildung dar. Kinder und Jugendliche erwerben während ihrer Schulzeit eine naturwissenschaftliche Grundbildung, die das Fundament für eine lebenslange Auseinandersetzung mit den Naturwissenschaften und ihren gesellschaftlichen, technischen und ethisch-moralischen Auswirkungen darstellt. Diese Grundbildung umfasst das Erkennen naturwissenschaftlicher Fragestellungen, das Anwenden naturwissenschaftlichen Wissens sowie das Abschätzen der Folgen menschlichen Handelns. Daraus ergibt sich die Möglichkeit einer reflektierten und aktiven Teilhabe am Leben in einer sich stetig verändernden Welt.
1.1 Bildungswert des Faches Chemie
Chemie ist in unserem Leben allgegenwärtig: Die biologischen Funktionen unseres Körpers beruhen auf chemischen Reaktionen. Wir sind von Stoffen umgeben, deren Nutzung für uns alltäglich und selbstverständlich ist. Zum Verständnis unserer Umwelt sowie der unbelebten und belebten Natur trägt chemisches Wissen maßgeblich bei und ermöglicht so eine bewusste und reflektierte Lebensweise.
Die Naturwissenschaft Chemie untersucht den Zusammenhang zwischen Aufbau und Eigenschaften von Stoffen sowie die chemischen Reaktionen, die zum Entstehen neuer Stoffe mit neuen Eigenschaften führen. Die Nutzung dieser Kenntnisse führt zur Entwicklung und Herstellung von Produkten, die uns im Alltag begleiten. Forschung und stetige Innovation helfen, die wirtschaftlichen Grundlagen gesellschaftlichen Lebens und den Lebensstandard jedes Einzelnen zu sichern und weiter zu entwickeln. Dabei helfen Anwendungen chemischer Forschung unter anderem bei der Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen, dem Ausbau der Mobilität sowie dem medizinischen Fortschritt und der Gesunderhaltung.
Chemische Forschung ist stets auch im historischen Kontext zu betrachten. Deren Ergebnisse wurden sowohl zum Schaden als auch zum Wohle der Menschheit und der Umwelt eingesetzt. Dadurch erlangt die Chemie eine ethisch-moralische Dimension.
Im Chemieunterricht werden Aufbau und Eigenschaften von Stoffen sowie chemische Reaktionen untersucht. Dabei trägt die Verknüpfung der Denk- und Arbeitsweisen der Naturwissenschaft Chemie mit inhaltlichen Kompetenzen zur Ausbildung einer naturwissenschaftlichen Grundbildung bei. Auf diese Weise sind die Schülerinnen und Schüler befähigt, Phänomene im Alltag wahrzunehmen, einzuordnen und diese mit dem im Unterricht erworbenen Wissen zu verknüpfen.
Beitrag des Faches zu den Leitperspektiven
In welcher Weise das Fach Chemie einen Beitrag zu den Leitperspektiven leistet, wird im Folgenden dargestellt:
- Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE)
Wichtiges Ziel des Chemieunterrichts ist es, auf Basis der im Unterricht auszubildenden Kompetenzen an der Erziehung zum mündigen Bürger mitzuwirken und zu verantwortungs- und umweltbewusstem Handeln anzuregen. Dabei sind sowohl der ressourcenschonende Umgang mit Stoffen als auch die Nutzung und Bereitstellung von Energie zentrale Themen des Chemieunterrichts. Die Auswirkungen des menschlichen Handelns auf die Umwelt bei der Herstellung, Nutzung und Verwertung von Stoffen sowie der Bereitstellung von Energie werden kritisch im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung reflektiert.
- Prävention und Gesundheitsförderung (PG)
Kenntnisse über das Gefahrenpotenzial von Stoffen tragen zum sicheren Umgang mit diesen sowohl im schulischen wie auch außerschulischen Bereich bei. Das Wissen um die Wirkung von Stoffen auf Organismen und Ökosysteme eröffnet damit individuelle Handlungsperspektiven im Sinne der Leitperspektive Prävention und Gesundheitsförderung. Die spezifischen Arbeitsweisen des Chemieunterrichts können die Selbstregulation, das selbstständige und kooperative Lernen sowie die Team- und Kommunikationsfähigkeit junger Menschen im Sinne dieser Leitperspektive fördern.
- Berufliche Orientierung (BO)
Durch das fachpraktische Arbeiten im Chemieunterricht können die Schülerinnen und Schüler Interesse an der Naturwissenschaft Chemie entwickeln und gegebenenfalls ihre individuellen Stärken erkennen. Das Nachvollziehen von Erkenntniswegen der Chemie im Unterricht führt bei den Schülerinnen und Schülern zu ersten Vorstellungen von einem Beruf in der chemischen Forschung. Im Chemieunterricht und bei Exkursionen an außerschulische Lernorte werden auch anwendungsbezogene chemische Berufsfelder vorgestellt. Auf diese Weise kann der Chemieunterricht einen Beitrag zur beruflichen Orientierung leisten.
- Medienbildung (MB)
Der Chemieunterricht ermöglicht den Einblick in den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik und erlaubt die Bewertung von Aussagen über naturwissenschaftliche Zusammenhänge in Medien. Sowohl bei der Erarbeitung von fachlichen Inhalten als auch bei der Präsentation von Arbeitsergebnissen greifen die Schülerinnen und Schüler im Chemieunterricht auf die verschiedensten Medien zurück und üben so den Umgang mit diesen.
- Verbraucherbildung (VB)
Das im Chemieunterricht erlangte Wissen über den Nutzen und das Gefahrenpotenzial von Stoffen für Mensch und Umwelt sowie über die Auswirkungen der Gewinnung und Verarbeitung von Stoffen auf die Natur sensibilisiert die Schülerinnen und Schüler für ein verantwortungsvolles Konsumverhalten im Alltag. Zugleich fördert fundiertes chemisches Wissen die kritische Auseinandersetzung mit Aussagen in Werbung, Marketing und Produktgestaltung und ermöglicht so ein selbstbestimmtes Verbraucherverhalten.
1.2 Kompetenzen
Unsere Gesellschaft unterliegt einem raschen technologischen, sozialen und kulturellen Wandel, der das Leben aller Menschen beeinflusst. Die Kompetenzorientierung ermöglicht es, die Schülerinnen und Schüler auf Veränderungen und zukünftige Fragestellungen vorzubereiten, die wir zum Teil heute noch nicht kennen. Der Bildungsplan für den Chemieunterricht zielt daher auf das Verständnis grundlegender chemischer Konzepte, Modelle und Zusammenhänge. Im Chemieunterricht erwerben und vertiefen die Schülerinnen und Schüler deshalb inhaltsbezogene und prozessbezogene Kompetenzen. Diese bauen spiralcurricular auf den chemischen Aspekten des Fächerverbundes Biologie, Naturphänomene und Technik (BNT) auf.
Prozessbezogene Kompetenzen
Die prozessbezogenen Kompetenzen gliedern sich in die Teilbereiche:
- Erkenntnisgewinnung in der Naturwissenschaft Chemie
- Kommunikation bezüglich chemischer Sachverhalte und Fragestellungen
- Bewertung gesellschaftlicher und ökologischer Zusammenhänge mithilfe chemischen Fachwissens
Die Bedeutung der prozessbezogenen Kompetenzen geht über die Grenzen des Faches Chemie hinaus und wirkt in die anderen Naturwissenschaften sowie in gesellschaftliche Bereiche hinein.
Inhaltsbezogene Kompetenzen
Die inhaltsbezogenen Kompetenzen beruhen in der Sekundarstufe I auf den von der Kultusministerkonferenz (KMK) formulierten Basiskonzepten für das Fach Chemie. Sie sind in die beiden Bereiche Stoff – Teilchen – Struktur – Eigenschaften und Chemische Reaktion gegliedert.
Zu den in der Grafik dargestellten Teilbereichen sind Standards formuliert, die übergeordnete Ergebnisse des Lernens beschreiben und die Grundlage für die schulischen Curricula darstellen.
Im Chemieunterricht bis zum Ende der Klasse 10 wird durch einen nachhaltigen und anschlussfähigen Kompetenzerwerb die Grundlage für den Übergang in eine berufliche Ausbildung oder einen möglichen Übergang in die Oberstufe gelegt.
Inhaltsbezogene Kompetenzen werden im Unterricht gemeinsam mit prozessbezogenen Kompetenzen erworben.
1.3 Didaktische Hinweise
Der Unterricht ist thematisch und methodisch so anzulegen, dass alle Schülerinnen und Schüler im Laufe des Chemieunterrichts geeignete Lerngelegenheiten erhalten, um inhalts- und prozessbezogenen Kompetenzen nachhaltig zu erwerben. Dabei werden in geeigneten Unterrichtssequenzen aus dem Blickwinkel des Faches Chemie Bezüge zu den entsprechenden Leitperspektiven des Bildungsplans hergestellt. Hierzu plant die Lehrkraft einen spiralcurricularen Unterrichtsgang.
Im Chemieunterricht erfolgt der Kompetenzaufbau unter fachsystematischen und lebensweltbezogenen Aspekten und bezieht die Alltags- und Vorerfahrungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler mit ein. Dies setzt seitens der Lehrkraft die Kenntnis von Präkonzepten ihrer Lernenden voraus. Ein sinnvoller Wechsel von fragend-entwickelndem Unterricht und schülerzentriertem Unterricht mit Einzel- und Gruppenarbeit, aufgabengeleitete Schüleraktivierung, Diagnose sowie Selbstdiagnose und daraus resultierende differenzierte Lernangebote sind Merkmale des Chemieunterrichts in heterogenen Lerngruppen. Kompetenzen werden durch sinnvolles Üben und Anwenden auf neue Kontexte dauerhaft gefestigt. Dabei wird das selbstständige und kooperative Lernen der Schülerinnen und Schüler zunehmend entwickelt.
Naturwissenschaftliche Denk- und Arbeitsweisen werden im Chemieunterricht weiterentwickelt, vertieft und geübt. Ausgangspunkt hierfür ist die Begeisterung der Schülerinnen und Schüler für chemische Phänomene und für das selbstständige Experimentieren. Dabei führt das Beobachten von Phänomenen zu Fragestellungen, die mithilfe fachspezifischer Methoden bearbeitet und erklärt werden.
Im Chemieunterricht wird eine Experimentalkultur gepflegt: Auf der Grundlage von Fragestellungen werden Experimente bewusst geplant, praktisch durchgeführt und ausgewertet. Sie werden je nach didaktischer Zielsetzung und Beurteilung ihres Gefährdungspotenzials von der Lehrkraft oder von den Schülerinnen und Schülern durchgeführt. Schülerexperimente sollen im Unterricht angemessen berücksichtigt werden, da diese auch den Teamgeist und die Kommunikationsfähigkeit fördern. Die Regeln des sicheren Experimentierens und die Vorschriften im Umgang mit Gefahrstoffen werden konsequent eingehalten. Die Erziehung zum verantwortungsvollen und sicheren Umgang mit Gefahrstoffen ist ein wichtiges Ziel des Unterrichts im Fach Chemie.
Charakteristisch für den Chemieunterricht ist das Denken auf zwei Ebenen – der Stoff- und der Teilchenebene. Dieses Denken wird auf verschiedenen Abstraktionsniveaus im Unterricht entwickelt und durch den Einsatz von Modellen unterstützt. Durch die Entwicklung zunächst einfacher, später zunehmend abstrakt werdender Modellvorstellungen können zuvor nur phänomenologisch betrachtete Sachverhalte auf der Teilchenebene erklärt werden. Insbesondere am Beispiel von Atom- und Bindungsmodellen ist bereits bis zum Ende der Klasse 10 ein vertieftes Verständnis vom Wesen naturwissenschaftlicher Modelle vorhanden.
Ausgehend von der Alltagssprache und den Vorkenntnissen verwenden die Schülerinnen und Schüler zunehmend eine Fachsprache mit passenden Fachbegriffen, die entwicklungs- und niveaugemäß so anzulegen ist, dass der Lernprozess gefördert wird. Dies erfolgt in Abstimmung mit allen naturwissenschaftlichen Fächern.
Die Informationsbeschaffung mittels verschiedener Medien (Information und Wissen) sowie die Darstellung von Ergebnissen mithilfe des Computers (Produktion und Präsentation) stärken die Medienkompetenz und tragen zur eigenständigen Erschließung und zur Vernetzung des Wissens bei. Durch den Besuch außerschulischer Lernorte erleben die Schülerinnen und Schüler die Anwendung chemischer Arbeitsweisen und erhalten Perspektiven für ihre berufliche Orientierung.