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1. Leit­ge­dan­ken zum Kom­pe­ten­z­er­werb

1.1 Bil­dungs­wert des Fa­ches Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­leh­re

Re­li­giö­se Bil­dung in der plu­ra­len Ge­sell­schaft

Schü­le­rin­nen und Schü­ler ste­hen heu­te und in Zu­kunft vor den Her­aus­for­de­run­gen ei­ner im­mer kom­ple­xer wer­den­den Welt. Sie sind kon­fron­tiert mit den öko­lo­gi­schen Gren­zen un­se­res Pla­ne­ten, mit un­ge­rech­ter Res­sour­cen­ver­tei­lung und zu­neh­men­der Öko­no­mi­sie­rung al­ler Le­bens­be­rei­che, mit den Mög­lich­kei­ten und Ge­fah­ren ei­ner glo­ba­li­sier­ten und di­gi­ta­li­sier­ten Welt, mit Pro­ble­men des de­mo­gra­fi­schen Wan­dels in un­se­rer Ge­sell­schaft so­wie mit wach­sen­der Plu­ra­li­sie­rung und In­di­vi­dua­li­sie­rung.

Um die­se Her­aus­for­de­run­gen be­stehen zu kön­nen, sind Schü­le­rin­nen und Schü­ler auf Ori­en­tie­rung an­ge­wie­sen. Schu­li­sche Bil­dung und Er­zie­hung, an der auch der Re­li­gi­ons­un­ter­richt An­teil hat, will ih­nen Ori­en­tie­rung an­bie­ten, sie in ih­rer In­di­vi­dua­li­tät stär­ken und sie be­fä­hi­gen, in der Ge­sell­schaft Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men.

Re­li­gi­on als ein ei­ge­ner Zu­gang zur Wirk­lich­keit

Im Kon­text der PISA-Stu­die ver­weist der Er­zie­hungs­wis­sen­schaft­ler Jür­gen Baum­ert auf vier un­ter­schied­li­che Mo­di der Welt­be­geg­nung, das heißt vier un­ter­schied­li­che Zu­gän­ge, um Wirk­lich­keit zu ver­ste­hen. Ne­ben dem ma­the­ma­tisch-na­tur­wis­sen­schaft­li­chen, sprach­lich-äs­the­ti­schen und ge­sell­schaft­lich-po­li­ti­schen Zu­gang bie­ten Re­li­gi­on und Phi­lo­so­phie ei­ne ei­ge­ne Art der Welt­erschlie­ßung. Sie stel­len Grund­fra­gen des Mensch­seins, die vor al­lem mit den Fra­gen nach dem Sinn des Le­bens, nach dem Wo­her, Wo­zu und Wo­hin ver­bun­den sind. Kei­ner die­ser vier Mo­di der Welt­be­geg­nung be­zie­hungs­wei­se Welt­an­eig­nung ist ver­zicht­bar, son­dern sie er­gän­zen sich wech­sel­sei­tig zu ei­nem ganz­heit­li­chen Ver­ständ­nis von Wirk­lich­keit. Un­ter Be­zug­nah­me auf die­sen bil­dungs­theo­re­ti­schen An­satz for­mu­lie­ren die deut­schen Bi­schö­fe: „Re­li­gi­on er­öff­net ei­nen ei­ge­nen Zu­gang zur Wirk­lich­keit, der durch kei­nen an­de­ren Mo­dus der Welt­erfah­rung er­setzt wer­den kann.“ (Die deut­schen Bi­schö­fe: Der Re­li­gi­ons­un­ter­richt vor neu­en Her­aus­for­de­run­gen. Bonn 2005, S. 7) Re­li­giö­se Bil­dung von Schü­le­rin­nen und Schü­lern ist vor die­sem Hin­ter­grund ein un­er­läss­li­cher Teil der All­ge­mein­bil­dung in ei­ner mo­der­nen plu­ra­len Ge­sell­schaft.

Glau­bens­wis­sen als le­bens­be­deut­sa­mes Ori­en­tie­rungs­wis­sen

Schü­le­rin­nen und Schü­ler wer­den im Re­li­gi­ons­un­ter­richt be­fä­higt, Wirk­lich­keit in ih­rem Be­zug auf Tran­szen­denz zu re­flek­tie­ren. Sie ler­nen vor dem Hin­ter­grund ih­rer je ei­ge­nen Er­fah­run­gen nach Gott zu fra­gen, sich in Be­zug auf re­li­giö­se Fra­ge­stel­lun­gen zu po­si­tio­nie­ren und ethi­sche Ent­schei­dun­gen auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung des christ­li­chen Men­schen­bil­des zu tref­fen. Hier­zu ist es not­wen­dig, struk­tu­rier­tes und le­bens­be­deut­sa­mes Grund­wis­sen über den Glau­ben der Kir­che zu er­wer­ben (Die deut­schen Bi­schö­fe: Der Re­li­gi­ons­un­ter­richt vor neu­en Her­aus­for­de­run­gen, Bonn 2005, S. 18–23) und um die kul­tur­prä­gen­de Wir­kung von Re­li­gi­on zu wis­sen. Schü­le­rin­nen und Schü­ler ler­nen des­halb im Ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt zen­tra­le In­hal­te so­wie For­men ge­leb­ten christ­li­chen Glau­bens zu re­flek­tie­ren und zu ver­ste­hen. Sie set­zen sich mit As­pek­ten des Chris­ten­tums in sei­nen ge­schicht­li­chen und kon­fes­sio­nel­len Aus­prä­gun­gen aus­ein­an­der. Sie be­geg­nen eben­so an­de­ren Re­li­gio­nen und Welt­an­schau­un­gen, ent­de­cken de­ren Ge­schich­te und Tra­di­tio­nen und er­ken­nen, wie Re­li­gio­nen Kul­tu­ren und Ge­sell­schaf­ten ge­prägt ha­ben und prä­gen.

Die­ser Bil­dungs­pro­zess zielt auf Iden­ti­tät und Mün­dig­keit der Schü­le­rin­nen und Schü­ler und auf ge­lin­gen­des Zu­sam­men­le­ben in so­li­da­ri­scher Ver­ant­wor­tung. Er ist im­mer ein Pro­zess der Selbst­bil­dung, in dem sich per­so­na­le Frei­heit ver­wirk­licht, die in christ­li­cher Deu­tung ih­ren un­ver­füg­ba­ren Grund in Gott hat.

Des­halb ist der Er­werb von Glau­bens­wis­sen nicht Selbst­zweck, son­dern dient der Ori­en­tie­rung und Per­sön­lich­keits­bil­dung der Schü­le­rin­nen und Schü­ler. Im Mit­tel­punkt des Re­li­gi­ons­un­ter­richts steht der Mensch, des­sen Le­ben ge­lin­gen soll. Der Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt weiß sich der da­her auch der In­k­lu­si­on ver­pflich­tet.

Re­li­giö­se Bil­dung als Bei­trag zu ei­ner hu­ma­nen Ge­sell­schaft

Re­li­giö­ser Bil­dung kommt ei­ne wich­ti­ge kri­ti­sche Funk­ti­on als Bei­trag zu ei­ner Hu­ma­ni­sie­rung von Bil­dung und Ge­sell­schaft zu. Die­se ba­siert auf der Tra­di­ti­on des pro­phe­ti­schen Ein­spruchs, auf den Vi­sio­nen der Reich-Got­tes-Bot­schaft vom wah­ren und er­füll­ten Le­ben und auf der Zu­sa­ge der Gott­eben­bild­lich­keit je­des Men­schen. An­ge­sichts der im christ­li­chen Men­schen­bild ver­an­ker­ten un­ver­füg­ba­ren Wür­de je­des Men­schen hin­ter­fragt der Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt Denk- und Hand­lungs­an­sät­ze, die die­se Wür­de in Fra­ge stel­len, weil sie zum Bei­spiel den Men­schen al­lein über sei­ne Leis­tung de­fi­nie­ren.

Kri­tisch be­fragt wer­den auch Er­schei­nungs­for­men miss­ver­stan­de­ner und miss­brauch­ter Re­li­gi­on. Hier über­nimmt der Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt wich­ti­ge Auf­klä­rungs­ar­beit. Er trägt da­zu bei, dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ei­ne „kon­flikt­fä­hi­ge Ich-I­den­ti­tät“ (Grund­la­gen­plan für den Ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt in der gym­na­sia­len Ober­stu­fe/Se­kun­dar­stu­fe II 2003, S. 35) aus­bil­den, ei­nen ei­ge­nen Stand­punkt ge­gen­über an­de­ren Men­schen und In­sti­tu­tio­nen be­grün­det ver­tre­ten kön­nen und be­reit wer­den, Ver­ant­wor­tung für sich und in der Ge­sell­schaft zu über­neh­men.

Der Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt er­mög­licht Kin­dern und Ju­gend­li­chen, die Ver­gan­gen­heit und die ge­gen­wär­ti­ge kul­tu­rel­le Si­tua­ti­on zu ver­ste­hen und ge­won­ne­ne Er­kennt­nis­se in die Zu­kunfts­ge­stal­tung mit ein­zu­brin­gen. Dies gilt ins­be­son­de­re für den Dia­log der Kon­fes­sio­nen, Re­li­gio­nen und Welt­an­schau­un­gen. Da­mit ver­pflich­tet sich das Fach Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­leh­re, die Kom­pe­tenz­ent­wick­lung der Schü­le­rin­nen und Schü­ler um­fas­send und ganz­heit­lich zu för­dern.

Bei­trag des Fa­ches Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­leh­re zu den Leit­per­spek­ti­ven

Der Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt leis­tet ei­nen ei­ge­nen Bei­trag zur Um­set­zung der all­ge­mei­nen Leit­per­spek­ti­ven des Bil­dungs­plans 2016:

  • Bil­dung für nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung (BNE)
    Im Ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt ler­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler die Ei­ne Welt in bi­bli­scher Per­spek­ti­ve als Got­tes Schöp­fung zu deu­ten, die dem Men­schen an­ver­traut ist und für die er ver­ant­wort­lich ist. Dies schließt – ins­be­son­de­re un­ter dem As­pekt der Ge­rech­tig­keit – ei­ne Sen­si­bi­li­tät für nach­hal­ti­ges und ge­rech­tes Wirt­schaf­ten, für ge­sell­schaft­li­che Teil­ha­be al­ler Men­schen so­wie für ein Frie­dens­en­ga­ge­ment ein.
  • Bil­dung für To­le­ranz und Ak­zep­tanz von Viel­falt (BTV)
    Ka­tho­li­scher Re­li­gi­ons­un­ter­richt macht be­wusst, dass je­dem Men­schen nach christ­li­cher Deu­tung sei­ne un­an­tast­ba­re Wür­de von Gott ge­ge­ben ist. Dies for­dert die Wert­schät­zung ei­nes je­den Men­schen, un­ab­hän­gig von sei­ner Her­kunft und Le­bens­form, Welt­an­schau­ung oder Re­li­gi­on.
  • Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heits­för­de­rung (PG)
    Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in ih­rer Per­sön­lich­keit zu stär­ken, ist ein zen­tra­les Ziel des Ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richts. Er un­ter­stützt sie in ih­rer Sen­si­bi­li­tät für ih­re kör­per­li­che, see­li­sche und geis­ti­ge Ge­sund­heit. Er mo­ti­viert sie zu ei­ner ge­sun­den Le­bens­wei­se und trägt da­zu bei, ih­re Resi­li­enz zu stär­ken und sich mit Le­bens­kri­sen aus­ein­an­der­zu­set­zen.
  • Be­ruf­li­che Ori­en­tie­rung (BO)
    Auch der Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt bie­tet den Schü­le­rin­nen und Schü­lern die Mög­lich­keit, ih­re Fä­hig­kei­ten und Be­ga­bun­gen zu ent­de­cken. Er er­mu­tigt sie da­zu, den Ho­ri­zont für die Ge­stal­tung des ei­ge­nen Le­bens­we­ges zu er­wei­tern und be­ruf­li­che Per­spek­ti­ven im Kon­text ei­nes sinn­erfüll­ten Le­bens und ent­ge­gen ei­ner öko­no­mi­schen Eng­füh­rung in den Blick zu neh­men.
  • Me­di­en­bil­dung (MB)
    Im Ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt er­wer­ben die Schü­le­rin­nen und Schü­ler Ori­en­tie­rungs­wis­sen, das sie be­fä­higt, Aus­wir­kun­gen der Me­di­en auf das ei­ge­ne Le­ben zu er­ken­nen und ei­nen ver­ant­wor­tungs­vol­len Um­gang mit ih­nen zu ent­wi­ckeln.
  • Ver­brau­cher­bil­dung (VB)
    Der Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt be­grün­det mit der Ka­tho­li­schen So­zi­al­leh­re ei­nen nach­hal­ti­gen Um­gang mit Res­sour­cen in der Ei­nen Welt. Vor die­sem Hin­ter­grund re­flek­tie­ren die Schü­le­rin­nen und Schü­ler auch, wel­che per­sön­li­chen und glo­ba­len Kon­se­quen­zen ihr Kon­sum­ver­hal­ten hat, und wer­den so zu ei­nem ver­ant­wor­tungs­be­wuss­ten Le­bens­stil her­aus­ge­for­dert.

Recht­li­che Grund­la­gen des Ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richts

Der Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt ist nach GG Art. 7, Abs. 3 der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und nach Art. 18 der Ver­fas­sung des Lan­des Ba­den-Würt­tem­berg or­dent­li­ches Lehr­fach, für das Staat und Kir­che ge­mein­sam Ver­ant­wor­tung tra­gen. Er wird ge­mäß dem Schul­ge­setz in Über­ein­stim­mung mit den Leh­ren und Grund­sät­zen der Ka­tho­li­schen Kir­che er­teilt (§ 96, Abs. 2 SchG).

Kon­fes­sio­na­li­tät des Re­li­gi­ons­un­ter­richts

Ka­tho­li­scher Re­li­gi­ons­un­ter­richt, für des­sen In­hal­te nach GG Art. 7, Abs. 3 die Ka­tho­li­sche Kir­che Ver­ant­wor­tung trägt, ist be­kennt­nis­ge­bun­den. Kon­fes­sio­nel­l-ko­ope­ra­ti­ver Re­li­gi­ons­un­ter­richt ge­mäß der Ver­ein­ba­rung zwi­schen der Erz­diö­ze­se Frei­burg, der Diö­ze­se Rot­ten­bur­g-S­tutt­gart, der Evan­ge­li­schen Lan­des­kir­che in Ba­den und der Evan­ge­li­schen Lan­des­kir­che in Würt­tem­berg ist ei­ne re­gel­haf­te Form des be­kennt­nis­ge­bun­de­nen Re­li­gi­ons­un­ter­richts.

Re­li­gi­ons­un­ter­richt und Schul­kul­tur

Vom Re­li­gi­ons­un­ter­richt ge­hen wich­ti­ge Im­pul­se für die Schul­kul­tur aus, zum Bei­spiel durch die Ge­stal­tung von Got­tes­diens­ten und Schul­fei­ern im Jah­res­lauf, durch den Auf­bau ei­ner schu­li­schen Ge­denk­kul­tur, durch Be­sin­nungs­ta­ge, So­zi­al­prak­ti­ka be­zie­hungs­wei­se So­zi­al­pro­jek­te, durch Re­geln und Ri­tua­le des Zu­sam­men­le­bens. In der Schu­le und über sie hin­aus ent­fal­tet der Re­li­gi­ons­un­ter­richt sei­ne Wir­kung, in­dem er die Ach­tung der Men­schen­wür­de, den To­le­ranz­ge­dan­ken und das En­ga­ge­ment für Frie­den, Ge­rech­tig­keit und Be­wah­rung der Schöp­fung im Sin­ne des Kon­zi­lia­ren Pro­zes­ses an zen­tra­len Stel­len the­ma­ti­siert und die Re­fle­xi­on über ei­ge­ne Ein­stel­lun­gen und Ver­hal­tens­wei­sen an­stößt.

1.2 Kom­pe­ten­zen

Vor dem Hin­ter­grund der hier be­schrie­be­nen Bil­dungs­zie­le im Fach Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­leh­re legt der kirch­lich ge­neh­mig­te Bil­dungs­plan 2016 den Rah­men für die Or­ga­ni­sa­ti­on, Pla­nung und Durch­füh­rung ei­nes kom­pe­tenz­ori­en­tier­ten Re­li­gi­ons­un­ter­richts fest. „Im ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt wer­den mit Kom­pe­ten­zen die Fä­hig­kei­ten und die ih­nen zu­grun­de lie­gen­den Wis­sens­be­stän­de be­zeich­net, die für ei­nen sach­ge­mä­ßen Um­gang mit dem christ­li­chen Glau­ben, an­de­ren Re­li­gio­nen und der ei­ge­nen Re­li­gio­si­tät not­wen­dig sind. Sie die­nen ge­mein­sam dem Er­werb per­sön­li­cher re­li­giö­ser Ori­en­tie­rungs­fä­hig­keit.“ (Die deut­schen Bi­schö­fe: Kirch­li­che Richt­li­ni­en zu Bil­dungs­stan­dards in den Jahr­gangs­stu­fen 5–10 / Se­kun­dar­stu­fe I (mitt­le­rer Bil­dungs­ab­schluss). Bonn, 2004, S. 15). Kön­nen und Wis­sen, In­hal­te und Fä­hig­kei­ten sind grund­sätz­lich mit­ein­an­der ver­schränkt und auf­ein­an­der be­zo­gen. Dem­entspre­chend weist der Bil­dungs­plan pro­zess­be­zo­ge­ne und in­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen aus, die nur in ih­rem wech­sel­sei­ti­gen Zu­sam­men­hang mit­ein­an­der zu ver­ste­hen sind.

Pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen

Pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen sind per­so­na­le und so­zia­le, kom­mu­ni­ka­ti­ve und re­fle­xi­ve so­wie äs­the­ti­sche und me­tho­di­sche Fä­hig­kei­ten, die sich die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in der Aus­ein­an­der­set­zung mit Re­li­gi­on im Lau­fe ih­res Schul­le­bens an­eig­nen sol­len. Sie be­zie­hen sich un­ter an­de­rem auf die Bil­dung der Per­sön­lich­keit und den Um­gang mit an­de­ren, auf Ver­fah­ren der Ge­win­nung, Ver­net­zung und Si­che­rung von Wis­sen, auf Stra­te­gi­en zur ei­ge­nen Pla­nung, Ge­stal­tung und Re­fle­xi­on von Lern­pro­zes­sen, auf ge­stal­te­ri­sche Fä­hig­kei­ten so­wie die An­wen­dung er­wor­be­nen Wis­sens und Kön­nens in Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Hand­lungs­si­tua­tio­nen. Pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen gel­ten über al­le Schul­jahr­gän­ge hin­weg. Als in­ten­tio­na­les Ziel des ge­sam­ten Bil­dungs­pro­zes­ses im Ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt be­schrei­ben sie ei­nen Kom­pe­tenz­ho­ri­zont. Sie sind des­halb be­wusst nicht nach Jahr­gangs­stu­fen un­ter­schie­den, son­dern den in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen al­ler Klas­sen als Ziel­vor­ga­be vor­an­ge­stellt. Von die­sem Ziel her ist der ge­sam­te Re­li­gi­ons­un­ter­richt zu den­ken, auf die­ses Ziel hin sol­len Kom­pe­ten­zen re­li­giö­ser Bil­dung sys­te­ma­tisch auf­ge­baut und nach­hal­tig ge­si­chert wer­den.

Die pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen zum Er­werb re­li­giö­ser Bil­dung knüp­fen an die ver­bind­li­chen Vor­ga­ben der Ka­tho­li­schen und der Evan­ge­li­schen Kir­che (vgl. db Nr. 78, 2004; EK­D-Tex­te 111, 2010; EPA Evan­ge­li­sche Re­li­gi­ons­leh­re 2006; EPA Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­leh­re 2006) so­wie der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz (KMK) an und sind um den As­pekt des in­ter­re­li­giö­sen Dia­logs er­wei­tert. Sie glie­dern sich in die fünf Kom­pe­tenz­be­rei­che:

  • Wahr­neh­men und Dar­stel­len (re­li­gi­ös be­deut­sa­me Phä­no­me­ne wahr­neh­men und be­schrei­ben)
  • Deu­ten (re­li­gi­ös be­deut­sa­me Spra­che und Zeug­nis­se ver­ste­hen und deu­ten)
  • Ur­tei­len (in re­li­giö­sen und ethi­schen Fra­gen be­grün­det ur­tei­len)
  • Kom­mu­ni­zie­ren (am re­li­giö­sen und in­ter­re­li­giö­sen Dia­log ar­gu­men­tie­rend teil­neh­men)
  • Ge­stal­ten (re­li­gi­ös be­deut­sa­me Aus­drucks- und Ge­stal­tungs­for­men re­flek­tiert ver­wen­den)

Je­der die­ser fünf Kom­pe­tenz­be­rei­che ist in meh­re­ren Teil­kom­pe­ten­zen kon­kre­ti­siert.

In­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen

In­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen be­schrei­ben die Fä­hig­kei­ten und Kennt­nis­se, die in­ner­halb der Klas­sen auf­bau­end er­wor­ben wer­den und nach­hal­tig zu si­chern sind, da­mit die in den pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen for­mu­lier­ten Zie­le er­reicht wer­den kön­nen.

An­knüp­fend an die sie­ben Di­men­sio­nen des Bil­dungs­plans 2004 be­nennt der Bil­dungs­plan 2016 schul­art­über­grei­fend für die in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen fol­gen­de Be­rei­che:

  • Mensch (1)
  • Welt und Ver­ant­wor­tung (2)
  • Bi­bel (3)
  • Gott (4)
  • Je­sus Chris­tus (5)
  • Kir­che (6)
  • Re­li­gio­nen und Welt­an­schau­un­gen (7).

Die Be­rei­che der in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen sind ver­ti­kal und ho­ri­zon­tal dif­fe­ren­ziert: ver­ti­kal nach den Klas­sen 5/6, den Klas­sen 7/8/9 und der Klas­se 10; ho­ri­zon­tal nach den drei Kom­pe­tenz­ni­veaus Grund­ni­veau (G), Mitt­le­res Ni­veau (M) und Er­wei­ter­tes Ni­veau (E).

Durch die ver­ti­ka­le Glie­de­rung wird der Kom­pe­tenz­auf­bau ver­deut­licht. Es wird aus­ge­wie­sen, was die Schü­le­rin­nen und Schü­ler im Ver­lauf der Schul­jah­re ler­nen, wie sie ih­re Kennt­nis­se, ih­re Wahr­neh­mungs‑, Re­fle­xi­ons- und Aus­drucks­fä­hig­keit so­wie prak­ti­sche Ur­teils­fä­hig­keit er­wei­tern.

Die For­mu­lie­run­gen der in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen fol­gen in den ge­nann­ten sie­ben Be­rei­chen für al­le Schul­ar­ten ei­ner ein­heit­li­chen for­ma­len Struk­tur: Die Kom­pe­tenz­be­schrei­bung be­steht aus drei Sät­zen; je­der der drei Sät­ze wird dar­un­ter in je­weils zwei Teil­kom­pe­ten­zen kon­kre­ti­siert. Al­le Kom­pe­tenz­for­mu­lie­run­gen ent­hal­ten im­mer nur ei­nen Ope­ra­tor. Ver­bind­li­che In­hal­te, mit de­nen sich die Schü­le­rin­nen und Schü­ler aus­ein­an­der­set­zen, sind ent­we­der di­rekt oder in Klam­mer be­nannt. Sind Hin­wei­se in Klam­mern mit „zum Bei­spiel“ ver­se­hen, so sind sie als Vor­schlag zu ver­ste­hen.

Die in­halts­be­zo­ge­nen Teil­kom­pe­ten­zen sind im ge­mein­sa­men Plan der Se­kun­dar­stu­fe I ho­ri­zon­tal in drei Ni­veaus un­ter­schie­den: Grund­ni­veau (G), Mitt­le­res Ni­veau (M) und Er­wei­ter­tes Ni­veau (E). Da­mit wer­den Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten je­des ein­zel­nen Schü­lers, je­der ein­zel­nen Schü­le­rin be­nannt und Dif­fe­ren­zie­rungs­mög­lich­kei­ten für die un­ter­richt­li­che Um­set­zung be­rück­sich­tigt.

Das Grund­ni­veau (G) um­fasst Kern­in­hal­te und ver­wen­det für die Kom­pe­tenz­be­schrei­bung ba­sa­le Ope­ra­to­ren. Im Mitt­le­ren Ni­veau (M) und Er­wei­ter­ten Ni­veau (E) sind die In­hal­te teil­wei­se aus­ge­wei­tet, zu­neh­mend auf Ver­knüp­fung an­ge­legt und die Kom­pe­ten­zen auch von den Ope­ra­to­ren her an­spruchs­vol­ler for­mu­liert.

In­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen ge­hen auf ei­ner ers­ten Ebe­ne in der Re­gel von der le­bens­welt­li­chen Per­spek­ti­ve der Schü­le­rin­nen und Schü­ler und de­ren Er­fah­rungs­ho­ri­zont aus (Satz 1). Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler neh­men ne­ben dem ei­ge­nen Le­ben Welt und Ge­sell­schaft in den Blick und bil­den die Fä­hig­keit aus, Phä­no­me­ne wahr­zu­neh­men und dar­zu­stel­len, die re­li­gi­ös ge­deu­tet wer­den kön­nen.

Auf der zwei­ten Ebe­ne (Satz 2) set­zen sich die Schü­le­rin­nen und Schü­ler mit In­hal­ten und As­pek­ten der christ­li­chen Glau­bens­über­lie­fe­rung be­zie­hungs­wei­se an­de­rer Re­li­gio­nen und Welt­an­schau­un­gen (Be­reich 7) aus­ein­an­der.

Die drit­te Ebe­ne (Satz 3) schließ­lich nimmt in den Blick, dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler – im schu­li­schen Kon­text – ler­nen, ei­ge­ne Ein­stel­lun­gen, Hal­tun­gen und Hand­lun­gen zu be­den­ken und in re­li­giö­sen und ethi­schen Fra­gen be­grün­det zu ur­tei­len. Sie ler­nen Per­spek­ti­ven für ei­ne ver­ant­wor­te­te Le­bens- und Glau­bens­ge­stal­tung zu ent­wi­ckeln, re­li­gi­ös be­deut­sa­me Aus­drucks- und Ge­stal­tungs­for­men re­flek­tiert zu ver­wen­den so­wie am re­li­giö­sen und in­ter­re­li­giö­sen Dia­log ar­gu­men­tie­rend teil­zu­neh­men.

Ver­net­zung

Un­ter­richt wird dann di­dak­tisch sinn­voll ge­plant und um­ge­setzt, wenn Teil­kom­pe­ten­zen aus ver­schie­de­nen Be­rei­chen un­ter ei­ner be­stimm­ten Fra­ge­stel­lung oder ei­nem The­ma auf­ein­an­der be­zo­gen und mit­ein­an­der ver­knüpft wer­den. Als Hil­fe­stel­lung da­zu be­nennt der Plan des­halb mög­li­che Ver­net­zun­gen:

Um den wech­sel­sei­ti­gen Be­zug von pro­zess- und in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen zu ver­deut­li­chen, wird bei den Be­schrei­bun­gen der in­halts­be­zo­ge­nen Teil­kom­pe­ten­zen auf pro­zess­be­zo­ge­ne Teil­kom­pe­ten­zen ver­wie­sen (P). Eben­so weist der Plan auf Be­zü­ge zu in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen aus an­de­ren Be­rei­chen hin (I). Auf fä­cher­ver­bin­den­des Ar­bei­ten wird mit dem Kür­zel (F), auf die all­ge­mei­nen Leit­per­spek­ti­ven mit dem Kür­zel (L) ver­wie­sen. Letz­te­re wer­den dort be­nannt, wo sie in den For­mu­lie­run­gen der in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen si­gni­fi­kant be­rück­sich­tigt wer­den sol­len. Für die kon­kre­te Um­set­zung des Fach­plans bie­ten ex­em­pla­ri­sche Un­ter­richts­cur­ri­cu­la Hil­fe­stel­lung.

In­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen der Klas­sen 7/8/9 und der Klas­se 10

Die in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen der Klas­sen­stu­fen 7/8/9 wei­sen aus, über wel­che Kom­pe­ten­zen Schü­le­rin­nen und Schü­ler am En­de der Klas­se 9 ver­fü­gen sol­len. Eben­so um­fas­sen die in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen der Stu­fe 10 die am En­de die­ser Klas­se er­wor­be­nen Kom­pe­ten­zen. Die für die Klas­se 9 be­schrie­be­nen in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen wer­den für den mitt­le­ren Bil­dungs­ab­schluss Klas­se 10 vor­aus­ge­setzt. Die Kom­pe­ten­zen der Klas­se 10 bau­en al­so auf den­je­ni­gen der Stan­dard­stu­fe 7/8/9 auf und er­gän­zen, er­wei­tern oder ver­tie­fen sie.
Um ei­nen sinn­vol­len und nach­hal­ti­gen Kom­pe­tenz­auf­bau in den Klas­sen 7 bis 10 zu ge­währ­leis­ten, ist es da­her für die Ent­wick­lung von Fach­cur­ri­cu­la be­zie­hungs­wei­se die Un­ter­richts­pla­nung not­wen­dig, die Kom­pe­tenz­be­schrei­bun­gen bei­der Stan­dard­stu­fen von vorn­her­ein in die Pla­nung ein­zu­be­zie­hen. Der Er­werb der in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen des Stan­dard­zeit­raums 10 ist al­so auf vier Jah­re an­zu­le­gen und er­folgt nicht erst in Klas­se 10. Die en­ge Ver­zah­nung der bei­den Stan­dard­stu­fen 7/8/9 und 10 wird da­durch an­ge­zeigt, dass bei den in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen an ers­ter Stel­le wech­sel­sei­tig auf den glei­chen Be­reich der an­de­ren Stu­fe ver­wie­sen wird.

1.3 Di­dak­ti­sche Hin­wei­se

Ka­tho­li­scher Re­li­gi­ons­un­ter­richt um­fasst mehr als das, was stan­dar­di­sier­bar ist.

Im Sin­ne ei­nes um­fas­sen­den Kom­pe­ten­z­er­werbs kommt es im Ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­richt we­sent­lich dar­auf an, dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sich mit dem ei­ge­nen Mensch­sein aus­ein­an­der­set­zen, Hal­tun­gen und Ein­stel­lun­gen ken­nen­ler­nen, prü­fen und sich zu ei­gen ma­chen. Der Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt gibt den Schü­le­rin­nen und Schü­lern so auch Im­pul­se für die ei­gen­ver­ant­wort­li­che Ge­stal­tung des Le­bens; dies darf aber aus Re­spekt vor der In­di­vi­dua­li­tät je­der Schü­le­rin und je­des Schü­lers nicht stan­dar­di­siert wer­den.

Das Selbst­ver­ständ­nis des Ka­tho­li­schen Re­li­gi­ons­un­ter­rich­tes hat auch Aus­wir­kun­gen auf sei­ne Ge­stal­tung. Da Bil­dung ein ganz­heit­li­cher Vor­gang ist, sind für das Ler­nen ne­ben ko­gni­ti­v-ana­ly­ti­scher Ar­beit un­ter an­de­rem auch me­di­ta­ti­ve oder sym­bo­lisch-er­schlie­ßen­de Ele­men­te be­deut­sam, eben­so hand­lungs­ori­en­tier­te oder ganz­heit­li­che Ar­beits­for­men.

Der Ka­tho­li­sche Re­li­gi­ons­un­ter­richt be­tei­ligt sich an fä­cher­ver­bin­den­den Pro­jek­ten und nutzt ins­be­son­de­re die viel­fäl­ti­gen Mög­lich­kei­ten kon­fes­sio­nel­l-ko­ope­ra­ti­ver Zu­sam­men­ar­beit. Ar­beit an au­ßer­schu­li­schen Lern­or­ten und au­ßer­un­ter­richt­li­che An­ge­bo­te wie Ta­ge der Ori­en­tie­rung und Mög­lich­kei­ten für So­zi­al­prak­ti­ka kön­nen den Un­ter­richt sinn­voll er­gän­zen und ver­net­zen ihn mit der Schul­pas­to­ral.


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