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1. Leit­ge­dan­ken zum Kom­pe­ten­z­er­werb

1.1 Bil­dungs­wert des Fa­ches Ge­mein­schafts­kun­de

Mün­dig­keit

Das po­li­ti­sche Sys­tem Deutsch­lands kann nur dann nach de­mo­kra­ti­schen Prin­zi­pi­en funk­tio­nie­ren, wenn es von po­li­tisch mün­di­gen Bür­gern ge­tra­gen und ge­stal­tet wird. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler zu de­mo­kra­ti­schem Den­ken und Han­deln zu be­fä­hi­gen und zu er­mu­ti­gen, ist die wich­tigs­te Auf­ga­be der po­li­ti­schen Bil­dung, aber auch der Schu­le ins­ge­samt. Die Be­deu­tung, die der po­li­ti­schen Bil­dung für die De­mo­kra­tie bei­ge­mes­sen wird, zeigt sich auch dar­in, dass Ge­mein­schafts­kun­de nach der Lan­des­ver­fas­sung or­dent­li­ches Lehr­fach in al­len Schu­len ist (Art. 21 Abs. 2 Ver­fas­sung des Lan­des Ba­den-Würt­tem­ber­g).

Wer­te­bil­dung

Auf der Grund­la­ge so­li­der Fach­kennt­nis­se ent­wi­ckeln die Schü­le­rin­nen und Schü­ler Kom­pe­ten­zen, um sich in der kom­ple­xen Welt der Po­li­tik ori­en­tie­ren zu kön­nen. Sie müs­sen in der La­ge sein, po­li­ti­sche Pro­zes­se und Ent­schei­dun­gen ziel­ge­rich­tet zu ana­ly­sie­ren, über die­se kri­te­ri­en­ori­en­tiert zu ur­tei­len und dar­auf auf­bau­end re­flek­tiert po­li­tisch zu han­deln. Fer­ner leis­tet der Un­ter­richt ei­nen wert­vol­len Bei­trag zur Wer­te­bil­dung, in­dem er da­bei hilft, dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ei­ne de­mo­kra­ti­sche Grund­ein­stel­lung ent­wi­ckeln und zu selbst­stän­dig den­ken­den, ra­tio­nal ur­tei­len­den und so­zi­al ver­ant­wort­lich han­deln­den Staats­bür­gern wer­den.
Es gilt, mit den Schü­le­rin­nen und Schü­lern die Fä­hig­keit ein­zu­üben, ei­gen­stän­dig po­li­ti­sche Mei­nun­gen zu ver­tre­ten, aber auch Kri­tik an den ei­ge­nen Ur­tei­len zu to­le­rie­ren. Ge­sell­schaft­lich-po­li­ti­sche To­le­ranz ist ge­ne­rell ei­ne Hal­tung, auf die der Un­ter­richt zie­len muss. We­sent­lich ist die Ver­in­ner­li­chung de­mo­kra­ti­scher Grund­wer­te und Hal­tun­gen, die auf den Grund- und Men­schen­rech­ten ba­sie­ren, wie et­wa Ge­walt­frei­heit und Zi­vil­cou­ra­ge. Grund­le­gend ist die Ein­sicht, dass Frei­heit und Ver­ant­wor­tung kon­sti­tu­ti­ve Ele­men­te der frei­heit­li­chen de­mo­kra­ti­schen Grund­ord­nung sind, die es zu si­chern und wei­ter­zu­ent­wi­ckeln gilt.

Bei­trag des Fa­ches zu den Leit­per­spek­ti­ven

In wel­cher Wei­se das Fach Ge­mein­schafts­kun­de ei­nen Bei­trag zu den Leit­per­spek­ti­ven leis­tet, wird im Fol­gen­den dar­ge­stellt:

  • Bil­dung für nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung (BNE)
    Nach­hal­tig­keit ist in viel­fäl­ti­ger Wei­se mit den In­hal­ten des Ge­mein­schafts­kun­de­un­ter­richts ver­knüpft. Die För­de­rung von Frie­den und de­mo­kra­ti­schem Han­deln ist ein zen­tra­les Ziel der po­li­ti­schen Bil­dung. Auch die Be­wäl­ti­gung lang­fris­ti­ger Her­aus­for­de­run­gen, et­wa in der Um­welt‑, En­er­gie- und Wirt­schafts­po­li­tik, ist oh­ne das Ziel der Nach­hal­tig­keit nicht denk­bar. Au­ßer­dem the­ma­ti­siert der Ge­mein­schafts­kun­de­un­ter­richt so­zia­le und glo­ba­le Un­gleich­hei­ten, zwei Pro­blem­kom­ple­xe, die nach­hal­ti­ge Lö­sun­gen ver­lan­gen.
  • Bil­dung für To­le­ranz und Ak­zep­tanz von Viel­falt (BTV)
    Der Ge­mein­schafts­kun­de­un­ter­richt setzt sich auf un­ter­schied­li­che Wei­se mit ak­tu­el­len ge­sell­schaft­li­chen The­men aus­ein­an­der. Auf­grund der zu­neh­men­den In­di­vi­dua­li­sie­rung und Plu­ra­li­sie­rung wer­den die Aus­ein­an­der­set­zung mit ge­sell­schaft­li­cher Viel­falt, der Um­gang mit Min­der­hei­ten und die För­de­rung des in­ter­kul­tu­rel­len und in­ter­re­li­giö­sen Dia­logs im­mer be­deut­sa­mer. Die Ach­tung der Men­schen­wür­de, die Aus­bil­dung von To­le­ranz und der Ab­bau von Vor­ur­tei­len ha­ben im Fach Ge­mein­schafts­kun­de des­halb ei­ne be­son­de­re Be­deu­tung.
  • Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heits­för­de­rung (PG)
    Ge­mein­schafts­kun­de ist ein dis­kur­si­ves Fach. Ziel des Un­ter­richts ist es, dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler wert­schät­zend kom­mu­ni­zie­ren und han­deln so­wie lö­sungs­ori­en­tiert Kon­flik­te be­wäl­ti­gen. Das be­inhal­tet, dass Kon­flik­te ar­gu­men­ta­tiv und ge­walt­frei ge­löst wer­den. Grund­le­gend ist da­bei die Fä­hig­keit, die Per­spek­ti­ve zu wech­seln, um an­de­re Men­schen und Ak­teu­re ver­ste­hen zu kön­nen.
  • Be­ruf­li­che Ori­en­tie­rung (BO)
    Die Aus­ein­an­der­set­zung mit ge­sell­schaft­li­chen, po­li­ti­schen, recht­li­chen und wirt­schaft­li­chen Sach‑, Kon­flikt- und Pro­blem­la­gen kann ers­te An­re­gun­gen für ei­ne spä­te­re be­ruf­li­che Ori­en­tie­rung bie­ten. So wer­den un­ter an­de­rem die Ver­ein­bar­keit von Fa­mi­lie und Be­ruf, die Ge­stal­tung der Ar­beits­welt un­ter Gen­de­ras­pek­ten oder das Pro­blem der pre­kä­ren Be­schäf­ti­gung im Ge­mein­schafts­kun­de­un­ter­richt the­ma­ti­siert.
  • Me­di­en­bil­dung (MB)
    Die Aus­ein­an­der­set­zung mit Ent­wick­lun­gen, Chan­cen und Pro­ble­men der Me­di­en­ge­sell­schaft ist ele­men­ta­rer Be­stand­teil des Ge­mein­schafts­kun­de­un­ter­richts. Me­di­en er­mög­li­chen um­fas­sen­de Re­cher­chen, prä­gen den po­li­ti­schen Dis­kurs, ver­mit­teln zwi­schen den Bür­gern und der Po­li­tik und sind im Le­ben der Schü­le­rin­nen und Schü­ler stän­dig prä­sent. Dar­über hin­aus stel­len di­gi­ta­le Me­di­en die Ge­sell­schaft in den Be­rei­chen der öf­fent­li­chen Mei­nungs­bil­dung und des Da­ten­schut­zes aber auch vor neue Her­aus­for­de­run­gen.
  • Ver­brau­cher­bil­dung (VB)
    Das Fach Ge­mein­schafts­kun­de zielt auf den mün­di­gen Bür­ger, der auch Ver­brau­cher ist und als sol­cher selbst­be­stimmt und ver­ant­wor­tungs­voll han­deln soll. Die Stel­lung des Ver­brau­chers zu stär­ken, ist Auf­ga­be der Po­li­tik, die im Mehr-E­be­nen-Sys­tem vor al­lem auch durch Initia­ti­ven der Eu­ro­päi­schen Uni­on be­ar­bei­tet wird. Der Ge­mein­schafts­kun­de­un­ter­richt kann bei den The­men Recht, Eu­ro­päi­sche Uni­on und Pro­blem­lö­se­fä­hig­keit des po­li­ti­schen Sys­tems zur Ver­brau­cher­bil­dung bei­tra­gen.

Dar­über hin­aus las­sen sich bei der Aus­wahl von Fall­bei­spie­len viel­fäl­ti­ge Ver­bin­dun­gen zwi­schen dem Ge­mein­schafts­kun­de­un­ter­richt und den Leit­per­spek­ti­ven her­stel­len. Auf­grund der di­dak­ti­schen Prin­zi­pi­en Schü­ler­ori­en­tie­rung und Ak­tua­li­tät kön­nen die Fall­bei­spie­le aber nicht im Bil­dungs­plan ver­an­kert wer­den.

1.2 Kom­pe­ten­zen

Pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen

Im vor­lie­gen­den Bil­dungs­plan wer­den die pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen in die vier Kom­pe­tenz­be­rei­che Ana­ly­se‑, Ur­teils‑, Hand­lungs- und Me­tho­den­kom­pe­tenz ge­glie­dert. In die­sen vier Kom­pe­tenz­be­rei­chen spie­gelt sich der Kern des Fa­ches Ge­mein­schafts­kun­de wi­der.

  • Ana­ly­se­kom­pe­tenz: Vor­aus­set­zung für ein ver­tief­tes Ver­ständ­nis von Po­li­tik ist die Ana­ly­se ge­sell­schaft­li­cher, po­li­ti­scher und wirt­schaft­li­cher Pro­zes­se. Po­li­tik wird hier­bei als ein kol­lek­ti­ver und kon­flikt­be­haf­te­ter Pro­zess der Pro­blem­be­ar­bei­tung be­trach­tet. Ver­bind­li­che Ent­schei­dun­gen wer­den da­bei – zu­min­dest in De­mo­kra­ti­en – kol­lek­tiv und de­mo­kra­tisch ge­trof­fen. Da sich po­li­ti­sche Kon­stel­la­tio­nen per­ma­nent ver­än­dern, kann Po­li­tik als Pro­zess zy­kli­scher Pro­blem­be­wäl­ti­gung ver­stan­den wer­den.
  • Ur­teils­kom­pe­tenz: Ana­ly­se- und Ur­teils­kom­pe­tenz sind eng mit­ein­an­der ver­bun­den. Auf der Grund­la­ge ei­ner fun­dier­ten Ana­ly­se sol­len die Schü­le­rin­nen und Schü­ler zu po­li­ti­schen Fra­gen und Pro­ble­men ei­ge­ne Po­si­tio­nen ent­wi­ckeln. Sich mit Po­li­tik be­schäf­ti­gen, heißt im­mer auch kri­te­ri­en­ori­en­tiert ur­tei­len, denn durch das Ur­teil de­fi­niert das In­di­vi­du­um sein Verhält­nis zur Welt. Da­bei be­rück­sich­ti­gen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler die Be­son­der­hei­ten des Ge­gen­stands Po­li­tik und wer­den sich der In­ter­es­sen­ge­bun­den­heit ih­res ei­ge­nen Stand­punkts be­wusst.
  • Hand­lungs­kom­pe­tenz: Obers­tes Ziel der po­li­ti­schen Bil­dung ist die För­de­rung des mün­di­gen Bür­gers, der po­li­tisch in­ter­ve­niert und sich so „in sei­ne ei­ge­nen An­ge­le­gen­hei­ten ein­mischt“ (Max Frisch). Po­li­ti­sche Bil­dung er­streckt sich nicht nur auf die Be­rei­che der Ana­ly­se und des po­li­ti­schen Ur­teils, son­dern be­inhal­tet auch die Ebe­ne des si­mu­la­ti­ven und des prak­ti­schen po­li­ti­schen Han­delns.
  • Me­tho­den­kom­pe­tenz: Um po­li­ti­sche Fra­gen und Pro­ble­me be­ar­bei­ten zu kön­nen, be­nö­ti­gen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ein brei­tes In­stru­men­ta­ri­um all­ge­mei­ner und fach­spe­zi­fi­scher Me­tho­den. Da­bei ist der kri­ti­sche Um­gang mit ver­schie­de­nen Me­di­en von zen­tra­ler Be­deu­tung. Ne­ben der Be­schaf­fung und Be­wer­tung von In­for­ma­tio­nen ge­hört auch das Prä­sen­tie­ren von Er­geb­nis­sen zur Me­tho­den­kom­pe­tenz. Die Ver­fei­ne­rung der Me­tho­den­kom­pe­tenz dient da­zu, die Aus­bil­dung der Ana­ly­se‑, Ur­teils- und Hand­lungs­kom­pe­tenz zu för­dern.

Er­wei­te­rung der Per­spek­ti­ven

Ent­wick­lungs­mo­del­le ver­an­schau­li­chen die Ver­än­de­rung in­di­vi­du­el­ler Sicht­wei­sen auf ei­nen Ge­gen­stand. Da­bei zei­gen sie lern­pro­zess­be­zo­ge­ne Ent­wick­lungs­stu­fen auf, zum Bei­spiel bei Jean Pia­get oder La­wrence Kohl­berg. Ziel die­ses Ent­wick­lungs- und Lern­pro­zes­ses ist es, dass das In­di­vi­du­um den Be­zugs­rah­men des ei­ge­nen Ur­teils ver­grö­ßert, die Per­spek­ti­ve er­wei­tert und sei­ne Ana­ly­se be­zie­hungs­wei­se sein Ur­teil viel­schich­ti­ger macht.
Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sol­len be­fä­higt wer­den, ih­re Per­spek­ti­ve über ih­re ei­ge­ne Welt­sicht hin­aus zu er­wei­tern. Da­zu wer­den im Bil­dungs­plan in­di­vi­du­el­le, öf­fent­li­che und sys­te­mi­sche Per­spek­ti­ve un­ter­schie­den. Die Per­spek­ti­ven wer­den als ent­wick­lungs­lo­gi­sche Ni­veaus ver­stan­den und spie­geln die Pro­gres­si­on im Kom­pe­ten­z­er­werb der Schü­le­rin­nen und Schü­ler wi­der.

In­di­vi­du­el­le Per­spek­ti­ve: Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler be­rück­sich­ti­gen bei der Ana­ly­se und Be­wer­tung von Sach-Kon­flikt- und Pro­blem­la­gen ih­re ei­ge­nen In­ter­es­sen und die In­ter­es­sen ih­res so­zia­len Um­felds.

Öf­fent­li­che Per­spek­ti­ve: Sie neh­men dar­über hin­aus die In­ter­es­sen und Wer­te an­de­rer Ak­teu­re wahr und be­rück­sich­ti­gen die­se bei der Ana­ly­se und Be­wer­tung von Sach‑, Kon­flikt- und Pro­blem­la­gen (Per­spek­ti­v­über­nah­me und Pro­blem­be­wusst­sein).

Sys­te­mi­sche Per­spek­ti­ve: Mit der sys­te­mi­schen Per­spek­ti­ve rü­cken so­zi­al­wis­sen­schaft­li­che Theo­ri­en und Mo­del­le in den Mit­tel­punkt der Ana­ly­se und der Be­wer­tung von Sach‑, Kon­flikt‑, und Pro­blem­la­gen. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler zie­hen ge­ne­ra­li­sie­ren­de Schlüs­se, fra­gen nach Aus­wir­kun­gen für das ge­sam­te Sys­tem und un­ter­su­chen auf der Me­ta­ebe­ne po­li­ti­sche Pro­blem­stel­lun­gen.

Kom­pe­tenz­mo­dell und di­dak­ti­scher An­satz (© Lan­des­in­sti­tut für Schul­ent­wick­lung)
Abbildung 1: Kompetenzmodell und didaktischer Zugriff

In­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen

Die Ver­mitt­lung von Wis­sen ist kein Selbst­zweck, son­dern auf die Ent­wick­lung und Ver­fei­ne­rung von Kom­pe­ten­zen ge­rich­tet. Bei der Ver­mitt­lung von Wis­sen geht es nicht um ein rein quan­ti­ta­ti­ves An­häu­fen von Wis­sens­be­stän­den, son­dern um die För­de­rung der Kom­pe­ten­zen der Schü­le­rin­nen und Schü­ler. Wis­sen hat dem­nach ge­gen­über dem Kom­pe­ten­z­er­werb im­mer ei­ne die­nen­de Funk­ti­on. Ziel des Un­ter­richts muss es sein, die Wis­sens­be­stän­de der Schü­le­rin­nen und Schü­ler qua­li­ta­tiv zu er­hö­hen, quan­ti­ta­tiv wei­ter­zu­ent­wi­ckeln und ih­nen den Auf­bau ei­ner ge­ord­ne­ten Fach­spra­che zu er­mög­li­chen. Der Auf­bau von Fach­wis­sen dient dem Er­werb von kon­zep­tu­el­lem Wis­sen und nicht dem rei­nen Fak­ten­wis­sen. Kon­zep­tu­el­les Wis­sen un­ter­schei­det sich so­wohl von Fak­ten­wis­sen als auch vom fach­li­chen Ein­zel­wis­sen da­durch, dass es von kon­kre­ten Er­fah­run­gen ab­sieht und statt­des­sen de­ren Merk­ma­le und Kenn­zei­chen ka­te­go­ri­siert. Kon­zep­te er­lau­ben das Ab­ru­fen von be­deu­tungs- und wahr­neh­mungs­be­zo­ge­nen Wis­sens­in­hal­ten. Wird kon­zep­tu­el­les Wis­sen in ei­ner An­for­de­rungs­si­tua­ti­on ab­ge­ru­fen, wer­den die vor­han­de­nen und zur Si­tua­ti­on pas­sen­den Kon­zep­te netz­ar­tig ver­knüpft.

Die An­eig­nung von kon­zep­tu­el­lem Wis­sen ist dem­nach eng mit dem Kom­pe­ten­z­er­werb ver­knüpft. Der vor­lie­gen­de Bil­dungs­plan struk­tu­riert die in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen nach den Be­rei­chen Ge­sell­schaft, Recht, Po­li­ti­sches Sys­tem und In­ter­na­tio­na­le Be­zie­hun­gen. Die in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen ver­deut­li­chen, mit wel­cher the­ma­ti­schen Aus­rich­tung die pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen er­wor­ben wer­den sol­len. Auch die vor­lie­gen­den In­hal­te sind spi­ral­cur­ri­cu­lar an­ge­ord­net. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler wer­den im Lau­fe der Jah­re mit im­mer kom­ple­xe­ren Fra­ge­stel­lun­gen kon­fron­tiert. Bei der Ur­teils­bil­dung müs­sen sie sich zu­neh­mend mit an­spruchs­vol­le­ren Fra­ge­stel­lun­gen aus­ein­an­der­set­zen, da­bei zu­neh­mend un­ter­schied­li­che Per­spek­ti­ven be­rück­sich­ti­gen und viel­fäl­ti­ge Kri­te­ri­en an­wen­den, um im­mer dif­fe­ren­zier­te­re Ur­tei­le fäl­len zu kön­nen.
Ge­ne­rell ist der Bil­dungs­plan nach dem Prin­zip „vom Na­hen zum Fer­nen“ auf­ge­baut. Da­hin­ter steht die Vor­stel­lung, dass sich De­mo­kra­tie auf drei un­ter­schied­li­chen Ebe­nen kon­sti­tu­iert (Ger­hard Him­mel­mann).
Die ers­te Di­men­si­on ei­nes de­mo­kra­ti­schen Sys­tems, mit der jun­ge Men­schen in Kon­takt tre­ten, ist De­mo­kra­tie als Le­bens­form. Hier­bei geht es um Fra­gen des de­mo­kra­ti­schen so­zia­len Zu­sam­men­le­bens der Men­schen, bei­spiels­wei­se die In­ter­ak­tio­nen im Klas­sen­zim­mer, in der Schu­le und in der Fa­mi­lie. Be­reits in der Schu­le müs­sen de­mo­kra­ti­sche Ver­hal­tens- und Kon­flikt­lö­sungs­mus­ter ge­lernt wer­den, die spä­ter von den Schü­le­rin­nen und Schü­lern auf die Lö­sung ge­sell­schaft­li­cher Pro­ble­me über­tra­gen wer­den sol­len.
Die zwei­te Di­men­si­on der De­mo­kra­tie ist De­mo­kra­tie als Ge­sell­schafts­form. De­mo­kra­tie braucht an­ge­sichts der vie­len un­ter­schied­li­chen In­ter­es­sen in ei­ner plu­ra­lis­ti­schen Ge­sell­schaft fried­li­che po­li­ti­sche und recht­li­che Kon­flikt­lö­sungs­mus­ter und das brei­te En­ga­ge­ment der Bür­ger (Zi­vil­ge­sell­schaft). Oh­ne bür­ger­schaft­li­ches En­ga­ge­ment (zum Bei­spiel im Eh­ren­amt) ist ei­ne le­ben­di­ge de­mo­kra­ti­sche Ge­sell­schaft nicht vor­stell­bar.
Die drit­te Di­men­si­on der De­mo­kra­tie ist De­mo­kra­tie als Herr­schafts­form. Dar­un­ter wer­den po­li­ti­sche Prin­zi­pi­en (Volks­sou­ve­rä­ni­tät, Recht­staat, Schutz der Grund­rech­te etc.) eben­so ge­fasst wie In­sti­tu­tio­nen (Ge­mein­de­rat, Bun­des­tag, Ge­rich­te etc.). Oft­mals wird De­mo­kra­tie auf die letz­te Ebe­ne, das heißt auf die in­sti­tu­tio­nel­le Ebe­ne der Herr­schafts­form, ver­kürzt. Po­li­ti­sche Bil­dung in der Schu­le muss al­le Di­men­sio­nen der De­mo­kra­tie um­fas­sen. Sie soll­te aber dort be­gin­nen, wo die Schü­le­rin­nen und Schü­ler un­mit­tel­bar mit De­mo­kra­tie in Be­rüh­rung kom­men und sie er­le­ben, näm­lich in der Schu­le, im Klas­sen­zim­mer und bei den dort auf­tre­ten­den Kon­flik­ten.

Der Bil­dungs­plan für die Se­kun­dar­stu­fe I un­ter­schei­det drei Ni­veaus: ein grund­le­gen­des, mitt­le­res und er­wei­ter­tes Ni­veau. Die Ni­veaus ver­deut­li­chen, wie stark ei­ne Sach‑, Kon­flikt- und Pro­blem­la­ge durch­drun­gen wird. Bei der For­mu­lie­rung der Ni­veaus wer­den un­ter­schied­li­che An­sät­ze zur Ni­veau­dif­fe­ren­zie­rung be­rück­sich­tigt. Grund­sätz­lich kann über den Um­fang und die Kom­ple­xi­tät des In­halts dif­fe­ren­ziert wer­den. So müs­sen Schü­le­rin­nen und Schü­ler des E-Ni­veaus um­fang­rei­che­re und kom­ple­xe­re Pro­blem- und Fra­ge­stel­lun­gen be­ar­bei­ten. Die Kom­ple­xi­täts­stei­ge­rung zeigt sich da­durch, dass Schü­le­rin­nen und Schü­ler mit Theo­ri­en und Mo­del­len ar­bei­ten, aus ein­zel­nen Fall­bei­spie­len ge­ne­ra­li­sie­ren­de Schlüs­se zie­hen, häu­fi­ger die sys­te­mi­sche Per­spek­ti­ve ein­neh­men und kom­ple­xe Wech­sel­wir­kun­gen zwi­schen un­ter­schied­li­chen Be­rei­chen ver­ste­hen müs­sen.
Die in den Kom­pe­tenz­for­mu­lie­run­gen ver­wen­de­ten Ope­ra­to­ren zei­gen auf, wel­chem An­for­de­rungs­be­reich ent­spro­chen wer­den muss. So fin­den sich Ope­ra­to­ren aus dem An­for­de­rungs­be­reich III häu­fi­ger im E-Ni­veau. Grund­sätz­lich müs­sen aber Schü­le­rin­nen und Schü­ler auf al­len Ni­veaus Sach‑, Kon­flikt- und Pro­blem­la­gen be­wer­ten und ihr per­sön­li­ches Ur­teil for­mu­lie­ren kön­nen.
Dar­über hin­aus wird ei­ne Dif­fe­ren­zie­rung da­durch er­reicht, dass im­mer wie­der Un­ter­stüt­zungs­hil­fen vor­aus­ge­setzt wer­den. Schü­le­rin­nen und Schü­ler, die nicht selbst­stän­dig ein be­stimm­tes Ni­veau er­rei­chen kön­nen, wer­den durch die­se Hil­fen in ih­rem in­di­vi­du­el­len Kom­pe­ten­z­er­werb ge­för­dert.
Da­bei wer­den zwei For­men von Un­ter­stüt­zungs­hil­fen un­ter­schie­den: Bei der Un­ter­stüt­zungs­hil­fe „un­ter An­lei­tung“ er­hal­ten die Schü­le­rin­nen und Schü­ler Hil­fe­stel­lun­gen, bei­spiels­wei­se aus­ge­wähl­te Schlüs­sel­fra­gen zur Kon­flik­t­ana­ly­se, vor­ge­ge­be­ne Hand­lungs­schrit­te zur Er­ör­te­rung ei­ner The­se bzw. ei­ner Pro­blem­stel­lung oder vor­ge­ge­be­ne Kri­te­ri­en zur Ur­teils­bil­dung. Die Un­ter­stüt­zungs­hil­fe „mit­hil­fe von vor­struk­tu­rier­tem Ma­te­ri­al“ be­inhal­tet Hil­fen struk­tu­rel­ler Art. So kön­nen bei der Über­prü­fung der Kom­pe­tenz vor­struk­tu­rier­te Tex­te (zum Bei­spiel fett ge­druck­te Schlüs­sel­be­grif­fe, klei­ne Text­ein­hei­ten, Wort­er­klä­run­gen) oder ge­schlos­se­ne Auf­ga­ben­ty­pen (zum Bei­spiel Mul­ti­ple-Choice-Auf­ga­ben, Zu­ord­nungs­auf­ga­ben oder vor­struk­tu­rier­te be­zie­hungs­wei­se teil­wei­se aus­ge­füll­te Ta­bel­len oder Schau­bil­der) ver­wen­det wer­den.

1.3 Di­dak­ti­sche Hin­wei­se

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ha­ben au­ßer­halb der Schu­le längst ei­ne Vor­stel­lung da­von ent­wi­ckelt, was Po­li­tik ei­gent­lich ist. Der Ge­mein­schafts­kun­de­un­ter­richt knüpft an die­se be­reits vor­han­de­nen Wis­sens­kon­zep­te der Schü­le­rin­nen und Schü­ler an, mit de­nen sie sich die Welt erk­lären und po­li­ti­sche Phänome­ne in­ter­pre­tie­ren. Die­ses Vor­wis­sen und Vor­vers­tänd­nis der Ler­nen­den wird im Un­ter­richt durch neu­es Fach­wis­sen struk­tu­riert, qua­li­ta­tiv ver­bes­sert oder er­wei­tert. Kon­struk­ti­on und In­struk­ti­on be­din­gen und er­gän­zen ein­an­der.
Als Ba­sis­kon­zep­te wer­den grund­le­gen­de Vor­stel­lun­gen be­zeich­net, die für po­li­ti­sches Wis­sen prägend und struk­tur­bil­dend sind. Mit die­sen Ba­sis­kon­zep­ten struk­tu­rie­ren und in­ter­pre­tie­ren Men­schen ih­re Er­fah­run­gen mit Po­li­tik. Die Kon­zep­te sind nicht mit dem zu ver­mit­teln­den Un­ter­richts­stoff gleich­zu­set­zen, son­dern sol­len den Leh­re­rin­nen und Leh­rern auch da­bei hel­fen, Un­ter­richts­the­men aus­zu­wäh­len. Ba­sis­kon­zep­te sind in­halt­li­che Ver­mitt­ler zwi­schen der Sach­lo­gik des Fachs und der Lern­lo­gik der Schü­le­rin­nen und Schü­ler. Dem­nach be­schrei­ben Ba­sis­kon­zep­te die Vor­stel­lungs­be­rei­che, zu de­nen Ler­nen­de ihr Welt­ver­ste­hen durch die Lern­an­ge­bo­te des Fa­ches wei­ter­ent­wi­ckeln.
Da­bei er­fül­len die Ba­sis­kon­zep­te un­ter­schied­li­che Auf­ga­ben für die all­täg­li­che Ar­beit im Un­ter­richt. Ba­sis­kon­zep­te stel­len ei­ne we­sent­li­che Struk­tu­rie­rungs­hil­fe für die Glie­de­rung und den Auf­bau des Bil­dungs­plans dar. Sie hel­fen, den kom­ple­xen Ge­gen­stand des Po­li­tik­un­ter­richts zu ord­nen und ihm ei­ne Struk­tur zu ver­lei­hen. Ba­sis­kon­zep­te bie­ten ei­nen An­satz, den Bil­dungs­plan spi­ral­cur­ri­cu­lar zu struk­tu­rie­ren. Glei­che oder ähn­li­che Pro­blem­stel­lun­gen tau­chen im­mer wie­der im Un­ter­richt auf und wer­den da­bei zu­neh­mend kom­ple­xer und dif­fe­ren­zier­ter. Die den Teil­kom­pe­ten­zen des je­wei­li­gen The­men­fel­des vor­an­ge­stell­ten, an den Ba­sis­kon­zep­ten ori­en­tier­ten Leit­fra­gen, stel­len dem­nach ein zen­tra­les Ele­ment des Wie­der­ho­lens und Ver­tie­fens dar. Neue Pro­ble­me, Auf­ga­ben und Fra­ge­stel­lun­gen las­sen sich auf ähn­li­che Fra­gen be­zie­hen, zum Bei­spiel auf die Fra­ge, wie po­li­ti­sche Herr­schaft auf un­ter­schied­li­chen Ebe­nen le­gi­ti­miert wird oder wie ver­bind­li­che Ent­schei­dun­gen ge­trof­fen wer­den.

Die Kennt­nis­se und Kom­pe­ten­zen, die der vor­lie­gen­de Bil­dungs­plan ver­mit­teln will, sind an sechs Ba­sis­kon­zep­ten ori­en­tiert, die durch un­ter­schied­li­che Leit­fra­gen für den Un­ter­richt zu er­schlie­ßen sind:

  • Macht und Ent­schei­dung: Po­li­tik be­zieht sich auf Macht und de­ren Ver­fes­ti­gung in Herr­schafts­struk­tu­ren. Herr­schaft be­deu­tet, ei­ne ver­bind­li­che Ent­schei­dung tref­fen zu kön­nen. Macht be­deu­tet, auf die Ent­schei­dung Ein­fluss neh­men zu kön­nen.
  • Ord­nung und Struk­tur: Ge­sell­schaf­ten bil­den Ord­nun­gen, Struk­tu­ren und kom­ple­xe po­li­ti­sche Re­ge­lungs­sys­te­me, die so­wohl Er­geb­nis als auch Be­din­gung von Po­li­tik sind (zum Bei­spiel po­li­ti­sche Ord­nun­gen, Rechts­ord­nun­gen, Wirt­schafts­ord­nun­gen, So­zi­al­struk­tu­ren). Mo­der­ne Ge­sell­schaf­ten sind zu­dem nach Teil­sys­te­men mit un­ter­schied­li­chen Hand­lungs­lo­gi­ken dif­fe­ren­ziert.
  • Re­geln und Recht: Re­geln set­zen die Rah­men­be­din­gun­gen für men­sch­li­ches, wirt­schaft­li­ches und po­li­ti­sches Han­deln. Über die Ver­recht­li­chung von Re­geln ver­su­chen po­li­ti­sche Ent­schei­dungs­trä­ger ge­sell­schaft­li­che, po­li­ti­sche und wirt­schaft­li­che Pro­zes­se zu steu­ern. Es gibt recht­li­che Be­stim­mun­gen, die in ei­nem Rechts­sys­tem ver­an­kert und durch In­sti­tu­tio­nen durch­ge­setzt wer­den, aber auch Re­geln, die als Kon­ven­tio­nen das men­sch­li­che Le­ben be­stim­men.
  • In­ter­es­sen und Ge­mein­wohl: Po­li­tik be­zieht sich auf Vor­stel­lun­gen, wor­in „gu­te“ Po­li­tik be­steht. Es geht hier­bei um Wert­vor­stel­lun­gen und den nor­ma­ti­ven Kern von Po­li­tik, zum Bei­spiel die Su­che nach Ge­rech­tig­keit. Ge­mein­wohl be­zeich­net ei­ne Vor­stel­lung da­von, was am bes­ten für ei­ne Ge­sell­schaft ist. Das Ge­mein­wohl kann im Span­nungs­ver­hält­nis zu Ein­zel­in­ter­es­sen ste­hen, so­dass bei­de Zie­le nicht gleich­zei­tig er­reicht wer­den kön­nen. Gleich­wohl bleibt die Fra­ge, ob es über­haupt ein Ge­mein­wohl gibt oder ob das Ge­mein­wohl erst im Rück­blick als Er­geb­nis ei­nes po­li­ti­schen Pro­zes­ses er­kenn­bar wird.
  • Pri­vat­heit und Öf­fent­lich­keit: Po­li­tik be­zieht sich auf die öf­fent­li­che Sphä­re des men­sch­li­chen Le­bens. Der pri­va­te Be­reich ist da­von ab­ge­grenzt. Die­sen vor dem Zu­griff staat­li­cher Ge­walt zu schüt­zen, ist ei­ne zen­tra­le Er­run­gen­schaft der De­mo­kra­tie. Die Fra­ge, wo die Pri­vat­sphä­re des Ein­zel­nen be­ginnt, ist Ge­gen­stand im­mer­wäh­ren­der po­li­ti­scher Aus­ein­an­der­set­zun­gen.
  • Knapp­heit und Ver­tei­lung: In al­len Ge­sell­schaf­ten ste­hen den un­be­grenz­ten Be­dürf­nis­sen der Men­schen be­grenz­te Res­sour­cen ge­gen­über. Die­se Span­nung ist die Aus­gangs­be­din­gung für wirt­schaft­li­ches Han­deln. Je­de Ge­sell­schaft muss für sich ent­schei­den, wie das Pro­blem der Knapp­heit und die Fra­ge der Ver­tei­lung ge­löst wer­den.

Im Mit­tel­punkt der di­dak­ti­schen Über­le­gun­gen steht das Po­li­ti­sche. Für die Un­ter­richts­pla­nung und ‑durch­füh­rung sind dem­nach zen­tra­le fach­di­dak­ti­sche Prin­zi­pi­en von grund­le­gen­der Be­deu­tung. Sie be­grün­den die In­halts- und Me­tho­den­aus­wahl und struk­tu­rie­ren die Pla­nung und Durch­füh­rung des Un­ter­richts.

  • Schü­ler­ori­en­tie­rung: Die Lern­ge­gens­tän­de ori­en­tie­ren sich an den Er­fah­run­gen und In­ter­es­sen der Schüle­rin­nen und Schü­ler. Als Sub­jekt des Lern­pro­zes­ses wer­den sie an der Aus­wahl po­li­ti­scher The­men­schwer­punk­te und Fra­ge­stel­lun­gen be­tei­ligt. Die Pla­nung von Un­ter­richt geht vom Vor­wis­sen der Schü­le­rin­nen und Schü­ler aus. Sie wer­den da­durch als Wis­sen­de und nicht als Un­wis­sen­de an­ge­spro­chen. Die Dia­gno­se ih­rer Prä­kon­zep­te bil­det die Grund­la­ge und den Aus­gangs­punkt zur Kon­zi­pie­rung an­ge­mes­se­ner Lern­an­ge­bo­te im Un­ter­richt.
  • Pro­blem­ori­en­tie­rung: Po­li­tik be­schäf­tigt sich mit der Lö­sung von Pro­ble­men, wel­che die All­ge­mein­heit be­tref­fen und Hand­lungs­druck er­zeu­gen. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler be­fas­sen sich mit po­li­ti­schen Pro­ble­men, ana­ly­sie­ren die­se und prü­fen po­li­ti­sche Ent­schei­dun­gen und Mög­lich­kei­ten der po­li­ti­schen Pro­blem­lö­sung.
  • Kon­tro­ver­si­tät: Was in Po­li­tik und Ge­sell­schaft kon­tro­vers dis­ku­tiert wird, muss auch im Un­ter­richt kon­tro­vers ab­ge­bil­det wer­den. Po­li­ti­sche Fra­ge­stel­lun­gen und Pro­ble­me müs­sen im Un­ter­richt aus un­ter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven be­leuch­tet wer­den. Die Pro­ble­me und die Per­spek­ti­ven zu be­wer­ten, ist Auf­ga­be der Schü­le­rin­nen und Schü­ler.
  • Ex­em­pla­ri­sches Ler­nen: Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sind in mo­der­nen Ge­sell­schaf­ten mit ei­ner sehr kom­ple­xen po­li­ti­schen Rea­li­tät kon­fron­tiert. Nicht nur die Viel­zahl po­li­ti­scher Pro­ble­me und Fra­ge­stel­lun­gen, son­dern auch de­ren Dy­na­mik und Kom­ple­xi­tät er­zwin­gen ei­ne sorg­fäl­ti­ge Aus­wahl von Bei­spie­len. Die ge­wähl­ten Fäl­le ste­hen ex­em­pla­risch für das Po­li­ti­sche. Bei den Fal­l­ana­ly­sen set­zen sich die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in­ten­siv mit ein­zel­nen Pro­blem­la­gen oder Kon­flik­ten aus­ein­an­der, um Kom­pe­ten­zen aus­zu­bil­den und Struk­tur­merk­ma­le zu ver­ste­hen, die sie dann auf an­de­re Sach­ver­hal­te über­tra­gen kön­nen.
  • Ak­tua­li­tät: Die Aus­wahl von Lern­ge­gens­tän­den ori­en­tiert sich an ak­tu­el­len Pro­ble­men und Lösungs­vor­sch­lägen. Aus­wahl­kri­te­ri­en wie Be­trof­fen­heit (Re­le­vanz für die ge­gen­wär­ti­ge Le­bens­si­tua­ti­on und In­ter­es­sen) und Be­deut­sam­keit (Re­le­vanz für die All­ge­mein­heit oder die Zu­kunft) för­dern die Aus­ein­an­der­set­zung der Schü­le­rin­nen und Schü­ler mit den Pro­ble­men.
  • Hand­lungs­ori­en­tie­rung: Die Schü­le­rin­nen und Schüler set­zen sich in schu­li­schen Kon­tex­ten durch plan­vol­les si­mu­la­ti­ves, pro­duk­ti­v-ge­stal­ten­des oder rea­les po­li­ti­sches Han­deln (zum Bei­spiel an au­ßer­schu­li­schen Lern­or­ten) mit po­li­ti­schen Fra­gen und Pro­ble­men ak­tiv aus­ein­an­der. Da­bei sind in­halt­lich re­le­van­te, schü­ler­ak­ti­vie­ren­de, hand­lungs- und pro­blem­ori­en­tier­te Lern­an­ge­bo­te im Ge­mein­schafts­kun­de­un­ter­richt un­ent­behr­lich.

Ver­weis­struk­tur

Den ein­zel­nen in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen sind Ver­wei­se zu­ge­ord­net. Die­se be­zie­hen sich so­wohl auf Ver­knüp­fun­gen ver­schie­de­ner in­halts­be­zo­ge­ner Kom­pe­ten­zen mit­ein­an­der (I) als auch auf Ver­knüp­fun­gen von in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen mit pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen (P), den Leit­per­spek­ti­ven (L) und wei­te­ren Un­ter­richts­fä­chern (F). Die Ver­wei­se zei­gen auf, an wel­chen Stel­len ei­ne sinn­vol­le Ver­knüp­fung mög­lich ist.
Die Ver­knüp­fun­gen ver­schie­de­ner in­halts­be­zo­ge­ner Kom­pe­ten­zen mit­ein­an­der ak­zen­tu­ie­ren ei­ner­seits den spi­ral­cur­ri­cu­la­ren Auf­bau des Bil­dungs­plans über die Stan­dard­stu­fen hin­aus und ver­deut­li­chen an­de­rer­seits die in­halt­li­chen Ver­bin­dun­gen zwi­schen den The­men­fel­dern in­ner­halb ei­ner Stan­dard­stu­fe. So baut bei­spiels­wei­se die Kom­pe­tenz­for­mu­lie­rung 3.2.2.2 (2) aus dem Stan­dar­d­raum 10 („Part­zi­pa­ti­ons­mög­lich­kei­ten der EU-Bür­ger be­schrei­ben“) auf der Teil­kom­pe­tenz 3.1.3.3 (1) („Mög­lich­kei­ten der po­li­ti­schen Par­ti­zi­pa­ti­on auf Bun­des- und Lan­des­ebe­ne be­schrei­ben“) aus dem Stan­dar­d­raum 7/8/9 auf, wäh­rend die Kom­pe­tenz­for­mu­lie­rung 3.1.1.1 (2) „ei­nen vor­ge­ge­be­nen Kon­flikt in­ner­halb ei­ner so­zia­len Grup­pe ana­ly­sie­ren, ei­nen Lö­sungs­an­satz ent­wi­ckeln und vor­ge­ge­be­ne Lö­sungs­an­sät­ze un­ter An­lei­tung er­ör­tern“ auf­grund des Ver­wei­ses auf die Teil­kom­pe­tenz 3.1.1.3 (6) „ei­nen vor­ge­ge­be­nen Kon­flikt in­ner­halb ei­ner Fa­mi­lie ana­ly­sie­ren und vor­ge­ge­be­ne Lö­sungs­an­sät­ze er­ör­tern“ auf die Mög­lich­keit des the­men­ver­bin­den­den Un­ter­richts in­ner­halb des glei­chen Stan­dar­d­raums ver­weist.
Mit den Ver­wei­sen von in­halts- auf pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen wird de­ren Ver­net­zung mit­ein­an­der ver­deut­licht. Pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen wer­den über Jah­re an un­ter­schied­li­chen In­hal­ten spi­ral­cur­ri­cu­lar ein­ge­übt, ver­fei­nert und ge­fes­tigt. Auf den Ver­weis auf sol­che pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen, die na­he­zu al­len in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen zu­ge­ord­net wer­den kön­nen, wird ver­zich­tet (zum Bei­spiel 2.1 Ana­ly­se­kom­pe­tenz 1: „Sach‑, Kon­flikt- und Pro­blem­la­gen un­ter Ver­wen­dung der gän­gi­gen Fach­spra­che struk­tu­riert wie­der­ge­ben“).
Auf man­che Teil­kom­pe­ten­zen aus den pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen kann im Bil­dungs­plan nur schwer ver­wie­sen wer­den, da sie durch un­ter­richt­li­che Ar­ran­ge­ments (zum Bei­spiel Dis­kus­sio­nen oder Rol­len­spie­le) ein­ge­übt wer­den und die­ser un­ter­richt­li­che Be­reich nicht im Bil­dungs­plan ab­ge­bil­det wer­den kann. Dies be­trifft vor al­lem den Be­reich der Hand­lungs­kom­pe­tenz.
Ver­wei­se auf Leit­per­spek­ti­ven ver­deut­li­chen, wel­chen be­son­de­ren Bei­trag das Fach Ge­mein­schafts­kun­de leis­ten kann, um an der Ver­wirk­li­chung der in den Leit­per­spek­ti­ven ge­nann­ten Zie­le mit­zu­wir­ken.
In der Auf­lis­tung un­ter den Teil­kom­pe­ten­zen wird auch auf an­de­re Un­ter­richts­fä­cher ver­wie­sen, in de­nen ähn­li­che In­hal­te Un­ter­richts­ge­gen­stand sind. Die Ver­wei­se auf wei­te­re Fä­cher sol­len da­zu an­re­gen, Lern­pro­zes­se mit be­reits in ei­nem an­de­ren Fach Ge­lern­tem zu ver­knüp­fen. Die Ver­wei­se be­zie­hen sich da­bei im­mer auf den glei­chen Stan­dar­d­raum, um kon­kre­ten fä­cher­ver­bin­den­den Un­ter­richt zu un­ter­stüt­zen.


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