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1. Leit­ge­dan­ken zum Kom­pe­ten­z­er­werb

1.1 Bil­dungs­wert des Fremd­spra­chen­un­ter­richts in der Grund­schu­le

Der si­che­re und selbst­ver­ständ­li­che Um­gang mit an­de­ren Spra­chen ge­hört – in ei­ner welt­of­fe­nen, glo­ba­li­sier­ten, zu­neh­mend kul­tu­rell und so­zi­al viel­schich­ti­gen Ge­sell­schaft – zu den ba­sa­len Fä­hig­kei­ten ei­ner mün­di­gen Bür­ge­rin und ei­nes mün­di­gen Bür­gers. Der Fremd­spra­chen­un­ter­richt in der Grund­schu­le legt Grund­la­gen für le­bens­lan­ges Fremd­spra­chen­ler­nen und kom­pe­ten­te Aus­ein­an­der­set­zung mit Mehr­spra­chig­keit und kul­tu­rel­ler Viel­falt. Durch die Be­geg­nung mit an­de­ren Spra­chen und Kul­tu­ren wird ein Grund­stein für in­ter­kul­tu­rel­le kom­mu­ni­ka­ti­ve Kom­pe­tenz ent­wi­ckelt, als Ba­sis für ei­nen to­le­ran­ten re­spekt­vol­len und wert­schät­zen­den Um­gang mit­ein­an­der.

Ne­ben dem In­ter­es­se an Mehr­spra­chig­keit, Fremd­spra­chen und Fremd­spra­chen­ler­nen, wer­den sprach­li­che Fer­tig­kei­ten ent­wi­ckelt und ge­för­dert, die al­le Schü­le­rin­nen und Schü­ler be­fä­hi­gen, Sach­ver­hal­te in der Fremd­spra­che zu ver­ste­hen (Hör‑/Hör­seh­ver­ste­hen so­wie Le­se­ver­ste­hen) und sich ak­tiv an Kom­mu­ni­ka­ti­ons­si­tua­tio­nen zu be­tei­li­gen (mo­no­lo­gi­sches und dia­lo­gi­sches Spre­chen, Sprach­mitt­lung, Schrei­ben). Zu­dem er­wer­ben die Schü­le­rin­nen und Schü­ler Stra­te­gi­en, die Lern- be­zie­hungs­wei­se Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­zes­se er­leich­tern kön­nen.

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler er­le­ben die Fremd­spra­che nicht nur im Fremd­spra­chen­un­ter­richt, son­dern auch als Me­di­um, durch das und in dem In­hal­te an­de­rer Sach­fä­cher der Grund­schu­le ge­lernt wer­den. Die In­te­gra­ti­on von Fremd­spra­che und Sach­fach­in­hal­ten (EMI­LE = L'Ens­eig­ne­ment de Ma­tiè­res par l'In­té­gra­ti­on d'u­ne Lan­gue Étran­gè­re) un­ter­streicht die Be­deu­tung von Fremd­spra­chen als Bil­dungs­spra­chen und trägt gleich­zei­tig zu ei­ner Er­hö­hung der Kon­takt­zeit mit der Fremd­spra­che bei.

Bei­trag des Fa­ches zu den Leit­per­spek­ti­ven

In wel­cher Wei­se das Fach Fran­zö­sisch ei­nen Bei­trag zu den Leit­per­spek­ti­ven leis­tet, wird im Fol­gen­den dar­ge­stellt:

  • Bil­dung für To­le­ranz und Ak­zep­tanz von Viel­falt (BTV)
    Der Fremd­spra­chen­un­ter­richt trägt maß­geb­lich da­zu bei, dass sich die Kin­der mit an­de­ren Kul­tu­ren und Iden­ti­tä­ten be­fas­sen und sich in ei­nem dia­lo­gori­en­tier­ten Un­ter­richt, in Rol­len­spie­len und Ge­sprä­chen al­ters­ge­mäß mit lan­des­ty­pi­schen Ge­ge­ben­hei­ten aus­ein­an­der­set­zen. Kon­tak­te, in Form von Brie­fen un­d/o­der E-Mails mit Part­ner­klas­sen im Aus­land, er­mög­li­chen Viel­falt als ge­sell­schaft­li­che Rea­li­tät zu er­fah­ren und gleich­zei­tig Re­spekt, ge­gen­sei­ti­ge Ach­tung und Wert­schät­zung zu zei­gen.
  • Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heits­för­de­rung (PG)
    Der frü­he Fremd­spra­chen­un­ter­richt zielt mit sei­nen grund­schul­spe­zi­fi­schen Prin­zi­pi­en und Me­tho­den im Sin­ne der Leit­per­spek­ti­ve Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heits­för­de­rung auf die Stär­kung von Resi­li­enz­fak­to­ren und die För­de­rung von Le­bens­kom­pe­ten­zen.
    Im Be­reich der Un­ter­richts­or­ga­ni­sa­ti­on wer­den die Kin­der durch in­di­vi­du­el­les Ler­nen, das An­spre­chen ver­schie­de­ner Lern­ka­nä­le, den Wech­sel der So­zi­al­for­men so­wie Pha­sen der An­span­nung und Ent­span­nung un­ter­stützt. In ver­schie­de­nen Kom­pe­tenz­be­rei­chen ler­nen die Kin­der das Aus­drü­cken von Zu­stim­mung und Ab­leh­nung so­wie das Spre­chen über Vor­lie­ben und Ab­nei­gun­gen. Dies sind wich­ti­ge Vor­aus­set­zun­gen, um sich im ei­ge­nen Han­deln als selbst­wirk­sam zu er­le­ben. Beim Er­werb und der An­wen­dung der Fremd­spra­che wird auf wert­schät­zen­de Kom­mu­ni­ka­ti­on und acht­sa­mes Han­deln Wert ge­legt.
  • Me­di­en­bil­dung (MB)
    Die Me­di­en­bil­dung spielt im Fremd­spra­chen­un­ter­richt in Be­zug auf au­then­ti­sche Sprach­vor­bil­der eben­so ei­ne gro­ße Rol­le wie bei der In­for­ma­ti­ons­be­schaf­fung und bei Prä­sen­ta­tio­nen. Der Um­gang mit Me­di­en wird ge­übt und re­flek­tiert, so dass die Kin­der ei­ne sinn­vol­le und ver­ant­wor­tungs­be­wuss­te Nut­zung die­ser in ih­re Le­bens­ge­stal­tung in­te­grie­ren kön­nen.
  • Ver­brau­cher­bil­dung (VB)
    Ziel ist der Er­werb von Kom­pe­ten­zen für ein selbst­be­stimm­tes und ver­ant­wor­tungs­be­wuss­tes Kon­sum­ver­hal­ten. In ei­ner mo­der­nen Fremd­spra­che kann Ver­brau­cher­bil­dung bei­spiels­wei­se in Be­zug auf lan­des­spe­zi­fi­sche All­tags‑, Ess- und Kon­sum­kul­tu­ren den Schü­le­rin­nen und Schü­lern ver­mit­telt wer­den.

1.2 Kom­pe­ten­zen

Die Kon­zep­ti­on des Bil­dungs­plans weist pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen und Stan­dards für in­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen aus, die in viel­fäl­ti­ger Wei­se auf­ein­an­der be­zo­gen sind und in­ein­an­der­grei­fen. In ih­rer Zu­sam­men­füh­rung wer­den sie zu ei­nem trag­fä­hi­gen Ge­we­be, das – be­zo­gen auf die Si­tua­ti­on vor Ort und auf die Be­dürf­nis­se der Kin­der – in­di­vi­du­ell ver­fei­nert und wei­ter ge­wo­ben wird.

Das pri­mä­re Ziel des Fremd­spra­chen­ler­nens in der Grund­schu­le ist die Ent­wick­lung kom­mu­ni­ka­ti­ver und in­ter­kul­tu­rel­ler Kom­pe­ten­zen. De­ren sys­te­ma­ti­scher Auf­bau in der Wech­sel­wir­kung zwi­schen pro­zess- und in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen för­dert die Ver­stän­di­gung in fremd­sprach­li­chen Si­tua­tio­nen.

Die im Bil­dungs­plan der Grund­schu­le be­schrie­be­nen Kom­pe­ten­zen am En­de von Klas­sen 3/4 sind am Re­fe­renz­ni­veau A1 des Ge­mein­sa­men eu­ro­päi­schen Re­fe­renz­rah­mens (GeR) aus­ge­rich­tet. Die­ser de­fi­niert für al­le Spra­chen gül­ti­ge Kri­te­ri­en und Ni­veaus, nach de­nen die Sprach­be­herr­schung von Ler­nen­den ein­ge­stuft wer­den kann. Das in der Grund­schu­le an­ge­streb­te Re­fe­renz­ni­veau A1 be­schreibt die ele­men­ta­re Sprach­ver­wen­dung. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen sich auf ein­fa­che Wei­se ver­stän­di­gen, Fra­gen stel­len und be­ant­wor­ten so­wie ein­fa­che Fest­stel­lun­gen tref­fen und dar­auf re­agie­ren (ver­glei­che GeR, S. 42).Vor­aus­set­zung hier­für ist, dass sich die The­men auf die ver­trau­te Le­bens- und Er­fah­rungs­welt der Kin­der be­zie­hen.

Die be­schrie­be­nen Kom­pe­ten­zen ent­spre­chen den Be­schlüs­sen der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz (KMK) von 2011 „Stär­kung der Fremd­spra­chen­kom­pe­tenz“ und den „Emp­feh­lun­gen zur Ar­beit in der Grund­schu­le“ von 2015. Letz­te­re sind un­ter an­de­rem ei­ne Leit­li­nie für die im Bil­dungs­plan dar­ge­stell­ten Kom­pe­ten­zen für das Fremd­spra­chen­ler­nen in der Grund­schu­le.

Pro­zess- und in­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen sind eng mit­ein­an­der ver­wo­ben. (© Lan­des­in­sti­tut für Schul­ent­wick­lung)
Abbildung 1: Prozess- und inhaltsbezogene Kompetenzen sind eng miteinander verwoben. (Bild: Kommissionen)

Pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen

Sprach­lern­kom­pe­tenz (und Sprach­lern­stra­te­gi­en)

Der Auf­bau von Sprach­lern­kom­pe­tenz, wel­che die Ler­nen­den zu le­bens­lan­gem, selbst­stän­di­gem Spra­chen­ler­nen be­fä­higt, ist pro­zess­be­zo­gen und eng mit po­si­ti­ven Hal­tun­gen be­züg­lich des Spra­chen­ler­nens ver­knüpft. Im Fremd­spra­chen­un­ter­richt der Grund­schu­le ler­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler den Ein­satz al­ters­ge­rech­ter Stra­te­gi­en zu nut­zen, die sie beim Spra­chen­ler­nen un­ter­stüt­zen, wie vi­su­el­le Ver­ste­hens­hil­fen oder das Nach­fra­gen bei Ver­ständ­nis­pro­ble­men. Dar­über hin­aus kön­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler Lern­stra­te­gi­en ver­wen­den, die ih­nen zum Bei­spiel das Mer­ken von Wör­tern und Struk­tu­ren er­leich­tern oder ih­nen ver­schie­de­ne We­ge zum Er­schlie­ßen von Tex­ten er­mög­li­chen.

Kom­mu­ni­ka­ti­ve Kom­pe­tenz

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen al­ters­ge­rech­te In­hal­te, die si­tua­tiv ein­ge­bet­tet sind und sehr an­schau­lich dar­ge­bo­ten wer­den, ver­ste­hen. Sie kön­nen sich mit­hil­fe kur­zer Mehr­wort­sät­ze und for­mel­haf­ter Wen­dun­gen zu ver­trau­ten The­men äu­ßern und auf Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gi­en (Ver­wen­dung des Deut­schen, Mi­mik, Ges­tik, Vi­sua­li­sie­rung, …) zu­rück­grei­fen.

Im Sprach­er­werb ver­lau­fen Ent­wick­lun­gen zu­meist nicht li­ne­ar. Sie sind zum Teil sehr in­di­vi­du­ell und müs­sen bei der Dia­gnos­tik und Er­he­bung von Lern­stän­den be­rück­sich­tigt wer­den. Be­trach­tet man zum Bei­spiel den Lau­ter­werb, so sind – je nach­dem, wel­che Erst­spra­che(n) ei­ne Schü­le­rin oder ein Schü­ler hat – un­ter­schied­li­che In­ter­fe­ren­zen zu er­war­ten. Zu­dem wird die Aus­spra­che von in­di­vi­du­ell ver­schie­de­nen Laut­un­ter­schei­dungs­fä­hig­kei­ten be­ein­flusst. Wäh­rend ei­ni­ge Schü­le­rin­nen und Schü­ler ziel­spra­chi­ge Lau­te schnell gut aus­spre­chen kön­nen, be­nö­ti­gen an­de­re mehr Zeit und häu­fi­ge, ge­ziel­te Übung.

In­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen

Die in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen wer­den im vor­lie­gen­den Bil­dungs­plan un­ter­glie­dert in

  • Kom­mu­ni­ka­ti­ve Fer­tig­kei­ten
  • Sprach­li­che Mit­tel
  • Kul­tu­rel­le Kom­pe­tenz

Die­se wer­den an kon­kre­ten Un­ter­richts­in­hal­ten er­wor­ben. Zu­dem lie­fert der Bil­dungs­plan The­men­fel­der mit ver­bind­li­chen Re­de­mit­teln.

Im Rah­men des frü­hen Fremd­spra­chen­ler­nens geht es vor al­lem um ein An­knüp­fen an Vor­er­fah­run­gen mit an­de­ren Spra­chen und Kul­tu­ren. So führt der Fremd­spra­chen­un­ter­richt in der Grund­schu­le die Kin­der auf spie­le­ri­sche und un­kom­pli­zier­te Art zu ei­nem selbst­ver­ständ­li­chen Um­gang mit der Ver­schie­den­ar­tig­keit von Spra­chen, Kul­tu­ren und In­di­vi­du­en und trägt zu­sam­men mit in­ter­kul­tu­rel­len Kon­tak­ten zur Stär­kung von Bil­dung von To­le­ranz und Ak­zep­tanz von Viel­falt bei.

1.3 Di­dak­ti­sche Hin­wei­se

Fremd­spra­chen­er­werb und kul­tu­rel­les Ler­nen in der Grund­schu­le er­for­dern ei­ne grund­schul­spe­zi­fi­sche Sprach­di­dak­tik und Me­tho­dik. Der Un­ter­richt ist grund­sätz­lich hand­lungs- und lern­pro­zess­ori­en­tiert und spi­ral­för­mig an­ge­legt, so dass be­reits Be­kann­tes als Aus­gangs­punkt für neu zu Ler­nen­des ge­nutzt wird. Die in­ter­na­tio­na­le For­schung im Be­reich des frü­hen Fremd­spra­chen­ler­nens hat ge­zeigt, dass fol­gen­de Prin­zi­pi­en das er­reich­ba­re Ni­veau an fremd­sprach­li­cher Kom­pe­tenz der Schü­le­rin­nen und Schü­ler maß­geb­lich be­ein­flus­sen:

Das Prin­zip der An­schau­lich­keit

Be­son­ders in den ers­ten Lern­jah­ren be­misst sich die Qua­li­tät des In­puts am Grad sei­ner Ver­ständ­lich­keit. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen ver­gleichs­wei­se kom­ple­xe fremd­sprach­li­che In­hal­te ver­ste­hen, wenn ge­nü­gend an­schau­li­che Ver­ständ­nis­stüt­zen vor­han­den sind, das heißt, der In­put ges­tisch, mi­misch, mit Bil­dern oder Rea­lia prä­sen­tiert wird. Die Lehr­kraft ver­wen­det die Fremd­spra­che si­tua­ti­ons- und hand­lungs­be­glei­tend, so dass die Ler­nen­den durch das, was sie non­ver­bal wahr­neh­men, Rück­schlüs­se auf das, was sie in der Fremd­spra­che hö­ren, zie­hen kön­nen.

Das Prin­zip der Ein­spra­chig­keit durch die Lehr­kraft

In ei­nem Un­ter­richt, in dem die Fremd­spra­che nicht nur Ge­gen­stand und Ziel, son­dern zu­gleich auch das Me­di­um der In­ter­ak­ti­on dar­stellt, ist die Lehr­kraft das Sprach­vor­bild und ge­stal­tet ih­ren Un­ter­richt nach dem Prin­zip der Ein­spra­chig­keit. Ihr In­put ist le­xi­ka­lisch und pho­no­lo­gisch si­cher und struk­tu­rell va­ri­an­ten­reich. Das be­deu­tet, dass – je nach den Er­for­der­nis­sen der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­si­tua­ti­on – auch gram­ma­ti­sche Struk­tu­ren und ein Wort­schatz ver­wen­det wer­den, die die Schü­le­rin­nen und Schü­ler noch nicht ken­nen oder ak­tiv ver­wen­den kön­nen. Ent­schei­dend ist, dass die Spra­che in ein­deu­tig er­schließ­ba­re Kon­tex­te ein­ge­bet­tet ist.

Das Prin­zip der Si­tua­ti­ons- und The­men­ori­en­tie­rung (EMI­LE)

Die Qua­li­tät des In­puts hängt dar­über hin­aus da­von ab, wie re­le­vant die The­men für die Ler­nen­den sind. Da sich The­men mit kon­kre­tem Le­bens­welt­be­zug in al­len Sach­fä­chern der Grund­schu­le fin­den, wird die Fremd­spra­che so oft wie mög­lich nicht nur als Un­ter­richts­spra­che im Fremd­spra­chen­un­ter­richt ge­nutzt, son­dern auch in Sach­fä­chern ver­wen­det. Durch die In­te­gra­ti­on der Fremd­spra­che in Sach­fä­chern wird die Kon­takt­zeit mit der Fremd­spra­che und da­mit das er­reich­ba­re Ni­veau an Fremd­spra­chen­kennt­nis­sen ge­stei­gert und ist so­mit die struk­tu­rell ein­fachs­te Art, die Quan­ti­tät des fremd­sprach­li­chen In­puts zu er­hö­hen. Fä­cher­über­grei­fen­des Ar­bei­ten – die In­te­gra­ti­on des Fremd­spra­chen­un­ter­richts in ver­schie­de­ne Sach­fä­cher in Form von EMI­LE – bie­tet sich eben­falls an, um die le­bens­welt­li­che Re­le­vanz der Un­ter­richts­in­hal­te zu ver­stär­ken. Da­bei kann die Fremd­spra­che in die Ar­beits­for­men wie Frei­ar­beit und Wo­chen­pla­n­ar­beit re­gel­mä­ßig in­te­griert wer­den und auch in Ar­beits­ge­mein­schaf­ten und an au­ßer­schu­li­schen Lern­or­ten.

Grund­schul­spe­zi­fi­sche Me­tho­dik des frü­hen Fremd­spra­chen­un­ter­richts

Der frü­he Fremd­spra­chen­un­ter­richt ba­siert auf grund­schul­spe­zi­fi­schen Prin­zi­pi­en. Ne­ben den oben er­wähn­ten Prin­zi­pi­en An­schau­lich­keit, Ein­spra­chig­keit und Si­tua­ti­ons‑/The­men­ori­en­tie­rung zäh­len da­zu Al­ters­ge­mäß­heit, Hand­lungs­ori­en­tie­rung, Er­leb­nis- und Spiel­ori­en­tie­rung, Le­bens­welt­be­zug so­wie Ganz­heit­lich­keit.

Ein zen­tra­ler As­pekt ist die Hand­lungs­ori­en­tie­rung: Sprach­li­ches Han­deln er­folgt in au­then­ti­schen, in­ter­ak­ti­ven Kom­mu­ni­ka­ti­ons­si­tua­tio­nen, die durch ih­ren Be­zug zur Er­fah­rungs­welt der Kin­der für die­se be­deut­sam sind. Dies ge­schieht durch die Ver­bin­dung der für die Ler­nen­den re­le­van­ten The­men mit al­ters­ge­rech­ten, mo­ti­vie­ren­den und kon­text­be­zo­ge­nen Auf­ga­ben, de­ren Be­ar­bei­tung die ak­ti­ve Ver­wen­dung von Spra­che er­for­dert (auf­ga­ben­ba­sier­tes Ler­nen).

Ganz­heit­li­ches Ler­nen „mit al­len Sin­nen“ er­mög­licht au­ßer­dem ei­ne Ver­knüp­fung von sprach­li­chem und au­ßer­sprach­li­chem Han­deln und bie­tet ne­ben ko­gni­ti­ven auch af­fek­ti­ve, hap­ti­sche und krea­ti­ve Zu­gän­ge zur Spra­che. Hier­für eig­nen sich be­son­ders spie­le­ri­sche oder mu­sisch-künst­le­ri­sche Si­tua­tio­nen so­wie der Ein­satz viel­fäl­ti­ger Me­di­en, die die Fremd­spra­che an­schau­li­cher, in­ter­es­san­ter, emo­tio­nal er­leb­bar und nach­voll­zieh­bar ma­chen. Sie sind ele­men­tar und uni­ver­sell und spie­len für das Fremd­spra­chen­ler­nen ei­ne zen­tra­le Rol­le (nar­ra­ti­ves Prin­zip). Die Kin­der wer­den emo­tio­nal an­ge­spro­chen und er­le­ben Spra­che in ei­nem grö­ße­ren Sinn­zu­sam­men­hang. Die Kon­textua­li­sie­rung des Ge­hör­ten er­folgt durch Stimm­mo­du­la­ti­on, Mi­mik, Ges­tik, Blick­kon­takt, Kör­per­spra­che oder Hand­lun­gen so­wie durch die Be­to­nung von Schlüs­sel­wör­tern, be­wusst ge­wähl­te Sprech­pau­sen und Wie­der­ho­lun­gen.

Dif­fe­ren­zie­rung

Ne­ben ei­ner grund­schul­spe­zi­fi­schen Me­tho­dik gilt es un­ter­schied­li­che Lern­vor­aus­set­zun­gen zu be­rück­sich­ti­gen. Im Fremd­spra­chen­un­ter­richt wir­ken sich vor al­lem in­di­vi­du­el­le Un­ter­schie­de hin­sicht­lich der Mo­ti­va­ti­on, der Ein­stel­lun­gen zu an­de­ren Spra­chen, des Sprach­ta­lents, des Vor­wis­sens und der erst- so­wie ge­ge­be­nen­falls zweit­sprach­li­chen Kom­pe­tenz aus. Da­her müs­sen die di­dak­tisch-me­tho­di­schen Zu­gän­ge va­ri­iert und an­ge­passt wer­den, um je­den Ler­nen­den zu er­rei­chen: „Wel­che In­hal­te sind zen­tral?“, „Wel­che Lern­we­ge eig­nen sich für wen?“, „Wel­che un­ter­schied­li­chen Mög­lich­kei­ten gibt es, um Er­geb­nis­se zu prä­sen­tie­ren?“. Da­bei ist zu be­ach­ten, dass in­ter­ak­ti­ve Pha­sen vor­ran­gig sind. Ge­ra­de in der Frei­ar­beit kön­nen sprach­pro­duk­ti­ve Lern­auf­ga­ben in Ein­zel‑, Part­ner- oder Grup­pen­ar­beit auf ver­schie­de­nen Ni­veaus an­ge­bo­ten wer­den. Wich­tig ist zu­dem, dass die in­di­vi­du­el­le Ent­wick­lung der Ler­nen­den be­ob­ach­tet und un­ter­richts­be­glei­tend eva­lu­iert wird.

Die zen­tra­len Fer­tig­kei­ten sprach­li­chen Han­delns

Die für das frü­he Fremd­spra­chen­ler­nen zen­tra­len Fer­tig­kei­ten sprach­li­chen Han­delns sind das Hör‑/Hör­seh­ver­ste­hen, Spre­chen, Le­sen, Schrei­ben und die Sprach­mitt­lung (Me­dia­ti­on). Hier­bei geht die Re­zep­ti­on (Hör­ver­ste­hen, Le­sen) je­weils der Sprach­pro­duk­ti­on (Spre­chen, Schrei­ben) vor­aus, und die krea­ti­ve Pro­duk­ti­on in der Fremd­spra­che stellt die Ler­nen­den so­wohl im münd­li­chen als auch im schrift­li­chen Be­reich vor grö­ße­re Her­aus­for­de­run­gen. Im Sin­ne der Pro­gres­si­on be­wegt sich der Fremd­spra­chen­un­ter­richt von den re­zep­ti­ven zu den pro­duk­ti­ven Fer­tig­kei­ten.

In der Grund­schu­le liegt der Schwer­punkt des Fremd­spra­chen­un­ter­richts im Be­reich des Münd­li­chen. Grund­schul­kin­der sind es ge­wöhnt, in ih­rer täg­li­chen Um­ge­bung mit fremd­sprach­li­chen Lie­dern und Tex­ten kon­fron­tiert zu wer­den. Es ist wich­tig, den Kin­dern die Schrift­bil­der erst nach der Si­che­rung des Hör‑/Hör­seh­ver­ste­hens und des Spre­chens zu prä­sen­tie­ren, um Le­se­feh­ler zu ver­mei­den, die auf erst­sprach­li­chen Laut‑/ Buch­sta­ben­ver­bin­dun­gen be­ru­hen.

Das Le­se­ver­ste­hen er­wei­tert sich von der Wort-Bild­zu­ord­nung zum Le­sen und Ver­ste­hen kur­zer ein­fa­cher Sät­ze. Ein sys­te­ma­ti­scher Schrei­b­lehr­gang ist nicht not­wen­dig, es wer­den aber die Re­gel­haf­tig­kei­ten be­zie­hungs­wei­se Phä­no­me­ne auf­ge­grif­fen, wel­che die Kin­der selbst be­mer­ken oder wel­che ih­nen schwer­fal­len.

Fremd­sprach­lich gut be­kann­te Wör­ter und kur­ze Sät­ze wer­den Bil­dern zu­ge­ord­net. Das Schrift­bild dient hier als Merk­hil­fe, be­son­ders für die Lern­ty­pen, die durch Hö­ren und Spre­chen al­lein nicht an­ge­spro­chen wer­den.

Sprach­rich­tig­keit ist im Fremd­spra­chen­un­ter­richt der Grund­schu­le vor al­lem auf der pho­no­lo­gi­schen Ebe­ne zu be­ach­ten. Da Feh­ler als pro­duk­ti­ve Zwi­schen­stu­fe im Sprach­lern­pro­zess an­ge­se­hen wer­den, wird den Kin­dern bei­spiels­wei­se bei der Aus­spra­che die rich­ti­ge Form – bei Be­darf auch mehr­fach – vor­ge­spro­chen.

Gram­ma­tik hat im­mer ei­ne dem Ver­ständ­nis und der Sprach­pro­duk­ti­on die­nen­de Funk­ti­on. In aus­wen­dig ge­lern­ten for­mel­haf­ten Wen­dun­gen bei­spiels­wei­se aus Lie­dern oder Ge­schich­ten wer­den gram­ma­ti­sche Struk­tu­ren zu­nächst als le­xi­ka­li­sche Ein­hei­ten ab­ge­spei­chert, wo­bei die ein­zel­nen Ele­men­te der Struk­tu­ren nicht un­be­dingt „ver­stan­den“ wer­den müs­sen. Sol­che for­mel­haf­ten Wen­dun­gen ent­las­ten die Ver­ar­bei­tung von gram­ma­ti­schen Struk­tu­ren und bie­ten den Ler­nen­den Re­de­mit­tel, die sie nicht selbst kon­stru­ie­ren müs­sen, son­dern als Gan­zes aus dem Ge­dächt­nis ab­ru­fen kön­nen.

Sprach­lern­pro­zess­be­glei­tung durch das Spra­chen­port­fo­lio

Der Er­werb von Sprach­kom­pe­tenz ist ein le­bens­lan­ger Pro­zess. Um die­sen Pro­zess zu un­ter­stüt­zen, ist das Füh­ren ei­nes Spra­chen­port­fo­li­os sinn­voll, in dem sich die Kin­der zum Bei­spiel selbst ein­schät­zen und ih­ren ei­ge­nen Lern­fort­schritt fest­hal­ten. Auf die­se Wei­se wird in ver­ständ­li­cher, al­ter­s­ent­spre­chen­der Form der ak­tu­el­le, in­di­vi­du­el­le Lern­stand je­des Kin­des aus­zugs­wei­se ver­an­schau­licht. Zu­dem kön­nen Port­fo­li­os Ein­stel­lun­gen, Ge­füh­le, Lern­be­reit­schaft, Stra­te­gi­en oder die Mehr­spra­chig­keit von Ler­nen­den do­ku­men­tie­ren.

Der Fremd­spra­chen­un­ter­richt der Grund­schu­le legt die Ba­sis für ein er­folg­rei­ches Fremd­spra­chen­ler­nen in den wei­ter­füh­ren­den Schu­len. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen ih­re sprach­li­chen Kom­pe­ten­zen in viel­fäl­ti­gen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­si­tua­tio­nen, die ih­nen aus dem Fremd­spra­chen­un­ter­richt der Grund­schu­le ver­traut sind (zum Bei­spiel klei­ne Prä­sen­ta­tio­nen vor der Klas­se, Rol­len­spie­le), ein­brin­gen und wei­ter­ent­wi­ckeln. Lehr­kräf­ten der wei­ter­füh­ren­den Schu­le bie­ten sich in sol­chen In­ter­ak­ti­ons­si­tua­tio­nen Mög­lich­kei­ten der Dia­gnos­tik sprach­li­cher Kom­pe­tenz. Aus­gangs­punkt hier­für kön­nen un­ter an­de­rem die im Port­fo­lio ge­sam­mel­ten Ar­bei­ten sein.


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