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Berufliche Schulen

Bildungsplanarbeit für die Beruflichen Gymnasien 2021

Literatur und Theater

Jahrgangsstufen 1 und 2

Vorbemerkungen

Fachbezogene Vorbemerkungen

1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Das Wahlfach Literatur und Theater ergänzt den Fächerkanon des Beruflichen Gymnasiums im sprachlich-literarisch-künstlerischen Aufgabenfeld. Darin hat es den besonderen Auftrag der literatur- und theaterästhetischen Bildung auf produktions- und rezeptionsästhetischer Ebene.
Literatur und Theater bieten den Rezipientinnen und Rezipienten die Möglichkeit, vor der Folie des künstlerischen Produkts (Text, Inszenierung, Performance etc.) eigene Erfahrungen zu reflektieren. Beide Formen fordern dazu auf, sich mit Bestehendem kritisch auseinanderzusetzen und scheinbar Festgeschriebenes zu hinterfragen. Sie folgen ästhetischen Regeln in Abhängigkeit von der jeweiligen Gesellschaft und Kultur und thematisieren darüber hinaus Grundfragen der menschlichen Existenz, die über die Entstehungszeit hinausweisen.
Die Auseinandersetzung mit Literatur und Theater eröffnet damit politisch und gesellschaftlich relevante Themenfelder und befähigt zur Bewältigung individueller und gesellschaftlicher Aufgaben und Herausforderungen.
Die Schülerinnen und Schüler erhalten im Darstellenden Spiel die Möglichkeit, sich mit Wirklichkeit auseinanderzusetzen, sie nachzugestalten, in Frage zu stellen und neue Wirklichkeiten zu entwerfen. Die wechselseitige Verbindung von Wahrnehmen, Erfahren, Gestalten und Reflektieren leistet einen wesentlichen Beitrag dazu, dass Schülerinnen und Schüler die eigene Weltsicht und die anderer Menschen erfahren, erproben und kritisch hinterfragen und damit ein Verhältnis zu sich und unserer Welt entwickeln können.
Die Inhalte und die handlungsorientierten Arbeitsweisen des Faches Literatur und Theater fördern die ganzheitliche Persönlichkeitsbildung und Schlüsselqualifikationen wie problemlösendes Denken, Kreativität, Kooperationsfähigkeit, das Denken in Modellen und symbolischen Zusammenhängen. Diese sind unabdingbar für ein gelingendes Leben in einer pluralistischen und demokratisch verfassten Gesellschaft, für die Bewältigung beruflicher Anforderungen und die Studierfähigkeit.
Fachliche und methodische Kenntnisse, die im Fach Deutsch bisher erworben worden sind, und Fertigkeiten im Umgang mit modernen Medien können im Fach Literatur und Theater spielerisch-experimentell, zugleich aber auch ergebnisorientiert, angewendet werden. Der Begegnung mit Literatur (und mit Kunst allgemein) kommt eine wichtige Bedeutung zu: Sowohl im analytisch-rezeptiven als auch im kreativ-experimentellen Umgang mit Literatur werden bei den Schülerinnen und Schülern Kreativität, Phantasie, Empathie und ästhetisches Empfinden gefördert. Sie erweitern einerseits durch Perspektivwechsel ihre eigene Wahrnehmung, andererseits erschließt sich ihnen durch eine Betrachtungsweise, die über die rein funktionale hinausgeht, ein ganzheitlicher Sinnhorizont.
Die Schülerinnen und Schüler erwerben in der gestalterischen Auseinandersetzung im Ensemble demokratische Kompetenzen und werden in die Lage versetzt, verantwortungsvoll und mitmenschlich zu handeln. Sowohl im rezeptiven als auch im kreativen und insbesondere theatralisch-gestaltendem Umgang mit Literatur werden die Schülerinnen und Schüler zu flexibler Perspektivübernahme aufgefordert. Der spielerisch-kreative Umgang mit fiktionalen und nichtfiktionalen Texten und das bewusste körperliche Agieren und Erleben in der Gruppe fördern die persönliche Entwicklung der jungen Erwachsenen und befähigen sie zu einer intensiveren Körperwahrnehmung. Sie lernen Elemente der Selbstregulation wie Wahrnehmungs- und Entspannungstechniken, Atem‑, Körper- und Stimmübungen kennen, erwerben in der theaterpraktischen Arbeit Möglichkeiten des Selbstausdrucks und erfahren dabei Selbstwirksamkeit. Dadurch gewinnen sie sowohl Selbstbewusstsein als auch relevante Kompetenzen in der sozialen Interaktion sowie Empathie, Toleranz und Akzeptanz anderer Lebensmodelle.
Sowohl im schulischen als auch im außerschulischen Rahmen wird bei den Schülerinnen und Schülern durch den Unterricht die Grundlage für ein umfassendes Interesse an der kulturellen und ästhetischen Bedeutung von Literatur und Theater gelegt. Sie machen zudem die Erfahrung einer aktiven, kreativen Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben der Gegenwart.

2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Das Fach Literatur und Theater vermittelt den Schülerinnen und Schülern eine grundlegende Bildung im produktiv-ästhetischen Umgang mit Literatur und in den darstellenden Künsten. Es greift Impulse aus den anderen künstlerischen Fächern sowie aus den Fremdsprachen und den Gesellschaftswissenschaften auf und nutzt die Möglichkeiten traditioneller Inszenierungstechnik wie auch moderner Medien.
Ziel ist die Entwicklung einer ästhetischen Handlungskompetenz, die sich in vier prozessorientierte Kompetenzbereiche auffächert (vgl. Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Darstellendes Spiel der KMK i. d. F. vom 16.11.2006):
  • Die Sachkompetenz umfasst literarische und theatrale Grundkenntnisse und ‑fertigkeiten. Dazu gehört der Umgang mit grundlegenden Fachbegriffen, verschiedenen Zeichensystemen, szenischen Strukturen und einzelnen Gestaltungselementen sowie das Analysieren und Reflektieren eigener und fremder ästhetischer Produkte.
  • Ihre Gestaltungskompetenz erweitern die Schülerinnen und Schüler, indem sie gezielt und reflektiert literarische und theatrale Mittel in eigenen ästhetischen Prozessen anwenden.
  • Ihre kommunikative Kompetenz der Deutung, Analyse und Reflexion eigener und fremder Texte stärken die Schülerinnen und Schüler unter Anwendung der Fachterminologie und Verwendung von Qualitätskriterien. Sie begreifen Literatur und Theater als kommunikative Akte.
  • Ihre soziokulturelle Kompetenz fördern die Schülerinnen und Schüler in der Auseinandersetzung mit relevanten Aspekten der Literatur- und Theaterkultur, ‑theorie und ‑geschichte, die in inhaltlichem Zusammenhang mit den eigenen Projekten stehen. Sie erfahren Literatur und Theater im Vergleich zu anderen medial vermittelten darstellenden Künsten wie z.B. Film und Hörspiel und werden zu politischer und kultureller Teilhabe befähigt.

Diese Kompetenzen werden an den Inhalten, wie sie in den Bildungsplaneinheiten aufgeführt werden, erworben.
Die Systematik der Bildungsplaneinheiten (BPE) im Fach „Literatur und Theater“ ist prozess- und handlungsorientiert. Sie berücksichtigt sowohl praktische Arbeit als auch theoretische Grundlagen und gibt keinen curricularen Verlauf vor. Auf eine Zuordnung zu Jahrgangsstufen wird daher verzichtet. In einem besonderen Maße wird damit der Projektorientierung Rechnung getragen.
Im Zentrum des Unterrichts steht der produktive Umgang mit Texten. Dabei wird von einem erweiterten Textbegriff ausgegangen, der alle medialen Darstellungsformen enthält. Die Gestaltungsaufgaben werden zunehmend anspruchsvoller und auf höherem Niveau bearbeitet, wobei die Themenfelder jederzeit mehr oder weniger stark ineinandergreifen, dennoch können die verschiedenen BPE inhaltlich miteinander verknüpft werden.
Grundlegende Methoden in allen BPE sind die Gruppen- und Ensemblearbeit, das kreative Schreiben und die Improvisation. Durchgängig begleitendes Arbeitsprinzip ist die kritische Reflexion, sowohl als Verstehensleistung vorliegender Texte als auch bei dem kritischen, sprachlich angemessenen Feedback eigener und fremder Arbeiten.

Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.


Jahrgangsstufen 1 und 2

Vertiefung – Individualisiertes Lernen – Projektunterricht (VIP)

36

Vertiefung

Individualisiertes Lernen

Projektunterricht

z. B.
Übungen
Anwendungen
Wiederholungen
z. B.
Selbstorganisiertes Lernen
Lernvereinbarungen
Binnendifferenzierung
z. B.
Kreatives Schreiben
Anthologie
Begleitmaterial für Aufführungen
Regiebuch
Werkstattaufführungen
Text- und Szenencollage
Performance
Inszenierung von Gedichten, Kurzprosa, Minidramen, einer Ganzschrift, eines Dramas
Biografisches Theater
Die Themenauswahl des Projektunterrichts hat aus den nachfolgenden Bildungsplaneinheiten unter Beachtung Fächer verbindender Aspekte zu erfolgen.

BPE 1

Literatur- und theaterästhetische Grundlagen

30

Die Schülerinnen und Schüler wenden in elementarer Form literarische und theatrale Gestaltungsmittel an. Sie schreiben kurze Texte oder improvisieren kleine Aktionen und trainieren ihre Wahrnehmung durch Hör- oder Nachahmungsübungen. Sie nehmen die Bedeutung und Wirkung literarischer und theatraler Mittel bewusst wahr und beschreiben ihre Eindrücke. Sie verwenden ein angemessenes Fachvokabular. Die Schülerinnen und Schüler erweitern durch Reflexion und Feedback ihre Gestaltungsmöglichkeiten.

BPE 1.1

Die Schülerinnen und Schüler beschreiben Literatur und Theater als Zeichensysteme.

Literatur
z. B. Laute, Wörter, Sätze: Mehrdeutigkeiten, Leerstellen und Bruchstellen
z. B. unterschiedliche Sprach-Register
z. B. rhetorische Mittel, Reimformen, Metrik
Genres, Gattungen, epochenspezifische Themen und Motive
vgl. Deutsch
Theater
Kennzeichen einer theatralen Situation:
z. B. Unmittelbarkeit, Ko-Präsenz von Darsteller und Zuschauer, Als-ob-Situation, Vereinbarung zwischen Publikum und Schauspieler (Zeichencharakter, Folgenlosigkeit)
Feedback
Feedbackgeber:
beschreiben, analysieren, beurteilen, Optimierungsvorschläge entwickeln, verbessern
z. B. Magic Moment, Perlentaucher, Goldklümpchen sammeln
Feedbacknehmer: empfangen, zuhören, aushalten, annehmen, Verteidigungshaltung vermeiden, umsetzen

BPE 1.2

Die Schülerinnen und Schüler erproben, beschreiben und reflektieren literatur- und theaterästhetische Mittel.

Bewegung und Körpereinsatz:
Übungen:
  • Aufwärmen
z. B. Ensemblebildung, Vertrauen, sich (ein)finden, Warm-up, Fokussierung, Wahrnehmung, Gangarten, Bewegungsspiele
  • Präsenz
z. B. Körperspannung, neutrale Haltung, peripherer Blick, Fokus
  • Körpersprache
z. B. Standbilder, Freeze, Synchronität, Tocs, Freakout vs. Engelstopp
Topologie und Rezipientenbezug
Ortsbeschreibungen und Theaterräume, Leseanrede und Publikumsbezug
Bühnenformen:
z. B. Environmental, Arena, Guckkasten mit vierter Wand, Simultanbühne,
Ortsspezifisches Theater
Körper im Raum
z. B. Neun-Punkte-Feld, Blindführung
Körperwahrnehmung: Verhalten in verschiedenen Räumen
Formen der Zeitgestaltung:

  • Erzählzeit und erzählte Zeit
Zeitdehnung, Unterbrechung, Zeitraffung
Umschreiben, Szenisches Interpretieren
z. B. Umsetzung von Kurzprosa:
Kafka, Brecht, Kunert, Wohmann, Thurber, Hohler, Charms
z. B. Witze, Märchen, Fabeln
  • Tempo
Dynamik, Zeitlupe, Beschleunigung, Pausen
vgl. Deutsch
Umgang mit Requisiten und Kostümen
Zeichencharakter: real oder verfremdet
z. B. Masken
Bühnenbild
z. B. realistisch, minimalistisch, abstrakt
z. B. Lichteinsatz
Musik
untermalend und konterkarierend
Geräusche
selbsterzeugt und eingespielt:
z. B. Rascheln mit Papier, Body-Percussion
Atem, Artikulation und Sprechen
Atemtechniken, Stimmbildung
z. B. Zungenbrecher, akustische Poesie von Ball, Chlebnikov, Behrens, Mon, Rühm, Heindrichs
Variation: Lautstärke, Tempo, Tonhöhe, Betonung, Pausen
Sprache
Figurencharakterisierung
z. B. Ausdruck, Stil, Dialekt
vgl. Deutsch

BPE 2

Narrativität und Dramaturgie

20

Die Schülerinnen und Schüler erschließen, bearbeiten und gestalten literarische und nicht-literarische Texte mithilfe differenzierter Methoden und unter Nutzung des eigenen literarischen Vorwissens. Sie erfassen narrative Strukturen von Texten und weiterer medialer Darstellungen und vergleichen Texte verschiedener Art. Sie erfahren den breit gefächerten Arbeitsbereich der Dramaturgie am Theater und schaffen die Grundlage einer eigenen Inszenierung. Dabei nutzen sie bewusst weitere Kunstformen und audiovisuelle Medien als Impulse für ihre szenische Arbeit und erstellen begleitendes Material für den eigenen ästhetischen Prozess und dessen Präsentation.

BPE 2.1

Die Schülerinnen und Schüler interpretieren rezeptiv-analytisch und experimentell-kreativ literarische und nicht-literarische Texte. Sie beurteilen die ästhetische Wirkung in ihrer Zeitbedingtheit und in Bezug zu einem eigenen ästhetischen Produkt.

Analytisch-rezeptive Methoden

Literarische Kommunikation
Gattungen, Textsorten, Epochen, Themen, Motive
Historische Bedingtheit
Autorinnen und Autoren – Werk – Leserinnen und Leser
  • Rhetorik und Ästhetik
Inhalte und ästhetische Normen
  • Textvergleich
Stilmittel, Subtexte, Sprechakte
Produktionsorientierte Methoden
z. B. deutschsprachige Literatur nach 1945 oder Literatur im europäischen und globalen Kontext
vgl. Deutsch
  • Figurencharakterisierung
z. B. Figureninterview, Rollenbiografie, Monologisierung/Dialogisierung
Standbilder, Statusspiel, Ticks, Strichfassung eines dramatischen Textes
vgl. Deutsch
  • Situationsanalyse

  • ästhetische Bewertung
z. B. W-Fragen
Feedback als Teil des ästhetischen Verstehensprozesses
  • kreatives Schreiben

  • szenische Umsetzung
z. B. Übertragen in andere Gattungen, Textsorten, Genre, Schreiben von biografischen Texten
von literarischen und nicht-literarischen Texten, z. B. Gebrauchstexte, journalistische Texte
vgl. Deutsch

BPE 2.2

Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mit weiteren künstlerischen Ausdrucksformen auseinander, reflektieren dabei die mediale Vermittlung und deren Wirkung und erproben sie in der eigenen Umsetzung.

Künstlerische Ausdrucksformen
z. B. Tanz, Performance, Bilder, Fotos, Lieder, Musikstücke als Impuls für theaterpraktisches und szenisches Arbeiten oder als Teil der eigenen Inszenierung
Audiovisuelle Medien
z. B. Film, Serie, Hörspiel
  • ästhetische Gestaltungsmittel
z. B. Perspektive, Schnitt, Ton – in der Praxis auch mit digitalen Mitteln
  • Wechselwirkung
z. B. Verfremdung, Live-Projektion mit eigenen inszenatorischen Mitteln

BPE 2.3

Die Schülerinnen und Schüler verfassen und reflektieren eigenes Textmaterial, das als Grundlage für Anthologien oder für szenische Umsetzungen dient.

Dramatische Texte

  • Regieanweisungen
  • Dialoge
  • Monologe
z. B. Fixieren von Material aus Improvisationen,
Minidrama, Übertragen aus epischen und lyrischen Formen nach inhaltlichen und formalen Vorgaben und hinsichtlich des eigenen Projektziels
Nicht-dramatische Texte
Kreatives Schreiben, vgl. Deutsch
z. B. lyrische, epische, biografische Texte

BPE 2.4

Die Schülerinnen und Schüler erläutern die Wechselwirkung von Inhalt und Form in der narrativen Gestaltung und dramaturgischen Arbeit. Sie stellen ihre Kenntnisse in eigenen Projekten dar und reflektieren die Aufgaben der Dramaturgie in Zusammenhang mit einer Aufführung bzw. Präsentation des eigenen ästhetischen Produktes.

Kompositionsmethoden
Gestaltungskategorien
  • inhaltlich
  • rhythmisch
  • atmosphärisch
z. B. Reihung, Wiederholung, Steigerung, Verdichtung, Variation, Parallelität, Kontrastierung, Umkehrung, Bruch
Narrative und dramaturgische Konzepte
Beurteilung und Erprobung in Hinblick auf eigene Projekte
z. B. Plotstrukturen, Balladen, klassisches Drama, Collage, Performance
Aufgaben von Lektorat und Dramaturgie
z. B. Hintergrundmaterial, Urheberrecht, Öffentlichkeitsarbeit, Waschzettelerstellung, Stückeinführung, Publikumsgespräch, Regiebuch

BPE 3

Präsentation selbst gestalteter Texte/Inszenierung

20

Die Schülerinnen und Schüler entwickeln die Fähigkeit zum Perspektivwechsel und zur Akzeptanz verschiedenartiger künstlerischer Ansätze. Sie gestalten Präsentationen oder Inszenierungen aufgrund geleisteter rezeptiv-analytisch reflektierter Texte, indem sie selbst Texte gestalten oder dramaturgische Umsetzungsmöglichkeiten erarbeiten und legen mögliche Wirkungsabsichten fest. Sie reflektieren und überarbeiten anhand von Probedurchläufen ihre Texte und Inszenierungskonzepte. Schließlich präsentieren die Schülerinnen und Schüler ihre Ergebnisse in angemessenem Rahmen und beachten dabei das geltende Urheberrecht; die Analyse und Bewertung von Inszenierungen stärken ihre Fähigkeit zur kompetenten kulturellen Teilhabe.

BPE 3.1

Die Schülerinnen und Schüler analysieren, interpretieren und reflektieren Texte (erweiterter Textbegriff) hinsichtlich potenzieller kreativer Gestaltungsprozesse. Sie analysieren und reflektieren Theaterproben sowie Aufführungen, die sie besuchen, hinsichtlich ihrer technischen Umsetzung und der Wirkung ihrer Inszenierung.

Auswertung einer Vorlage
z. B. Motivkette und Komposition einer Vorlage, Figurencharakterisierung, biografisches Schreiben
Auseinandersetzung mit einer Inszenierung (unter Berücksichtigung urheberrechtlicher Rahmenbedingungen)
z. B. Regiekonzepte, Werktreue, technische Ausgestaltung einer Szene (Bewegungsanalyse, Bühnengestaltung, Einsatz von Requisiten, Musik, Licht)
Theaterorganisation
z. B. technische Ausstattung eines modernen Theaters, Personalaufwand, Finanzierung, Öffentlichkeitsarbeit: Programm, Werkstattmaterialien, Spielpläne

BPE 3.2

Die Schülerinnen und Schüler verfassen Texte, Songs und szenische Produkte, indem sie sich mit einem Überarbeitungskreislauf auseinandersetzen, überprüfen ihre Entscheidungen und stellen ihre Produkte dar.

Methoden produktiver Textgestaltung
z. B. Texte in andere Gattungen übertragen, Texte zweiten Grades verfassen, Erzählchronologie bearbeiten, Figuren modifizieren, Perspektivwechsel, Regiebuch schreiben
Praktische Überarbeitungsmethoden

  • Probe
z. B. Probetechniken (Leseprobe, Durchlaufprobe, technische Probe, Hauptprobe, Generalprobe)
  • Feedback
Bearbeitung, Reflexion
Projektpräsentation oder Aufführung
z. B. Zusammenarbeit mit (kulturellen) Institutionen wie Museen, Bibliotheken, Kindergärten, Seniorenheimen, Abendveranstaltung in der Schule, als interne Präsentation, Poetry Slam, Lesung mit Podiumsdiskussion

BPE 4

Literatur und Theater: Geschichte, Theorie und Kultur

20

Die Schülerinnen und Schüler untersuchen relevante Aspekte der Literatur- und Theatergeschichte, ‑theorie und ‑kultur in Vergangenheit und Gegenwart (siehe Abbildung in den Vorbemerkungen). Sie erweitern ihr literaturgeschichtliches Grundwissen. Sie lernen Literatur- und Theaterformen unterschiedlicher Kulturen kennen und erweitern dabei ihren Blickwinkel auf künstlerische Produktionen. Sie reflektieren die soziokulturelle Funktion von Literatur und Theater, indem sie unter anderem Bezüge zur eigenen Lebenswelt herstellen. Sie begreifen die gesellschaftliche und politische Relevanz von aktueller Literatur und zeitgenössischem Theater.

BPE 4.1

Die Schülerinnen und Schüler analysieren Texte zur Theorie und Geschichte von Literatur und Theater. In der Beschäftigung mit epochentypischen Primärtexten erläutern und vergleichen sie Merkmale und Elemente historischer und zeitgenössischer Formen. Sie fassen exemplarisch und projektbezogen Themen, Motive und Formen von Literatur und Theater im jeweiligen epochalen Kontext zusammen.

Themen, Motive und Formen
z. B. Identität, auch Geschlechterrollen und Gender-Bending, Recht und Unrecht, Schein und Sein; der künstliche Mensch, die feindlichen Brüder, der edle Wilde, locus amoenus; Spiel mit Masken und Puppen, Schwarzlichttheater
Literatur- und Theatergeschichte

  • Frühzeit
frühe Formen des Theaters als erste künstlerische Ausdrucksformen, z. B. theatrales Spiel der Steinzeitmenschen in Höhlendarstellungen, Theater der Ägypter
  • Antike
klassisches aristotelisches Drama, z. B. Sophokles: König Ödipus, Antigone; Ovid: Metamorphosen
  • vom Mittelalter bis zum 21. Jahrhundert
Passions- und Mysterienspiele, Morality Plays, Fastnachts- und Karnevalspiele; Simultanbühne; Commedia dell‘Arte
Elisabethanisches Zeitalter: Theater als Wirtschaftsunternehmen, Schauspieltruppen, Berufsschriftstellertum: Shakespeare und Marlowe
vgl. Deutsch, Aufklärung bis Postmoderne
  • Literatur- und Theatertheorie

  • Literatur- und theatertheoretische Ansätze
Aufklärung: Literatur als Bildungs- und Erziehungsinstrument; Lessing: Hamburger Dramaturgie, Gottsched; Hoftheater vs. Volkstheater
Sturm und Drang: Genieästhetik Goethes
Weimarer Klassik: Schiller: „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“, „Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet“, vgl. Deutsch
Hoftheater Meiningen: Werktreue, Ensemble, Regisseur
Romantisches Konzept der Universalpoesie (Schlegel)
Biedermeier/Vormärz: restaurative und revolutionäre literaturtheoretische Ansätze; der Dramatiker als Geschichtsschreiber (Büchner)
Realismus, Naturalismus, Expressionismus
Literaturtheorie des programmatischen Realismus; Realität und Abbildung (Kunst = Natur – x; Holz, Hauptmann); literaturtheoretische Schriften von Döblin, Däubler
  • Theaterkonzepte des 20. und 21. Jahrhunderts
Schauspiellehre Stanislawskis
Brechts episches Theater, vgl. Deutsch
weitere Formen:
z. B. politisches, dokumentarisches, absurdes, groteskes, experimentelles Theater
z. B. Beckett, Ionesco, Bernhard
postdramatische und performative Konzepte:
z. B. Pollesch, Abramovic, Jelinek, Kane
z. B. Improvisationstheater, Konzepte des Kinder- und Jugendtheaters, Live Action Role Play, Straßentheater, Erzähltheater
  • Texte zur Theorie des Theaters
z. B. Craig: Theater der Zukunft, Reinhardt: Ich bin nichts als ein Theatermann, Piscator: Das politische Theater, Piscator: Theater. Film. Politik
Dürrenmatt: Theaterprobleme, Brook: Der leere Raum, Grotowski: Das arme Theater, Weiss: Notizen zum dokumentarischen Theater, Boal: Theater der Unterdrückten, Artaud: Theater der Grausamkeit

BPE 4.2

Ausgehend von der Rezeption literatur- und theatertheoretischer Texte ordnen die Schülerinnen und Schüler die Rolle von Literatur und Theater bei der Überlieferung und Weiterentwicklung kultureller Traditionen und deren soziokulturelle Funktion ein. Sie beschreiben in literarischen Ausdrucksformen und Theaterproduktionen Themen und Problemstellungen des eigenen individuellen Lebens und der gesellschaftlichen Realität. Sie beschreiben die unterschiedlichen Handlungsbereiche in Literaturbetrieb, Buchmarkt und Theater und die sich daraus ergebenden beruflichen Möglichkeiten.

Literatur als Kultur der Gegenwart
z. B. kulturelle Identitätsbildung durch Stoffe, Mythen, Archetypen, Figuren und sprachliche Formeln wie Faust, Odysseus, Siegfried, Lancelot, Märchenfiguren, Sprichwörter, Zitate
z. B. Analyse und Produktion von Buchkritiken
z. B. Verlagswesen, Gedenkstätten, Literaturhäuser, Literaturarchive und entsprechende Berufsbilder
z. B. Poetry Slam, Autorenlesungen, Literaturwettbewerbe, Literaturproduktion und
-rezeption online
vgl. Deutsch
Theater als Kultur der Gegenwart
z. B. Analyse und Produktion von Theaterkritiken und Programmheften
z. B. Arbeitsprozesse am Theater, Berufsbilder am Theater, Aufgabenbereiche (z. B. Schauspiel, Dramaturgie, Regie, Bühnenbild, Ausstattung, Maske)
z. B. Theater als gesellschaftliche Instanz, als Ort der Gemeinschaft, der Orientierung, der Wertsetzung, der Gesellschaftskritik
Interkulturalität
z. B. Märchen (verschiedene Kulturen, Grimm), Märchengedichte (Celan, Eich, Aichinger, Meister), Märchenkomödien (Tieck)
z. B. szenisches Spiel mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus anderen Kulturen
z. B. themenverwandte Werke/Stoffe der Weltliteratur wie Amphytrion, Antigone, Faust

Zeit für Leistungsfeststellung

18

126

144

Operatorenliste

In den Zielformulierungen der Bildungsplaneinheiten werden Operatoren (= handlungsleitende Verben) verwendet. Diese Zielformulierungen (Standards) legen fest, welche Anforderungen die Schülerinnen und Schüler in der Regel erfüllen. Zusammen mit der Zuordnung zu einem der drei Anforderungsbereiche (AFB) dienen Operatoren einer Präzisierung. Dies sichert das Erreichen des vorgesehenen Niveaus und die angemessene Interpretation der Standards.

Anforderungsbereiche


Anforderungsbereiche
Anforderungsbereich I umfasst die Wiedergabe von Begriffen und Sachverhalten unter Verwendung von gelernten und geübten Verfahrensweisen in einem begrenzten Gebiet oder umfasst die Kenntnis theatraler Zeichensysteme und die Erfahrung im Umgang mit ihnen, mit Gestaltungsmitteln und ‑techniken, Formen und Strukturen sowie grundlegende Kenntnisse in abgegrenzten Gebieten der Theatertheorie und Theatergeschichte. Die Schülerinnen und Schüler verfügen über ein Fachvokabular als Voraussetzung für theatrale Gestaltungsprozesse, zur Beschreibung und Bewertung theatraler Vorgänge (Reproduktion).
Anforderungsbereich II umfasst das selbstständige Erklären, Bearbeiten und Ordnen bekannter Inhalte und das angemessene Anwenden gelernter Inhalte und Methoden auf andere Sachverhalte oder umfasst die Fähigkeit, dieses performative und fachliche Wissen auf nicht aus dem Unterricht bekannte Texte, Szenen, theatrale Handlungen und Inszenierungen anzuwenden, um diese zu analysieren, zu beschreiben und zu gestalten. Ebenso die Strukturierung des künstlerischen Arbeitsprozesses sowie die ziel- und aufgabenorientierte Auswahl und der Einsatz von Gestaltungsmitteln, um in einem bestimmten Raum und der gegebenen Zeit einen Gestaltungsprozess in Gang zu setzen. Hierzu zählt auch der Vergleich mit anderen Werken der Bildenden Kunst, Musik und des Theaters (Reorganisation und Transfer).
Anforderungsbereich III umfasst den reflexiven Umgang mit neuen Problemstellungen, den eingesetzten Methoden und gewonnenen Erkenntnissen, um zu eigenständigen Begründungen, Folgerungen, Deutungen und Wertungen zu gelangen (Reflexion und Problemlösung) oder umfasst die Art und Qualität der gestalterischen Problemlösung und ihres Konzepts, die Reflexion des Arbeitsprozesses und seiner fachlichen Anteile sowie die Bewertung und Beurteilung der eigenen Entwürfe, des eigenen Konzepts und Produkts auf dem Hintergrund theoretischer und historischer Bezüge. Dazu gehören die kritische Auseinandersetzung mit der Vorlage, anderen und eigenen Konzepten sowie mit den Fragen und Kommentaren der Prüferinnen und Prüfer, außerdem die selbstständige Analyse und sprachlich differenzierte Interpretation einer Vorlage (Reflexion und Problemlösung).
Operator Erläuterung Zuordnung
AFB
analysieren
einen Text als Ganzes oder aspektorientiert unter Wahrung des funktionalen Zusammenhangs von Inhalt, Form und Sprache erschließen und das Ergebnis der Erschließung darlegen
I, II, III
beschreiben
Sachverhalte, Situationen, Vorgänge, Merkmale von Personen bzw. Figuren sachlich darlegen
I, II
beurteilen
einen Sachverhalt, eine Aussage, eine Figur auf Basis von Kriterien bzw. begründeten Wertmaßstäben einschätzen
II, III
charakterisieren
die jeweilige Eigenart von Figuren/Sachverhalten herausarbeiten
II, III
darstellen
Inhalte, Probleme, Sachverhalte und deren Zusammenhänge aufzeigen
I, II
einordnen
eine Aussage, einen Text, einen Sachverhalt unter Verwendung von Kontextwissen begründet in einen vorgegebenen Zusammenhang stellen
I, II
erläutern
Materialien, Sachverhalte, Zusammenhänge, Thesen in einen Begründungszusammenhang stellen und mit zusätzlichen Informationen und Beispielen veranschaulichen
II, III
erörtern
auf der Grundlage einer Materialanalyse oder
-auswertung eine These oder Problemstellung unter Abwägung von Argumenten hinterfragen und zu einem Urteil gelangen
I, II, III
in Beziehung setzen
Zusammenhänge unter vorgegebenen oder selbst gewählten Gesichtspunkten begründet herstellen
II, III
interpretieren
auf der Grundlage einer Analyse im Ganzen oder aspektorientiert Sinnzusammenhänge erschließen und unter Einbeziehung der Wechselwirkung zwischen Inhalt, Form und Sprache zu einer schlüssigen (Gesamt‑) Deutung gelangen
I, II, III
sich auseinandersetzen mit
eine Aussage, eine Problemstellung argumentativ und urteilend abwägen
II, III
überprüfen
Aussagen/Behauptungen kritisch hinterfragen und ihre Gültigkeit kriterienorientiert und begründet einschätzen
II, III
verfassen
auf der Grundlage einer Auswertung von Materialien wesentliche Aspekte eines Sachverhaltes in informierender oder argumentierender Form adressatenbezogen und zielorientiert darlegen
I, II, III
vergleichen
nach vorgegebenen oder selbst gewählten Gesichtspunkten Gemeinsamkeiten, Ähnlichkeiten und Unterschiede herausarbeiten und gegeneinander abwägen
II, III
zusammenfassen
Inhalte oder Aussagen komprimiert wiedergeben
I, II
Anforderungsbereiche gem. Bildungsstandards im Fach Deutsch für die Allgemeine Hochschulreife der KMK i. d. F. vom 18.10.2012 und Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Darstellendes Spiel der KMK i. d. F. vom 16.11.2006, Operatorenliste gem. Bildungsstandards im Fach Deutsch für die Allgemeine Hochschulreife der KMK i. d. F. vom 18.10.2012

Amtsblatt des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg

Stuttgart, 23. Juli 2020
Lehrplanheft 1/2020
Bildungsplan für das Berufliche Gymnasium;
hier:
Berufliches Gymnasium der sechs- u. dreij. Aufbauform
Vom 23. Juli 2020
44 – 6512.- 240/211

I.

II.

Für das Berufliche Gymnasium gilt der als Anlage beigefügte Bildungsplan.
Der Bildungsplan tritt
für die Jahrgangsstufe 1 am 1. August 2022
für die Jahrgangsstufe 2 am 1. August 2023
in Kraft.

Im Zeitpunkt des jeweiligen Inkrafttretens tritt der im Lehrplanheft 5/2016 veröffentlichte Lehrplan in diesem Fach vom 30. Juni 2016 (Az. 45-6512-240/155) außer Kraft.
Literatur und Theater
Berufliches Gymnasium der sechs- u. dreij. Aufbauform
K.u.U., LPH Nr. 1/2020 Reihe I Nr. 39
Band 1 vom 23.7.2020

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