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1. Leit­ge­dan­ken zum Kom­pe­ten­z­er­werb

1.1 Bil­dungs­wert des Fa­ches Ge­schich­te

Aus der Ge­schich­te ler­nen

In­dem die Schü­le­rin­nen und Schü­ler im Ge­schichts­un­ter­richt die his­to­ri­schen Wur­zeln der Ge­gen­wart auf­spü­ren und da­bei un­ter­su­chen, wie ih­re Le­bens­welt ent­stan­den ist, ler­nen sie, sich in der Ge­gen­wart zu ori­en­tie­ren und Wert­maß­stä­be für ihr künf­ti­ges Han­deln zu ent­wi­ckeln. Sie er­le­ben im Ge­schichts­un­ter­richt an­schau­lich den Zu­sam­men­hang zwi­schen ges­tern, heu­te und mor­gen. Ge­schich­te hilft ih­nen auf die­se Wei­se, die Welt der Ge­gen­wart bes­ser zu ver­ste­hen und Ori­en­tie­rung für die Ge­stal­tung ih­rer Zu­kunft zu ge­win­nen, denn „Zu­kunft braucht Her­kunft“ (Odo Mar­quard).

So er­fah­ren sie im Un­ter­richt ne­ben Kon­stan­ten der men­sch­li­chen Exis­tenz, die für ih­re Iden­ti­täts­bil­dung von zen­tra­ler Be­deu­tung sind, vor al­lem die ge­schicht­li­che Be­dingt­heit der men­sch­li­chen Exis­tenz und ih­rer Le­bens­welt. Dies gilt zum Bei­spiel für ver­trau­te Ge­bäu­de im ei­ge­nen Wohn­ort eben­so wie für re­gio­na­le Be­son­der­hei­ten und über­re­gio­na­le Struk­tu­ren im wei­te­ren na­tio­na­len und eu­ro­päi­schen Um­feld, aber auch für glo­ba­le Zu­sam­men­hän­ge und Kon­flik­te, die bis in ih­ren All­tag hin­ein­rei­chen. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen so ih­re nä­he­re und fer­ne­re Um­welt mit zu­se­hends ge­schärf­tem his­to­ri­schem Blick „le­sen“ und er­fah­ren da­mit gleich­zei­tig die Ver­än­der­lich­keit und Ver­än­der­bar­keit der Ge­gen­wart.

Da­bei rich­tet sich im vor­lie­gen­den Bil­dungs­plan Ge­schich­te die Auf­merk­sam­keit so­wohl auf die Be­rei­che der Po­li­tik, der Wirt­schaft und der Ge­sell­schaft als auch auf den wei­ten Be­reich der Kul­tur mit sei­nen all­tags- und men­ta­li­täts­ge­schicht­li­chen As­pek­ten. Die­se ein­zel­nen Be­rei­che hän­gen eng mit­ein­an­der zu­sam­men. So wird bei­spiels­wei­se das Po­li­ti­sche nicht los­ge­löst be­trach­tet, son­dern nimmt im Sin­ne ei­ner Kul­tur­ge­schich­te des Po­li­ti­schen auch die Er­fah­run­gen, Wahr­neh­mun­gen und Deu­tun­gen der Men­schen in der je­wei­li­gen his­to­ri­schen Si­tua­ti­on in den Blick.

Re­flek­tier­tes Ge­schichts­be­wusst­sein

Das zen­tra­le Ziel des Ge­schichts­un­ter­richts ist der Auf­bau ei­nes re­flek­tier­ten Ge­schichts­be­wusst­seins. Es geht aus von der Er­kennt­nis, dass Ge­schich­te sich zwar auf die Ver­gan­gen­heit be­zieht, aber kei­nes­wegs die Ver­gan­gen­heit ist, denn sie ge­hört zur Ge­gen­wart und geht aus ihr her­vor. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ler­nen des­halb schon am An­fang ih­res Ge­schichts­un­ter­richts, dass Ge­schich­te nicht gleich­zu­set­zen ist mit den Ge­sche­hens­ab­läu­fen in frü­he­ren Zei­ten. Sie ist viel­mehr de­ren In­ter­pre­ta­ti­on im Ho­ri­zont ge­gen­wär­ti­gen Wis­sens und Ver­ste­hens.

Re­kon­struk­ti­on und De­kon­struk­ti­on

Wenn die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sich im Un­ter­richt mit über­lie­fer­tem men­sch­li­chem Han­deln be­schäf­ti­gen, tun sie dies an­hand von Zeug­nis­sen aus der Ver­gan­gen­heit. Durch die me­tho­disch ge­schul­te Aus­wahl, Ana­ly­se und In­ter­pre­ta­ti­on die­ser Quel­len ent­fal­tet sich ein deu­ten­der Re­kon­struk­ti­ons­pro­zess, in des­sen Ver­lauf erst all­mäh­lich ein Bild von der Ge­schich­te ent­steht. Das da­bei zu be­ach­ten­de „Ve­to­recht der Quel­len“ (Rein­hart Ko­sel­leck) gilt ana­log auch für die kri­ti­sche Über­prü­fung von his­to­ri­schen Deu­tun­gen und Ge­schichts­bil­dern, die uns in der Ge­schichts­kul­tur be­geg­nen, et­wa in der me­dia­len Ins­ze­nie­rung von Ge­schich­te. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ler­nen bei der De­kon­struk­ti­on von his­to­ri­schen Deu­tun­gen, dass sie sich der Stand­ort­ge­bun­den­heit und Per­spek­ti­vi­tät nicht nur der Quel­len, son­dern auch ih­res ei­ge­nen his­to­ri­schen Den­kens be­wusst sein müs­sen.

We­ge zur Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung

Das Kern­an­lie­gen von Er­zie­hung und Bil­dung be­steht dar­in, die Be­ga­bun­gen her­an­wach­sen­der Men­schen in ih­rer je­wei­li­gen In­di­vi­dua­li­tät so zu för­dern, dass die Ent­fal­tung ih­rer ge­sam­ten Per­son in wach­sen­der Selbst­stän­dig­keit er­mög­licht wird. Im Mit­tel­punkt steht da­bei das Ziel ei­ner brei­ten und ver­tief­ten All­ge­mein­bil­dung. Der Er­zie­hungs- und Bil­dungs­pro­zess voll­zieht sich im Rah­men ei­ner Ge­sell­schaft, die we­sent­lich durch ih­re Ge­schicht­lich­keit ge­kenn­zeich­net ist. Denn Iden­ti­tät ist die ge­ron­ne­ne Form der ge­mein­sa­men Er­fah­run­gen, die Men­schen in der Ver­gan­gen­heit ge­macht und aus de­nen sich ih­re Wert­maß­stä­be ent­wi­ckelt ha­ben.

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sind neu­gie­rig auf Un­be­kann­tes, Frem­des, Ver­gan­ge­nes. Die­se Neu­gier kann im Ge­schichts­un­ter­richt auf­ge­nom­men und ver­stärkt wer­den. Sie wen­den sich fra­gend der Ge­schich­te zu und ler­nen so, ei­ne for­schen­d-kri­ti­sche Grund­hal­tung ein­zu­neh­men. Da­bei ent­wi­ckeln sie die Be­reit­schaft, his­to­ri­sche Ein­sich­ten für ihr ei­ge­nes Han­deln zu nut­zen. Sie er­ken­nen die Not­wen­dig­keit, sich auch in an­de­re Per­spek­ti­ven hin­ein­zu­ver­set­zen, sich mit die­sen kri­tisch aus­ein­an­der­zu­set­zen und selbst Po­si­ti­on zu be­zie­hen. So ent­fal­tet sich ih­re ei­ge­ne Iden­ti­tät im Span­nungs­feld zwi­schen der An­er­ken­nung und der Ab­gren­zung von an­de­ren Iden­ti­tä­ten.

Bei­trag des Fa­ches zu den Leit­per­spek­ti­ven

In wel­cher Wei­se das Fach Ge­schich­te ei­nen Bei­trag zu den Leit­per­spek­ti­ven leis­tet, wird im Fol­gen­den dar­ge­stellt:

  • Bil­dung für nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung (BNE)
    Das Fach Ge­schich­te fühlt sich in be­son­de­rer Wei­se dem An­satz der „Bil­dung für nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung“ (BNE) ver­pflich­tet, der in sei­nem Kern dar­auf ab­zielt, die Her­aus­for­de­run­gen der Ge­gen­wart zu be­wäl­ti­gen, oh­ne da­bei die Be­dürf­nis­se nach­fol­gen­der Ge­ne­ra­tio­nen zu ge­fähr­den. Bei vie­len The­men des Ge­schichts­un­ter­richts er­wer­ben die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ein Ver­ständ­nis für die wach­sen­de Be­deu­tung des Prin­zips der nach­hal­ti­gen Ent­wick­lung in öko­no­mi­schen, öko­lo­gi­schen und so­zia­len Fra­gen. Die pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen im Fach Ge­schich­te re­flek­tie­ren das An­lie­gen der BNE eben­falls: Die Ent­wick­lung von Kri­tik- und Em­pa­thie­fä­hig­keit so­wie die Be­reit­schaft zu mul­ti­per­spek­ti­vi­schem Den­ken sind we­sent­li­che Vor­aus­set­zun­gen da­für, dass nach­fol­gen­de Ge­ne­ra­tio­nen ih­re Ver­ant­wor­tung für die Ei­ne Welt über­neh­men kön­nen.
  • Bil­dung für To­le­ranz und Ak­zep­tanz von Viel­falt (BTV)
    Die Leit­per­spek­ti­ve „Bil­dung für To­le­ranz und Ak­zep­tanz von Viel­falt“ (BTV) hat im Fach Ge­schich­te ei­nen zen­tra­len Stel­len­wert, denn die Ge­schich­te der Mensch­heit ist seit ih­ren An­fän­gen so­wohl durch vie­ler­lei wech­sel­sei­ti­ge Kul­tur­ein­flüs­se als auch durch Kon­flik­te zwi­schen An­ge­hö­ri­gen ver­schie­de­ner Kul­tu­ren ge­prägt. In die­sen Be­geg­nun­gen tref­fen bis heu­te un­ter­schied­li­che Deu­tungs­mus­ter und Nor­men auf­ein­an­der, wo­bei de­ren Viel­falt im Zu­ge der Glo­ba­li­sie­rung ra­pi­de wächst. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler be­geg­nen in der Ge­schich­te un­ent­wegt Bei­spie­len für In­to­le­ranz, aber auch für ge­gen­sei­ti­gen Re­spekt und Ak­zep­tanz von Viel­falt. Sie ler­nen den un­ter­schied­li­chen Um­gang der Ge­sell­schaft mit Min­der­hei­ten im Ver­lauf der Ge­schich­te ken­nen und ent­wi­ckeln da­bei Wert­hal­tun­gen, die sie zur Ach­tung und Wert­schät­zung von Ver­schie­den­heit be­fä­hi­gen.
  • Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heits­för­de­rung (PG)
    Der Ge­schichts­un­ter­richt zielt mit sei­nen Ar­beits­wei­sen und Me­tho­den im Sin­ne der Leit­per­spek­ti­ve „Prä­ven­ti­on und Ge­sund­heits­för­de­rung“ (PG) auf die För­de­rung von Le­bens­kom­pe­ten­zen und die Stär­kung von Resi­li­enz­fak­to­ren. In der Aus­ein­an­der­set­zung mit der Ver­gan­gen­heit lässt er Hand­lungs­mus­ter sicht­bar wer­den und schafft Ein­sich­ten, Per­spek­ti­ven und Vor­bil­der für die Ge­gen­wart. Er trägt zur Iden­ti­täts­ent­wick­lung bei und er­mög­licht den Schü­le­rin­nen und Schü­lern Ori­en­tie­rung für selbst­be­stimm­tes, ei­gen­ver­ant­wort­li­ches Han­deln. Da­mit un­ter­stützt der Ge­schichts­un­ter­richt Kin­der und Ju­gend­li­che da­bei, al­ters­spe­zi­fi­sche Ent­wick­lungs­auf­ga­ben be­wäl­ti­gen zu kön­nen.
  • Be­ruf­li­che Ori­en­tie­rung (BO)
    Im­mer wie­der wer­den Be­rufs- und Ar­beits­wel­ten im Ge­schichts­un­ter­richt the­ma­ti­siert. Da­mit trägt das Fach im wei­te­ren Sin­ne auch den An­lie­gen der Leit­per­spek­ti­ve „Be­rufs­ori­en­tie­rung“ Rech­nung.
  • Me­di­en­bil­dung (MB)
    Die Leit­per­spek­ti­ve „Me­di­en­bil­dung“ (MB) nimmt ei­ne zen­tra­le Rol­le im Fach Ge­schich­te ein. Die Ent­wick­lung un­se­rer Ge­sell­schaft zu ei­ner Me­di­en­ge­sell­schaft kann nur in his­to­ri­scher Per­spek­ti­ve ver­stan­den wer­den. Be­gin­nend mit der Er­fin­dung der Schrift in den frü­hen Hoch­kul­tu­ren sto­ßen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler im Ver­lauf der Jahr­hun­der­te im­mer wie­der auf die am­bi­va­len­te Rol­le der Me­di­en in ge­sell­schaft­li­chen Wand­lungs­pro­zes­sen. Da­bei wer­den sie für die zen­tra­le Be­deu­tung von Me­di­en bei der Kon­struk­ti­on von Wirk­lich­keit sen­si­bi­li­siert und zu ei­ner re­flek­tier­ten Me­di­en­nut­zung be­fä­higt (zum Bei­spiel auch hin­sicht­lich des Ur­he­ber­rechts). Sie er­fah­ren, wie wich­tig die kri­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit Me­di­en für die Wei­ter­ent­wick­lung ei­nes de­mo­kra­ti­schen Ge­mein­we­sens und sei­ner zi­vil­ge­sell­schaft­li­chen Struk­tu­ren ist.
  • Ver­brau­cher­bil­dung (VB)
    The­men der Kon­sum­ge­schich­te spie­len im Ge­schichts­un­ter­richt ei­ne Rol­le im Zu­sam­men­hang mit der wach­sen­den Ver­net­zung von In­ter­ak­ti­ons­räu­men auf re­gio­na­ler, na­tio­na­ler, eu­ro­päi­scher und glo­ba­ler Ebe­ne. Auch die Be­schäf­ti­gung mit der Her­aus­bil­dung von Kon­sum­ge­sell­schaf­ten un­ter­stützt die Zie­le der Leit­per­spek­ti­ve „Ver­brau­cher­bil­dung“. Der Ge­schichts­un­ter­richt trägt da­mit in his­to­ri­scher Per­spek­ti­ve da­zu bei, die Schü­le­rin­nen und Schü­ler auch zu ei­ner kri­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung mit der Rol­le des Kon­sums in den Ge­sell­schaf­ten des 21. Jahr­hun­derts zu be­fä­hi­gen.

1.2 Kom­pe­ten­zen

Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung und Pro­blem­ori­en­tie­rung

Der Bil­dungs­plan Ge­schich­te geht von ei­nem en­gen Zu­sam­men­hang zwi­schen Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung und Pro­blem­ori­en­tie­rung aus. His­to­ri­sches Ler­nen voll­zieht sich über his­to­ri­sches Den­ken. Des­we­gen stellt der Bil­dungs­plan Ge­schich­te für die pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen den Kreis­lauf des his­to­ri­schen Den­kens in den Mit­tel­punkt (sie­he Ab­bil­dung). Die­ser Kreis­lauf ist ana­log dem her­me­neu­ti­schen Zir­kel kon­zi­piert und setzt – wie die­ser – ei­nen Ver­ste­hens­pro­zess in Gang, der mit ei­ner Fra­ge be­zie­hungs­wei­se ei­nem Pro­blem be­ginnt und mit ei­ner Ant­wort be­zie­hungs­wei­se ei­ner Pro­blem­lö­sung en­det. Die­se wird durch die me­tho­disch ge­schul­te An­wen­dung un­ter­schied­li­cher Kom­pe­ten­zen er­reicht. Nicht sel­ten ent­ste­hen nach Durch­lau­fen des Zir­kels neue Fra­gen, die den Ver­ste­hens­pro­zess er­neut an­sto­ßen. Der Kreis­lauf his­to­ri­schen Den­kens liegt auch der For­mu­lie­rung der pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen zu­grun­de.

Pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen

Der Kreis­lauf des his­to­ri­schen Den­kens (© Lan­des­in­sti­tut für Schul­ent­wick­lung)
Abbildung 1: Der Kreislauf des historischen Denkens (erstellt von der Bildungsplankommission Geschichte)

1. Fra­ge­kom­pe­tenz

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen his­to­ri­sche Fra­ge­stel­lun­gen und Stra­te­gi­en zu ih­rer Be­ant­wor­tung ent­wi­ckeln.

Die Fra­ge setzt den Pro­zess des his­to­ri­schen Den­kens in Gang. Die Mo­ti­ve, die ei­nen his­to­ri­schen Fra­ge­pro­zess aus­lö­sen, kön­nen da­bei viel­fäl­tig sein. Die Fra­gen kön­nen selbst­re­fle­xiv sein, auf die Ur­sprün­ge der ei­ge­nen Ge­sell­schaft, der ei­ge­nen Ge­schich­te ab­zie­len. Sie kön­nen Ori­en­tie­rung bei grund­le­gen­den Pro­ble­men an­stre­ben, sie kön­nen aber bei­spiels­wei­se auch ei­ner Neu­gier­de auf das Frem­de und das Ver­gan­ge­ne ent­sprin­gen.

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sol­len ler­nen, selbst Fra­gen an die Ge­schich­te zu stel­len und We­ge zu ih­rer Be­ant­wor­tung fin­den.

2. Me­tho­den­kom­pe­tenz

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen fach­spe­zi­fi­sche Me­tho­den an­wen­den.

Um his­to­ri­sche Fra­gen be­ant­wor­ten zu kön­nen, muss man sich Quel­len und Dar­stel­lun­gen zu­wen­den. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ler­nen, ver­schie­de­ne ana­lo­ge und di­gi­ta­le Ma­te­ria­li­en fach­ge­recht und kri­tisch aus­zu­wer­ten.

3. Re­fle­xi­ons­kom­pe­tenz

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen ge­schicht­li­che Sach­ver­hal­te und Deu­tun­gen ana­ly­sie­ren, be­ur­tei­len und be­wer­ten.

Me­tho­den­kom­pe­tenz und Re­fle­xi­ons­kom­pe­tenz sind eng auf­ein­an­der be­zo­gen. Bei der Aus­ein­an­der­set­zung mit den ein­zel­nen Ma­te­ria­li­en wer­den Hy­po­the­sen über­prüft und zu­nächst von­ein­an­der iso­lier­te Er­kennt­nis­se kau­sal mit­ein­an­der ver­knüpft. Da­durch wird Ge­schich­te re­kon­stru­iert. Der um­ge­kehr­te Vor­gang – die De­kon­struk­ti­on – hat zum Ziel, sich mit Ge­schichts­deu­tun­gen in Ge­gen­wart und Ver­gan­gen­heit aus­ein­an­der­zu­set­zen. Bei bei­den Ver­fah­ren wer­den kom­ple­xe Wir­kungs­zu­sam­men­hän­ge ana­ly­siert (Mul­tik­au­sa­li­tät) und die Zeit- und Stand­ort­ge­bun­den­heit des men­sch­li­chen Den­kens (Mul­ti­per­spek­ti­vi­tät) er­kannt und be­dacht. Ein wich­ti­ges Ziel ist die Stär­kung der Ur­teils­fä­hig­keit der Schü­le­rin­nen und Schü­ler. Sie ler­nen, Ur­tei­le über Sach­ver­hal­te und Zu­sam­men­hän­ge (Sa­chur­tei­le) so­wie Wer­tun­gen (Wert­ur­tei­le) zu ana­ly­sie­ren und selbst be­grün­det vor­zu­neh­men. Da­bei sind ins­be­son­de­re das Kon­tro­ver­si­täts­ge­bot und das Über­wäl­ti­gungs­ver­bot („Beu­tels­ba­cher Kon­sens“) in der his­to­risch-po­li­ti­schen Bil­dung zu be­ach­ten.

4. Ori­en­tie­rungs­kom­pe­tenz

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen Ge­schich­te als Ori­en­tie­rung nut­zen zum Ver­ständ­nis von Ge­gen­wart und Zu­kunft, zum Auf­bau ih­rer ei­ge­nen Iden­ti­tät und zur Be­grün­dung ge­gen­warts- und zu­kunfts­be­zo­ge­ner Hand­lun­gen.

Ge­schich­te ist stets ver­bun­den mit dem „Jetzt“. Zum Ver­ständ­nis der Ge­gen­wart und zur Ge­stal­tung der Zu­kunft ei­ne Ori­en­tie­rung zu be­sit­zen, heißt nicht nur, die his­to­ri­sche Be­dingt­heit der Ge­gen­wart zu ken­nen, son­dern be­deu­tet auch, am kol­lek­ti­ven Ge­dächt­nis zu par­ti­zi­pie­ren und es zu re­flek­tie­ren, sich mit an­de­ren Kul­tu­ren so­wie de­ren Ge­schich­te und Ge­schichts­bil­dern aus­ein­an­der­zu­set­zen. Wer über Ori­en­tie­rungs­kom­pe­tenz ver­fügt, wird be­grün­de­te, aber auch nur ver­meint­lich be­grün­de­te Leh­ren aus der Ge­schich­te prü­fen, be­vor er sie in sei­nem Han­deln um­setzt.

5. Sach­kom­pe­tenz

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler kön­nen his­to­ri­sche Sach­ver­hal­te struk­tu­riert er­schlie­ßen und wie­der­ge­ben.

Die Sach­kom­pe­tenz ist die Ba­sis, auf die der Kreis­lauf des his­to­ri­schen Den­kens in je­der sei­ner Pha­sen zu­rück­greift. Gleich­zei­tig ist sie aber auch das Er­geb­nis des his­to­ri­schen Den­kens. Sie er­wei­tert sich im Pro­zess des his­to­ri­schen Den­kens da­durch, dass be­stän­dig neu­es Wis­sen er­wor­ben wird, neue Er­fah­run­gen ge­macht und neue Er­kennt­nis­se ge­won­nen wer­den.

Sach­kom­pe­tenz meint nicht iso­lier­tes Fak­ten­wis­sen. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler sol­len viel­mehr ler­nen, sich his­to­ri­sche Sach­ver­hal­te struk­tu­riert und un­ter Ver­wen­dung von Fach­be­grif­fen und Kon­zep­ten zu er­schlie­ßen und die­se dar­zu­stel­len. Ei­ne sol­che Her­an­ge­hens­wei­se führt zu ei­nem ge­ord­ne­ten und ver­netz­ten his­to­ri­schen Wis­sen.

Beim Auf­bau der ge­nann­ten pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen soll­te auf ei­ne an­nä­hernd gleich­mä­ßi­ge Ver­tei­lung in­ner­halb der Un­ter­richts­ein­hei­ten ge­ach­tet wer­den. We­sent­lich ist ein ku­mu­la­ti­ver Auf­bau der pro­zess­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen über die Lern­jah­re hin­weg im Sin­ne des nach­hal­ti­gen Ler­nens. Ins­ge­samt ist zu be­ach­ten, dass sich die Kom­pe­tenz­ori­en­tie­rung erst durch die stän­di­ge Ver­schrän­kung von pro­zess- und in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen er­gibt.

In­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen

Re­gio­na­le, na­tio­na­le, eu­ro­päi­sche, glo­ba­le Ebe­ne

Die na­tio­na­le und die eu­ro­päi­sche Ebe­ne ste­hen im Vor­der­grund des Ge­schichts­un­ter­richts. Al­ler­dings wer­den die deut­sche und die eu­ro­päi­sche Ge­schich­te im­mer wie­der durch die so­zu­sa­gen dar­un­ter be­zie­hungs­wei­se dar­über lie­gen­de re­gio­na­le und glo­ba­le Ebe­ne kon­kre­ti­siert, er­gänzt und bis­wei­len re­la­ti­viert.

Die Re­gio­nal­ge­schich­te er­mög­licht den Schü­le­rin­nen und Schü­lern ei­nen an­schau­li­chen, eng auf ih­re Le­bens­welt be­zo­ge­nen Zu­gang zur Ge­schich­te. Ihr di­dak­ti­sches Po­ten­zi­al liegt ins­be­son­de­re im ex­em­pla­ri­schen Prin­zip. His­to­ri­sche Lern­or­te bie­ten in be­son­de­rem Ma­ße An­re­gun­gen, den Pro­zess des his­to­ri­schen Den­kens an­zu­sto­ßen.

Die glo­ba­li­sier­te Welt ist ein Kenn­zei­chen des 21. Jahr­hun­derts. In den Klas­sen­zim­mern be­geg­nen sich zu­neh­mend Schü­le­rin­nen und Schü­ler aus un­ter­schied­li­chen Kul­tu­ren. Des­halb soll auch aus der Per­spek­ti­ve der Glo­ba­li­sie­rung ein Blick auf die Ver­gan­gen­heit ge­wor­fen wer­den. Die­se Funk­ti­on über­neh­men die „Fens­ter zur Welt“, die in je­der Bil­dungs­plan­ein­heit an ein bis zwei Stel­len ver­an­kert sind und für die in der Re­gel der Zeit­rah­men von ei­ner Dop­pel­stun­de vor­ge­se­hen ist. Da­bei ver­fol­gen die „Fens­ter" zwei un­ter­schied­li­che Ziel­set­zun­gen:

Die ei­nen „Fens­ter“ er­gän­zen den eu­ro­päi­schen Blick­win­kel in ver­glei­chen­der Per­spek­ti­ve im­mer wie­der durch ei­nen Blick auf au­ßer­eu­ro­päi­sche Zi­vi­li­sa­tio­nen und Kul­tu­ren. Sie stel­len Eu­ro­pa an ge­eig­ne­ten Stel­len in den glo­ba­len Kon­text, so­dass das Ei­ge­ne auf der Fo­lie des Frem­den als ähn­lich oder an­ders und gleich­zei­tig schär­fer wahr­ge­nom­men und in grö­ße­re Zu­sam­men­hän­ge ein­ge­ord­net wer­den kann. Sol­che glo­bal­ge­schicht­li­chen Per­spek­ti­ven­wech­sel bie­ten zu­dem in ei­ner durch Mi­gra­ti­on ge­präg­ten Ge­sell­schaft den Schü­le­rin­nen und Schü­lern die Mög­lich­keit, im Un­ter­richt ih­re ei­ge­ne Her­kunfts­ge­schich­te be­zie­hungs­wei­se die ih­rer Fa­mi­lie ken­nen­zu­ler­nen.

An­de­rer­seits gibt es „Fens­ter zur Welt“, die in be­zie­hungs­ge­schicht­li­cher Per­spek­ti­ve Vor­for­men glo­ba­ler Ver­net­zun­gen in der Ge­schich­te ver­fol­gen. Sie er­öff­nen ei­nen Blick auf For­men groß­räu­mi­ger In­te­gra­ti­on, die be­reits vor dem Be­ginn der ei­gent­li­chen Glo­ba­li­sie­rung im en­ge­ren Sin­ne be­stan­den ha­ben. Das kön­nen zum Bei­spiel Im­pe­ri­en (Rom oder Chi­na), Re­li­gio­nen (das Chris­ten­tum oder der Is­lam) oder Fern­han­dels­ver­bin­dun­gen (zum Bei­spiel die Sei­den­stra­ße) sein. Die wach­sen­de glo­ba­le Ver­net­zung wird in wich­ti­gen Sta­tio­nen ver­folgt: et­wa am Bei­spiel der Ent­wick­lung des Han­dels zwi­schen Eu­ro­pa und Asi­en seit der An­ti­ke oder der glo­ba­len wirt­schaft­lich-kom­mu­ni­ka­ti­ven Netz­werk­bil­dung um 1900.

Kom­pe­ten­zen, Teil­kom­pe­ten­zen, Kennt­nis­se

Die in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen im Fach Ge­schich­te sind je­weils durch ei­ne über­ge­ord­ne­te Kom­pe­tenz­be­schrei­bung de­fi­niert, die die di­dak­ti­sche Per­spek­ti­ve der je­wei­li­gen Bil­dungs­plan­ein­heit fest­legt. Die über­ge­ord­ne­te Kom­pe­tenz­be­schrei­bung ist un­ter­glie­dert in Teil­kom­pe­ten­zen. Sie wer­den kon­kre­ti­siert durch Be­grif­fe in Klam­mern.

Die in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen ins­ge­samt rich­ten sich in ih­ren fach­sprach­li­chen For­mu­lie­run­gen an die Lehr­kräf­te des Fa­ches Ge­schich­te, wäh­rend die Kennt­nis­se durch Be­grif­fe de­fi­niert sind, die die Schü­le­rin­nen und Schü­ler be­herr­schen und sach­ge­recht so­wie pro­blem­ori­en­tiert ver­wen­den müs­sen. Als tra­gen­de Bau­stei­ne für die au­ßer­halb der Klam­mern an­ge­führ­ten Fer­tig­kei­ten sind die­se Be­grif­fe Teil des von den Schü­le­rin­nen und Schü­lern zu er­wer­ben­den Fach­vo­ka­bu­lars. Sie ha­ben häu­fig ei­ne über den Ein­zel­fall hin­aus­ge­hen­de ka­te­go­ria­le Be­deu­tung. Be­grif­fe kön­nen hier­ar­chi­siert wer­den. In die­sem Fall fol­gen auf ei­nen all­ge­mei­nen Be­griff nach ei­nem Dop­pel­punkt die Un­ter­be­grif­fe (zum Bei­spiel Herr­schaft: Staat, Mon­ar­chie, Pha­rao). Be­griffs­grup­pen wer­den durch Se­mi­ko­lon, Ge­gen­satz­paa­re wer­den durch Schräg­strich von­ein­an­der ab­ge­grenzt.

Be­grif­fe in Klam­mern oh­ne „zum Bei­spiel“ sind ein ver­bind­li­cher Teil der Kom­pe­tenz­for­mu­lie­rung. Um die An­for­de­run­gen der ent­spre­chen­den Teil­kom­pe­tenz zu er­fül­len, müs­sen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler über al­le in der Klam­mer ge­nann­ten Be­grif­fe ver­fü­gen. Be­grif­fe in Klam­mern mit „zum Bei­spiel“ die­nen der Aus­wahl. Um die An­for­de­run­gen der ent­spre­chen­den Teil­kom­pe­tenz zu er­fül­len, müs­sen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler über min­des­tens ei­nen der in der Bei­spiel­grup­pe ge­nann­ten Be­grif­fe ver­fü­gen. Bei­spiel­grup­pen wer­den gra­fisch durch Kur­si­vie­rung mar­kiert.

Zu Be­ginn der Klas­sen 5/6, 7/8, 9/10, 11/12 wer­den ver­bind­li­che Jah­res­zah­len und Da­ten ge­nannt. Die chro­no­lo­gi­sche Über­sicht im An­hang gibt An­re­gun­gen zur Ord­nung der his­to­ri­schen Ba­sis­pro­zes­se und Er­eig­nis­se auf der glo­bal‑, eu­ro­pa- und na­tio­nal­ge­schicht­li­chen Ebe­ne. Die re­gio­nal­ge­schicht­li­che Ebe­ne ist in der chro­no­lo­gi­schen Über­sicht durch ei­nen un­be­schrif­te­ten Pfeil re­prä­sen­tiert, um ei­ner­seits ih­ren sys­te­ma­ti­schen Stel­len­wert im Bil­dungs­plan Ge­schich­te zu ver­deut­li­chen, an­de­rer­seits aber die Aus­wahl­mög­lich­kei­ten der Lehr­kräf­te ent­spre­chend den lo­ka­len Ge­ge­ben­hei­ten vor Ort nicht zu be­schrän­ken.

Für die De­fi­ni­ti­on der in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen und Teil­kom­pe­ten­zen wer­den Ope­ra­to­ren ver­wen­det, die aus­schließ­lich dem Ope­ra­to­ren­ka­ta­log (sie­he 4. Ope­ra­to­ren) ent­nom­men wer­den. Auf al­len Al­ters­stu­fen wer­den Ope­ra­to­ren al­ler drei An­for­de­rungs­be­rei­che ver­wen­det, al­so auch die an­spruchs­vol­len Ope­ra­to­ren „be­ur­tei­len“ und „be­wer­ten“. Dies liegt dar­in be­grün­det, dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler auf al­len Al­ters­stu­fen Sach- und Wert­ur­tei­le fäl­len sol­len. So fin­det sich bei­spiels­wei­se der Ope­ra­tor „be­wer­ten“ an Stel­len wie­der, an de­nen ei­ne per­sön­li­che Stel­lung­nah­me der Schü­le­rin­nen und Schü­ler be­son­ders ver­langt wird. Ins­be­son­de­re in den un­te­ren Jahr­gangs­stu­fen kön­nen hier kei­ne voll­um­fäng­li­chen Wert­ur­tei­le er­war­tet wer­den. Die Er­fül­lung des je­wei­li­gen Ope­ra­tors wird al­ters­spe­zi­fisch un­ter­schied­lich aus­fal­len. So wird sich die Kom­ple­xi­tät von Sach- und Wert­ur­tei­len un­ter­schei­den, et­wa hin­sicht­lich Selbst­stän­dig­keit und Re­fle­xi­ons­tie­fe.

Ver­wei­se

In je­der Bil­dungs­plan­ein­heit wer­den bei den Stan­dards für in­halts­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen Ver­wei­se auf­ge­führt:

Der Bil­dungs­plan Ge­schich­te nennt bei je­der Bil­dungs­plan­ein­heit in der Re­gel zwei Ver­wei­se auf pro­zess­be­zo­ge­ne Kom­pe­ten­zen, die bei der zu­ge­hö­ri­gen in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­tenz be­son­ders gut ein­ge­übt wer­den kön­nen. Die­se Ver­wei­se sind Emp­feh­lun­gen. Sie sind we­der er­schöp­fend noch zwin­gend. Wenn im Bil­dungs­plan nur an ei­ner Stel­le auf ei­ne be­stimm­te Kom­pe­tenz ver­wie­sen wird, ist dar­aus kei­nes­wegs zu fol­gern, dass die­se nur ein­mal ein­ge­übt wer­den soll­te.

Ver­wei­se zwi­schen in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen ori­en­tie­ren sich an his­to­ri­schen Grund­ka­te­go­ri­en: Herr­schaft, Wirt­schaft, Ge­sell­schaft, Kul­tur, Ver­net­zung. Auch die­se Ver­wei­se sind we­der er­schöp­fend noch zwin­gend. Ei­ne Über­sicht fin­det sich im An­hang. Die­se Über­sicht zeigt leit­mo­ti­visch an­ge­leg­te und spi­ral­cur­ri­cu­lar kon­zi­pier­te Ver­knüp­fungs­mög­lich­kei­ten zwi­schen in­halts­be­zo­ge­nen Kom­pe­ten­zen auf.

1.3 Di­dak­ti­sche Hin­wei­se

Stu­fen­spe­zi­fi­sche Hin­wei­se

Der Kom­pe­ten­z­er­werb im Gym­na­si­um muss vom Ab­itur her ge­dacht wer­den, da dies der an­zu­stre­ben­de Ab­schluss ist. Die Kom­pe­ten­zen wer­den da­bei über die Jah­re mit stei­gen­den An­for­de­run­gen kon­ti­nu­ier­lich auf­ge­baut. Bei der Ge­stal­tung des Ler­nens ist stets von den Schü­le­rin­nen und Schü­lern aus­zu­ge­hen. Zwar strebt gym­na­sia­le Bil­dung auch Abs­trak­ti­on und theo­rie­ori­en­tier­tes Ler­nen an. Den­noch sind An­schau­lich­keit und die An­knüp­fung an die Le­bens­welt der Schü­le­rin­nen und Schü­ler ge­ra­de in der Se­kun­dar­stu­fe I wich­ti­ge Vor­aus­set­zun­gen für den Lern­er­folg. Es ist da­her ei­ne zen­tra­le Auf­ga­be für Leh­re­rin­nen und Leh­rer, den je­wei­li­gen Kennt­nis- und Ent­wick­lungs­stand der Kin­der und Ju­gend­li­chen zum Aus­gangs­punkt ih­rer Pla­nun­gen zu ma­chen, um al­ters­ge­mä­ße, her­aus­for­dern­de und gleich­zei­tig be­wäl­tig­ba­re Lern­si­tua­tio­nen zu ge­stal­ten.

Klas­sen 5/6

In der Re­gel be­geg­nen die Kin­der in die­sem Al­ter dem neu­en Fach und sei­nen In­hal­ten mit sehr viel Neu­gier. Sie ha­ben vie­le Fra­gen, sie kön­nen sich an dem Be­son­de­ren, Au­ßer­ge­wöhn­li­chen be­geis­tern und brin­gen viel Phan­ta­sie mit. Die­ser Schwung soll nicht ge­bremst, son­dern pro­duk­tiv auf­ge­nom­men wer­den. Emo­tio­nen, Ima­gi­na­ti­on und Krea­ti­vi­tät ste­hen der Ent­wick­lung ei­nes kri­ti­schen Ge­schichts­be­wusst­seins nicht im Weg, son­dern sind wir­kungs­vol­le Mit­tel, sich die Ge­schich­te auf viel­fäl­ti­ge und al­ters­ge­mä­ße Wei­se zu er­schlie­ßen. Glei­ches gilt für den Ein­satz kon­kre­t-an­schau­li­cher Nar­ra­tio­nen, sei es als Aus­gangs­punkt von Ana­ly­sen und ei­ge­nen Über­le­gun­gen oder als Pro­dukt von Schü­le­rin­nen und Schü­lern.

Ge­schich­te ist ein neu­es und un­ge­wohn­tes Fach. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ler­nen den Ge­gen­stand und ele­men­ta­re me­tho­di­sche Grund­prin­zi­pi­en der His­to­ri­ker ken­nen. Schon von der „Ers­ten Be­geg­nung mit dem Fach Ge­schich­te“ an wer­den sie ver­traut mit dem „Kreis­lauf des his­to­ri­schen Den­kens“. Sie stel­len Fra­gen an die Ge­schich­te, ler­nen ver­schie­de­ne Quel­len­ar­ten ken­nen, über­prü­fen Quel­len­aus­sa­gen auf ih­re Rich­tig­keit und wer­den im­mer wie­der mit dem Phä­no­men kon­fron­tiert, dass Sach­ver­hal­te aus un­ter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven ganz un­ter­schied­lich ge­se­hen wer­den. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ler­nen nicht nur, sich selbst ein Bild von der Ge­schich­te zu ma­chen und auch Streit­fra­gen zu be­ur­tei­len, son­dern auch mo­ra­lisch Stel­lung zu neh­men. Im Kern ent­spricht das ge­mein­sa­me Fra­gen, Ent­de­cken, Un­ter­su­chen und Be­ur­tei­len der Ge­schich­te dem pro­fes­sio­nel­len his­to­ri­schen For­schungs­pro­zess. Die Kin­der er­fah­ren sich da­bei als ei­gen­stän­dig und er­folg­reich Han­deln­de in ei­ner ih­nen zu­nächst neu­en Welt.

In der Be­geg­nung mit der Hoch­kul­tur des Al­ten Ägyp­tens, der grie­chi­schen Po­lis, dem Im­pe­ri­um Ro­ma­num und dem Fran­ken­reich kön­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler vie­les von ih­rer heu­ti­gen Welt (zum Bei­spiel Staat, Fa­mi­lie, Schrift, Ge­schlech­ter­rol­len, Re­li­gi­on) wie­der­ent­de­cken. Gleich­zei­tig wer­den sie aber auch mit ei­ner frem­den Welt kon­fron­tiert, mit an­de­ren Ge­sell­schafts­struk­tu­ren und an­de­ren Glau­bens­vor­stel­lun­gen. Das An­de­re lässt die Be­son­der­heit des Ei­ge­nen deut­li­cher wer­den. Gleich­zei­tig wei­tet sich der per­sön­li­che Ho­ri­zont. In die­sem Sin­ne wir­ken auch die „Fens­ter zur Welt“. Durch den Blick auf den Is­lam ler­nen die Kin­der den frü­hen Kon­takt des abend­län­disch-christ­li­chen mit dem is­la­mi­schen Kul­tur­kreis ken­nen – ein Kul­tur­kon­takt, der auch für die heu­ti­ge Ge­sell­schaft von Be­deu­tung ist.

Auch wenn Le­bens­welt­be­zug so­wie An­schau­lich­keit und Kon­kre­ti­on von gro­ßer Be­deu­tung sind, sol­len den­noch ele­men­ta­re Be­griff­lich­kei­ten be­hut­sam ein­ge­führt und an­ge­wandt wer­den. Sie be­zie­hen sich auf Sach­ver­hal­te, die den Schü­le­rin­nen und Schü­lern in den ein­zel­nen In­halts­be­rei­chen im­mer wie­der be­geg­nen, ins­be­son­de­re die Di­men­sio­nen der po­li­ti­schen Herr­schaft, der Ge­sell­schaft und der Re­li­gi­on be­zie­hungs­wei­se der Kul­tur. Schwie­ri­ge Ope­ra­tio­nen, ins­be­son­de­re im Be­reich der Ana­ly­se, des Ver­gleichs und der Ur­teils­bil­dung, müs­sen so weit vor­ent­las­tet wer­den, dass sie von den Schü­le­rin­nen und Schü­lern be­wäl­tigt wer­den kön­nen.

Klas­sen 7/8

Mit zu­neh­men­dem Al­ter spielt die Aus­ein­an­der­set­zung mit Fra­gen der Iden­ti­tät ei­ne wich­ti­ge­re Rol­le. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler stel­len ver­stärkt die Fra­ge nach der rich­ti­gen Ord­nung, nach dem rich­ti­gen Han­deln. Sie ent­wi­ckeln ein kri­ti­sches Be­wusst­sein, hin­ter­fra­gen die Le­gi­ti­mi­tät der ge­setz­ten Ord­nung, hin­ter­fra­gen mit­un­ter auch den Nut­zen des Ge­schichts­un­ter­richts. Auch die­se Im­pul­se, die na­tür­lich nicht auf die­se Al­ters­stu­fe be­schränkt sind, kön­nen auf viel­fäl­ti­ge Wei­se im Ge­schichts­un­ter­richt pro­duk­tiv auf­ge­nom­men wer­den.

Zu Be­ginn der Klas­se 7 kön­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler über die Le­bens­wel­ten von Dorf, Burg, Klos­ter und Stadt in ge­wohn­ter Wei­se ei­nen kind­ge­rech­ten Zu­gang zum Mit­tel­al­ter fin­den und die ge­lern­ten Be­grif­fe und Struk­tu­ren aus Klas­se 6 an­wen­den. Auch der asia­ti­sche Raum und die is­la­mi­sche Welt tau­chen wie­der auf. Die Fra­ge der Iden­ti­tät stellt sich beim Welt- und Men­schen­bild der Frü­hen Neu­zeit oder bei der Auf­klä­rung. Fra­gen der Ge­rech­tig­keit und der le­gi­ti­men staat­li­chen und ge­sell­schaft­li­chen Ord­nung sind bei­spiels­wei­se zen­tra­le As­pek­te der Ex­pan­si­on Eu­ro­pas nach Über­see, der Fran­zö­si­schen oder der Ame­ri­ka­ni­schen Re­vo­lu­ti­on. Bei der Be­schäf­ti­gung mit dem „lan­gen“ 19. Jahr­hun­dert und der Zwi­schen­kriegs­zeit er­fah­ren die Schü­le­rin­nen und Schü­ler in eu­ro­päi­scher Per­spek­ti­ve von we­sent­li­chen Grund­la­gen der mo­der­nen Welt und kön­nen sich mit de­ren auch heu­te noch vi­ru­len­ten Grund­pro­ble­men aus­ein­an­der­set­zen. Da­mit ver­bin­det sich auch zu­se­hends mehr die Be­reit­schaft, his­to­ri­sche Sach­ver­hal­te ei­gen­stän­dig zu be­ur­tei­len und die ei­ge­ne Po­si­ti­on in der Dis­kus­si­on mit den Mit­schü­le­rin­nen und Mit­schü­lern so­wie der Lehr­kraft zu mes­sen und zu be­haup­ten.

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler er­wer­ben in den Klas­sen 7/8 er­wei­ter­te Kennt­nis­se und üben Abs­trak­ti­on so­wie kri­ti­sche Ur­teils­bil­dung ein. Al­ler­dings ent­hal­ten die Stan­dards auch kom­ple­xe und sper­ri­ge In­hal­te (zum Bei­spiel Re­vo­lu­ti­on, Ver­fas­sung, So­zia­le Fra­ge, Ideo­lo­gie). Hier ist es die Auf­ga­be der Leh­re­rin­nen und Leh­rer, die In­hal­te ei­ner­seits di­dak­tisch auf we­sent­li­che Pro­blem­fra­gen zu­zu­spit­zen, an­de­rer­seits aber auch so zu ge­stal­ten, dass sie für die Schü­le­rin­nen und Schü­lern vor­stell­bar und er­fahr­bar sind. Per­so­ni­fi­zie­ren­de Zu­gän­ge, Er­fah­rungs­be­rich­te, all­tags­ge­schicht­li­che Ver­or­tun­gen, per­spek­ti­vi­sche Rol­len­über­nah­men bie­ten die Mög­lich­keit, den Lern­zu­gang al­ters­ge­mäß zu ge­stal­ten.

Klas­sen 9/10

Die Klas­se 9 ist ganz der Ge­schich­te ab 1933 ge­wid­met. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ha­ben in­zwi­schen die Rei­fe er­langt, sich mit dem 20. Jahr­hun­dert und sei­nen Ge­walt­ex­zes­sen aus­ein­an­der­zu­set­zen, ins­be­son­de­re mit dem Ho­lo­caust. Sie be­schäf­ti­gen sich mit The­men, die – wie die Tei­lung Deutsch­lands – Teil un­se­rer jüngs­ten Ver­gan­gen­heit oder – wie der Na­tio­nal­so­zia­lis­mus – stark im kol­lek­ti­ven Ge­dächt­nis ver­an­kert sind. Mit dem En­de des Kal­ten Kriegs, der deut­schen Ver­ei­ni­gung und den Pro­ble­men des be­gin­nen­den 21. Jahr­hun­derts en­det der chro­no­lo­gi­sche Durch­gang, der in der Ori­en­tie­rungs­stu­fe be­gon­nen hat.

Die Klas­se 10 nimmt den star­ken Ak­tua­li­täts­be­zug der 9. Klas­se auf. Aus­ge­hend von Pro­ble­men der Ge­gen­wart in ei­ner glo­ba­li­sier­ten Welt wen­den sich die Schü­le­rin­nen und Schü­ler drei Räu­men zu – Chi­na, Russ­land, Tür­kei –, die bis­lang nicht im Zen­trum des Ge­schichts­un­ter­richts stan­den. Sie fra­gen nach den his­to­ri­schen Wur­zeln der ge­gen­wär­ti­gen Pro­ble­me in die­sen (ehe­ma­li­gen) Im­pe­ri­en. Durch den Per­spek­ti­ven­wech­sel ler­nen die Schü­le­rin­nen und Schü­ler die his­to­ri­sche Ei­gen­stän­dig­keit die­ser Räu­me ken­nen. In ähn­li­cher Wei­se wie dies zu­vor aus deut­scher und eu­ro­päi­scher Per­spek­ti­ve in den „Fens­tern zur Welt“ ge­schah, öff­nen sie aber auch aus der Sicht die­ser Räu­me im­mer wie­der ein „Fens­ter“ und fra­gen nach den Be­zie­hun­gen des je­wei­li­gen Raums zum west­li­chen Eu­ro­pa. Im Fal­le von Russ­land und dem Os­ma­ni­schen Reich ha­ben die Schü­le­rin­nen und Schü­ler au­ßer­dem die Ge­le­gen­heit, die Ge­schich­te nicht un­we­sent­li­cher Tei­le un­se­rer Mi­gra­ti­ons­ge­sell­schaft nä­her ken­nen­zu­ler­nen.

Der Un­ter­richt der Klas­se 10 führt in die Ar­beits­wei­se der Ober­stu­fe ein. Die Ober­stu­fe des Gym­na­si­ums zielt noch stär­ker als die Se­kun­dar­stu­fe I auf die För­de­rung des selbst­stän­di­gen, kri­tisch-for­schen­den Ler­nens ab. Ge­ra­de das Fach Ge­schich­te ist durch das Kreis­lauf­mo­dell des „his­to­ri­schen Den­kens“ be­son­ders ge­eig­net, ei­nen Bei­trag zur Wis­sen­schafts­pro­pä­deu­tik und zur För­de­rung der Stu­dier­fä­hig­keit zu leis­ten. In der Klas­se 10 wird dies durch ei­ne an­spruchs­vol­le Fra­ge­stel­lung an­ge­bahnt, die ih­ren Aus­gangs­punkt in der Ge­gen­wart nimmt und ei­nen Per­spek­ti­ven­wech­sel for­dert. Auch ste­hen kom­ple­xe­re Kon­zep­te (zum Bei­spiel Im­pe­ri­um, Mar­xis­mus) stär­ker als bis­her im Zen­trum. Ober­stu­fen­ar­beit for­dert nicht nur ei­ne er­höh­te Selbst­stän­dig­keit im Ur­teil, son­dern auch in der Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on. In der Klas­se 10 soll­te da­her auch der ei­gen­stän­di­gen In­for­ma­ti­ons­re­cher­che und der selbst­stän­di­gen Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on, zum Bei­spiel in der Pro­jekt­ar­beit, der not­wen­di­ge Raum ge­ge­ben wer­den.

Klas­sen 11/12

Auf dem Weg zum Ab­itur ver­stär­ken sich die wis­sen­schafts­pro­pä­deu­ti­sche Aus­rich­tung des Ge­schichts­un­ter­richts so­wie die An­for­de­run­gen an die Selbst­stän­dig­keit und Selbst­tä­tig­keit der Schü­le­rin­nen und Schü­ler wei­ter. The­ma­tisch ste­hen die Chan­cen und Ri­si­ken der Mo­der­ni­sie­rungs­pro­zes­se im Mit­tel­punkt, die sich seit dem aus­ge­hen­den 18. Jahr­hun­dert in Eu­ro­pa und welt­weit voll­zie­hen. Ge­fragt wird nach den Fol­gen des sich zu­se­hends be­schleu­ni­gen­den Wan­dels, der die In­dus­tria­li­sie­rung so­wie die Aus­wei­tung von po­li­ti­scher Par­ti­zi­pa­ti­on, so­zi­al­staat­li­cher Ab­si­che­rung und kul­tu­rel­ler Li­be­ra­li­sie­rung im 19. Jahr­hun­dert be­glei­tet. Ge­fragt wird auch, in­wie­weit die ra­di­ka­len, ge­walt­tä­ti­gen Ver­än­de­rungs­pro­zes­se, die sich in der ers­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts in Eu­ro­pa voll­zie­hen, zu den Fol­gen der Be­schleu­ni­gungs­pro­zes­se in der Epo­che der Hoch­mo­der­ne ge­hö­ren: die Ent­ste­hung und Aus­brei­tung ei­nes eu­ro­pa­wei­ten Ra­di­kal­na­tio­na­lis­mus, zwei Welt­krie­ge, die Be­sei­ti­gung der meis­ten nach 1919 in Eu­ro­pa ent­stan­de­nen par­la­men­ta­ri­schen De­mo­kra­ti­en durch links- und rechts­ra­di­ka­le Welt­an­schau­ungs­dik­ta­tu­ren so­wie Mas­sen­ver­trei­bun­gen, De­por­ta­tio­nen und Völ­ker­mord – al­le­samt Vor­gän­ge, die mit zu­vor un­ge­kann­ter Ge­walt­tä­tig­keit ver­bun­den wa­ren und das 20. Jahr­hun­dert im Rück­blick als „Zeit­al­ter der Ex­tre­me“ (Eric Hobs­bawm) er­schei­nen las­sen. Zu fra­gen ist schließ­lich nach den un­ter­schied­li­chen We­gen, die West- und Ost­eu­ro­pa ein­ge­schla­gen ha­ben nach dem Zi­vi­li­sa­ti­ons­bruch in der ers­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts. Wäh­rend die west­eu­ro­päi­schen Ge­sell­schaf­ten in un­ter­schied­li­chen Ge­schwin­dig­kei­ten den Weg zu wirt­schaft­li­cher und po­li­ti­scher Sta­bi­li­tät so­wie zu De­mo­kra­tie, Rechts­staat und Mas­sen­kon­sum fin­den, ge­winnt Ost­eu­ro­pa erst am En­de des 20. Jahr­hun­derts den Zu­gang zu Frei­heit und Wohl­stand. Auch da­bei sind wie­der die Am­bi­va­len­zen von Mo­der­ni­sie­rung und Li­be­ra­li­sie­rung in den Blick zu neh­men, et­wa die Zä­sur in den 1970er-Jah­ren mit dem En­de des eu­ro­pa­wei­ten Wirt­schafts­booms wäh­rend des „Gol­den Age“ be­zie­hungs­wei­se der „tren­te glo­ri­eu­ses“, der Ero­si­on der klas­si­schen In­dus­trie­ge­sell­schaft so­wie dem epo­cha­len Struk­tur­wan­del durch Di­gi­ta­li­sie­rung und Glo­ba­li­sie­rung. Zu fra­gen ist auch nach Zu­sam­men­hän­gen zwi­schen die­sen Wand­lungs­pro­zes­sen, die auf ei­ne „zwei­te Mo­der­ne“ zie­len, und dem Zu­sam­men­bruch des Ost­blocks ei­ner­seits, dem En­de des Kal­ten Kriegs an­de­rer­seits. Ab­schlie­ßend wird in eu­ro­päi­scher und glo­ba­ler Per­spek­ti­ve ein wei­te­rer dra­ma­ti­scher Ba­sis­pro­zess the­ma­ti­siert, der das 20. Jahr­hun­dert ge­kenn­zeich­net hat und der in den post­ko­lo­nia­len Räu­men des 21. Jahr­hun­derts bis heu­te wei­ter­wirkt: das En­de der eu­ro­päi­schen Über­see-Im­pe­ri­en im Zu­ge der De­ko­lo­ni­sie­rung. Der Zu­sam­men­bruch des eu­ro­päi­schen Ko­lo­nia­lis­mus stell­te nicht nur ei­ne tie­fe Zä­sur für die ehe­mals ko­lo­ni­sier­ten Län­der dar, son­dern auch für die Ge­schich­te Eu­ro­pas, be­en­de­te die De­ko­lo­ni­sie­rung doch end­gül­tig die Eu­ro­päi­sie­rung der Welt, die spä­tes­tens um 1500 be­gon­nen hat­te. Die Äch­tung von Ras­sis­mus und Ko­lo­nia­lis­mus war ein eben­so fol­gen­rei­ches wie un­hin­ter­geh­ba­res Er­geb­nis des De­ko­lo­ni­sie­rungs­pro­zes­ses. In sei­ner Fol­ge führ­te ein welt­wei­ter Wer­te­wan­del da­zu, dass Men­schen­rech­te, Rechts­staat­lich­keit und das Selbst­be­stim­mungs­recht der Völ­ker als Maß­stab zur Be­wer­tung po­li­ti­scher Sys­te­me und staat­li­chen Han­delns wie­der ein­ge­setzt wur­den. Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler ler­nen bei der Be­schäf­ti­gung mit die­sen The­men, dass es auch ih­re Auf­ga­be ist, da­zu bei­zu­tra­gen, dass die­ser Wert­maß­stab im 21. Jahr­hun­dert sei­ne Gül­tig­keit nicht wie­der ver­lie­ren wird.


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