Fachbezogene Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Bewegung, Spiel und Sport in der Schule sind wesentliche Bestandteile einer ganzheitlichen Bildung und Erziehung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Als durchgängiges Pflichtfach leistet der Sportunterricht dazu einen unverzichtbaren Beitrag.
Der dynamische gesellschaftliche Wandel und die dadurch veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen führen zu einer wachsenden Bewegungsarmut von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Um dieser Bewegungsarmut entgegenzuwirken, sind entsprechende Rahmenbedingungen im und Verhaltensänderungen durch Sportunterricht unerlässlich, um die Lebensqualität im Sinne ganzheitlicher Persönlichkeitsentfaltung nachhaltig zu verbessern.
Durch die unmittelbaren körperlich-sinnlichen Erfahrungen und Anforderungen bei Bewegung, Spiel und Sport, sowie durch die geistige Auseinandersetzung mit ihnen, leistet der Sportunterricht einen fachspezifischen Beitrag zum allgemeinen Bildungsauftrag. Sportunterricht unterstützt die Entwicklung der Persönlichkeit in sozialer Verantwortung, befähigt dazu, die sportliche Leistungsfähigkeit auch nach der Schulzeit zu erhalten und zu verbessern und leistet einen nachhaltigen Beitrag zur Gesundheitserziehung und zum individuellen Wohlbefinden. Dadurch bereitet er auf das Leben in unserer sich dynamisch wandelnden Gesellschaft vor.
Das Pflichtfach Sport bietet vielfältige Gelegenheiten zum Einsatz fachspezifischer und fachübergreifender Arbeitsweisen. Besonders im naturwissenschaftlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Bereich, aber auch in den spezifischen Profilfächern der Beruflichen Gymnasien, gibt es zahlreiche Möglichkeiten zu Fächer verbindendem Unterricht.
Der Sportunterricht des Beruflichen Gymnasiums baut auf den in den vorgelagerten, allgemein- und berufsbildenden Schularten erworbenen Kompetenzen auf, vertieft und erweitert sie. Er orientiert sich, wie in der Primar- und Sekundarstufe I, am Doppelauftrag des Schulsports und an verschiedenen Sinnrichtungen von Sport.
Doppelauftrag des Schulsports
- Erziehung zum Sport:
Eine Verbindung von Praxis und Theorie befähigt die Schülerinnen und Schüler, sich mit vielfältigen Erscheinungsformen des Sports auseinanderzusetzen. Sie erkennen, dass Bewegung ein Lebensprinzip ist und werden zu lebenslangem Sporttreiben motiviert. Vor dem Hintergrund einer Umwelt, die Schülerinnen und Schülern immer weniger natürliche Bewegungsanlässe bietet, kommt der entwicklungsgemäßen Förderung von Bewegungsfreude, Gesundheitsbewusstsein und Fitness eine herausragende Bedeutung zu. - Erziehung im und durch den Sport:
Die Verwirklichung der im allgemeinen Erziehungs- und Bildungsauftrag formulierten Ziele erfordert die alters- und entwicklungsgemäße Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler (z. B. die Entfaltung ihrer körperlichen Anlagen, Freude an der Bewegung, Selbstbestätigung durch Lernfortschritte und Lernerfolge). Dies führt zu einem positiven Körpergefühl und zur Stärkung der Persönlichkeit.
Sinnrichtungen von Sport – Mehrperspektivität des Sportunterrichts
In einem mehrperspektivischen Sportunterricht werden den Schülerinnen und Schülern die verschiedenen Sinnrichtungen des sportlichen Handelns zugänglich gemacht und mit ihrer persönlichen Erfahrungs- und Erlebniswelt verknüpft. Dabei dienen die Inhalte des Sportunterrichts als Medium, die verschiedenen Perspektiven zu realisieren. Die Mehrperspektivität des Sportunterrichts gewährleistet den Erwerb einer umfassenden sportlichen Handlungskompetenz und ermöglicht jeder Schülerin und jedem Schüler, eine individuelle Sinngebung für das Sporttreiben zu finden. (Die gewählte Reihenfolge der pädagogischen Perspektiven stellt keine Wertung dar):
- Das Leisten erfahren und reflektieren
Das Erbringen einer Leistung ist eine grundlegende pädagogische Aufgabe aller Fächer. Da Sport und Leistung eng miteinander verbunden sind, wird im Sportunterricht immer wieder Leistungsbereitschaft gefördert. Die unmittelbare Rückmeldung über das Ergebnis macht im Sport die Erfahrung der eigenen Leistung und ihre Bewertung als Erfolg oder Misserfolg besonders anschaulich. Der Sportunterricht bietet hierfür zahlreiche Erfahrungs- und Reflexionsmöglichkeiten. - Gesundheitsbewusstsein entwickeln, Fitness verbessern
Die starke Zunahme von Bewegungsmangelkrankheiten macht deutlich, wie fehlende Bewegung die Gesundheit sowohl im physischen als auch im psychischen Bereich negativ beeinflusst. Vorrangige Ziele sind die Entwicklung des Gesundheitsbewusstseins und die Verbesserung bzw. Erhaltung der allgemeinen Fitness. - Wahrnehmungsfähigkeit verbessern und Bewegungserfahrungen erweitern
Das Sammeln von Bewegungserfahrungen und die Wahrnehmungsfähigkeit sind heute häufig unter anderem durch die digitalen Medien einseitig und eingeschränkt. Hier kommt dem Sportunterricht eine besondere Bedeutung zu. Die Schülerinnen und Schüler schulen durch Bewegung, Spiel und Sport ihre Sinneswahrnehmung und machen vielfältige Bewegungserfahrungen. Hierfür bietet sich auch das Bewegen in der Natur an. - Gemeinsam handeln, wettkämpfen und sich verständigen
Sport besitzt das besondere Potenzial, Anlässe für soziales Lernen zu schaffen und soziale Verantwortung zu fördern. Im sportlichen Handeln kann das Miteinander und Gegeneinander in einer Gruppe unmittelbar erlebt werden. In den Sportspielen ist die Bereitschaft zur Kooperation – sowohl innerhalb der eigenen Mannschaft als auch mit der gegnerischen Mannschaft – für das Gelingen eines fairen Wettkampfs ebenso wichtig wie das Konkurrenzverhalten. Darüber hinaus bietet der Sport in der Schule viele Möglichkeiten einer Erziehung zur Selbstständigkeit in sozialer Verantwortung. - Sich körperlich ausdrücken und Bewegungen gestalten
Sportunterricht bietet vor allem bei Gestaltungs- und Improvisationsaufgaben Gelegenheiten, die Ausdrucksmöglichkeiten des Körpers zu erproben, kreativ zu erweitern und zu reflektieren. Beim Arbeiten in der Gruppe und bei der Vorbereitung gemeinsamer Präsentationen werden die Kooperations- und Teamfähigkeit weiterentwickelt. - Etwas wagen und verantworten
In allen Sportbereichen, besonders im Gerätturnen, bieten sich Möglichkeiten, kontrollierte Risiken („gefühlte Wagnisse“) abzuwägen und einzugehen. Die erfolgreiche Bewältigung einer Wagnissituation wird von Schülerinnen und Schülern als lohnend erlebt und motiviert dazu, sich mit ähnlichen Bewegungssituationen auseinanderzusetzen. Darüber hinaus verbessern die Schülerinnen und Schüler ihre Fähigkeit sich realistisch einzuschätzen und gewinnen an Selbstsicherheit.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Aus dem Doppelauftrag des Schulsports und den Sinnrichtungen von Sport ergeben sich die untenstehenden fachspezifischen Handlungsfelder. Aus ihnen werden Kompetenzen, Erfahrungen und Einstellungen für ein selbstbestimmtes, lebenslanges Sporttreiben entwickelt:
Motorisch: Die Schülerinnen und Schüler
- verbessern ihre Leistungsfähigkeit und schätzen diese richtig ein,
- verbessern ihre koordinativen Fähigkeiten,
- erweitern ihre Bewegungs- und Körpererfahrungen und verbessern ihre Wahrnehmungsfähigkeit und ihr Körperbewusstsein,
- drücken sich über ihren Körper aus und gestalten Bewegungen kreativ.
Kognitiv/reflexiv: Die Schülerinnen und Schüler
- wissen um die Bedeutung von Bewegung für das eigene Wohlbefinden und für eine gesunde Entwicklung,
- erfahren, dass Anstrengung und Leistung lohnenswerte Ziele sind,
- sind sich der gesundheitsfördernden Wirkung von Bewegung und Sport bewusst,
- schätzen verantwortungsbewusst Wagnisse und Risiken ab und führen Hilfestellungen verantwortungsbewusst durch,
- setzen sich mit zunehmender Reflexionsfähigkeit kritisch mit der gesellschaftlichen Rolle, den Chancen, aber auch Risiken von Bewegung, Spiel und Sport auseinander,
- entwickeln ihre Selbstregulation, indem sie ihre exekutiven Funktionen trainieren, die ihnen die Bewältigung schulischer Anforderungen erleichtern,
- erwerben sportspezifische Fachkenntnisse in engem Praxis-Theorie-Bezug.
Sozial/emotional: Die Schülerinnen und Schüler
- erleben und entwickeln Freude an lebenslanger sportlicher Betätigung,
- kooperieren selbstständig bei sportlichen Aktivitäten miteinander, treten in Wettkampf und zeigen dabei Fairness und die Bereitschaft, Konflikte zu bewältigen,
- lernen mit Emotionen umzugehen, sie zu verarbeiten und sich konstruktiv in Interaktionsprozesse einzubringen,
- treten sozialen Ausgrenzungen entgegen,
- planen und verantworten selbstständig Bewegungsaktivitäten, wodurch die Selbstwirksamkeit und Kooperationsbereitschaft gefördert werden und das Bewegungsinteresse weiterentwickelt wird,
- entwickeln ihre Leistung, sowie ihre Lern- und Leistungsbereitschaft und schätzen ihre Leistung und ihren Erfolg realistisch ein.
Alle genannten Aspekte sind neben der Lernvoraussetzung, dem Lernfortschritt und dem Leistungswillen in angemessener Form bei der Leistungsmessung zu berücksichtigen.
Sport in der Schule ist mehr als Sportunterricht. Er bildet mit seinen vielen Möglichkeiten zum Kompetenzerwerb und zur Kompetenzerweiterung ein wesentliches Element zur Gestaltung des Schullebens. Bewegung, Spiel und Sport als Unterrichtsprinzip umfasst auch Bewegungszeiten im Unterricht anderer Fächer, Pausensport, Sportarbeitsgemeinschaften, Schulsporttage, Kooperation Schule − Verein, schulsportliche Wettbewerbe (z. B. Vergleichswettkämpfe auf verschiedenen Ebenen, Jugend trainiert für Olympia/Paralympics, Bundesjugendspiele), Wandertage, Schullandheime sowie Wintersport (z. B. Skischullandheim, Wintersporttage).
Der Sport in der Schule baut Brücken zum außerschulischen Sport. Deshalb sind über den verbindlichen Unterricht hinaus sportliche Aktivitäten und Wettkämpfe innerhalb und außerhalb der Schule zu fördern.
3. Ergänzende fachliche Hinweise
Der Sportunterricht berücksichtigt unterschiedliche Interessen und Bedürfnisse durch Individualisierung und Differenzierung. Der Sportunterricht wird so gestaltet, dass Jungen und Mädchen ihre Fähigkeiten gleichermaßen entwickeln können. Der Unterricht kann in Absprache mit der Sportfachschaft sowohl koedukativ als auch geschlechtergetrennt organisiert werden. Im Rahmen von Projekten, Landheimaufenthalten und geeigneten Unterrichtsvorhaben können die Chancen, die eine koedukative Erziehung bietet, genutzt werden.
Die Eingangsklasse der Beruflichen Gymnasien hat eine Gelenkfunktion. Wegen der unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler muss es Ziel dieser Klassenstufe sein, Kompetenzen im Hinblick auf das Anforderungsniveau der Jahrgangsstufen zu entwickeln.
Sowohl in der Eingangsklasse als auch in den Jahrgangsstufen steht das aktive sportliche Handeln im Zentrum des Sportunterrichts.
Auf der Basis der motorischen Erfahrungen aus der Sekundarstufe I werden die sportartspezifischen Fertigkeiten weiterentwickelt. Die Schülerinnen und Schüler vertiefen ihre Kenntnisse der unterschiedlichen Sportarten und erhalten damit eine Orientierungshilfe für das Sporttreiben im außerschulischen Bereich. Die Verknüpfung des sportpraktischen Unterrichts mit Wissen über Sport versetzt die Schülerinnen und Schüler in die Lage, ihr Sporttreiben selbstständig zu organisieren, durchzuführen und zu reflektieren. Die ausgewiesenen Stunden für die Bildungsplaneinheit „Wissen“ bedeuten nicht, dass die BPE „Wissen“ in reinen Theoriestunden im Klassenzimmer vermittelt wird. Die Inhalte sollen mit den sportpraktischen Bildungsplaneinheiten verknüpft und in direkter Anbindung an die sportpraktischen Inhalte vermittelt werden. In begründeten Ausnahmefällen sind auch reine Theoriestunden möglich.
Digitale Medien werden im Sportunterricht beim Ausführen, bei der Analyse und der Reflexion von sportlichen Handlungen und Handlungssituationen eingesetzt. Im Rahmen des Sportunterrichts findet kein E-Sport (elektronischer Sport) statt.
Hinweise Eingangsklasse
Bildungsplaneinheit 1: Der Inhaltsbereich „Fitness entwickeln“ wird mit anderen Inhalten vernetzt unterrichtet. Aus den übrigen Inhaltsbereichen werden mindestens zwei unterrichtet.
Bildungsplaneinheit 2: Es werden mindestens zwei Spiele unterrichtet.
Bildungsplaneinheit 3: Aus diesem Inhaltsbereich können weitere Sportarten unterrichtet werden.
Bildungsplaneinheit 4: Der Inhaltsbereich Wissen wird mit einem Praxis-Theorie-Projekt verknüpft und in den sportpraktischen Unterricht eingebunden.
Die Schülerinnen und Schüler wählen vor Eintritt in die Jahrgangsstufe 1 aus dem Angebot der Schule eine Sportartenkombination nach den unten genannten Bedingungen aus. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, dass die Kurse durchgehend von derselben Lehrkraft unterrichtet werden.
Hinweise Jahrgangsstufen 1 und 2
Bildungsplaneinheit 5: Der Inhaltsbereich „Fitness entwickeln“ wird mit anderen Inhalten vernetzt oder in eigenen Unterrichtsvorhaben unterrichtet. Aus den übrigen Inhaltsbereichen wird mindestens einer unterrichtet.
Bildungsplaneinheit 6: Es wird mindestens ein Spiel unterrichtet.
Bildungsplaneinheiten 5, 6, 7: Zusätzlich wird mindestens eine weitere Sportart aus den Bildungsplaneinheiten 5 (ohne „Fitness entwickeln“), 6 oder 7 unterrichtet.
Bildungsplaneinheit 8: Der Bereich Wissen wird mit den Bildungsplaneinheiten 5 – 7 verknüpft unterrichtet und in den sportpraktischen Unterricht eingebunden.
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.