Fachbezogene Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Im Unterricht des berufsbezogenen Fachs Sondergebiete der Ernährungswissenschaften befassen sich Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Richtungen des Beruflichen Gymnasiums (AG, BTG, EG, SGG) mit der Ernährung des Menschen. Ohne naturwissenschaftliche Grundlagen vorauszusetzen, erkennen sie Zusammenhänge zwischen der Ernährung und Physiologie, Psychologie, Medizin, Sport, Umwelt, Wirtschaft, Gesellschaft, Geschichte und weiteren Disziplinen. Die Schülerinnen und Schüler erwerben hierbei Kompetenzen über das Ernährungsverhalten des Einzelnen, der Gesellschaft und über Entwicklung und Stand des Lebensmittelangebots.
Die Schülerinnen und Schüler leiten Ansprüche an das Ernährungssystem ab und setzen diese in ein verantwortliches Handeln des Einzelnen um. Sie erfassen physiologische, soziologische und psychologische Einflüsse auf das Ernährungsverhalten und erarbeiten Bewertungskriterien dafür. Für eine bedarfsadäquate Ernährung werden Energie- und Nährstoffempfehlungen, Ernährungsformen, spezielle Kostformen und Ernährungssituationen verschiedener Bevölkerungsgruppen und Formen der Fehl- und Mangelernährung analysiert und bewertet.
Sie erlernen, dass das Ernährungsgeschehen durch vielfältige, jedoch zusammengehörige Faktoren beeinflusst wird, stellen die Bezugssysteme der Ernährung – Gesundheit, Ökologie, Gesellschaft, Ökonomie – dar und bewerten diese. Zusammenhänge werden erkannt, die zu der heute erreichten Sicherung eines qualitativ hochwertigen Lebensmittelangebots geführt haben. Dazu werden ebenso lebensmittelhygienische und -toxikologische Grundlagen vermittelt und Kenntnisse zum Lebensmittelrecht und der -überwachung erarbeitet, wie auch ökonomische Aspekte beleuchtet.
Der Unterricht im berufsbezogenen Fach Sondergebiete der Ernährungswissenschaften wirkt an geeigneter Stelle auch berufsorientierend, sodass die Schülerinnen und Schüler sich in den entsprechenden beruflichen Bereichen im Hinblick auf ihre beruflichen Interessen und Potenziale orientieren. Durch dieses Fach vermittelt die Schule Kenntnisse über Berufs-, Ausbildungs- und Studienfelder, informiert über Strukturen der Berufswelt sowie Anforderungen und Perspektiven der beruflichen und akademischen Bildung. Die Lehrkräfte ergreifen geeignete Maßnahmen der beruflichen Orientierung, damit die Schülerinnen und Schüler ihre beruflichen Interessen und Potenziale entdecken, prüfen und gezielt entwickeln können. Dies zielt darauf ab, dass die Schülerinnen und Schüler für ihren anschließenden bzw. späteren Übergang in Ausbildung, Studium und Beruf eine qualifizierte Entscheidung treffen können. Ein wichtiges Element hierfür sind die Praxiserfahrungen. Deren Vor- und Nachbereitung trägt dazu bei, das Potenzial ihrer berufsorientierenden Wirkung maximal zu entfalten.
Einbezogen werden können in den praktischen Einheiten Küchen, Labore und Computerräume, je nach Bildungsplaneinheit und Verfügbarkeit. Der vorliegende Bildungsplan bietet hierfür diverse Vorschläge und Anregungen.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Kompetenzorientierter Unterricht bietet die Möglichkeit, Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten selbstständig und nachhaltig aufzubauen, zu reflektieren und in verschiedenen Situationen verantwortungsvoll einzusetzen.
Die Schülerinnen und Schüler entwickeln im aktiven Umgang mit spezifischen Inhalten die Kompetenzen, die für das Fach Sondergebiete der Ernährungswissenschaften von zentraler Bedeutung sind. Erkenntnisse gewinnen, Kommunizieren und Bewerten stehen für Fähigkeiten und Fertigkeiten, die dafür charakteristisch sind. Naturwissenschaftlich fachkompetente Schülerinnen und Schüler verfügen über Erkenntnisgewinnungs-, Sach-, Kommunikations- und Bewertungskompetenz. Diese vier Kompetenzbereiche durchdringen einander und umrahmen gemeinsam die Fachkompetenz.
Die Sachkompetenz der Schülerinnen und Schüler zeigt sich in der Kenntnis naturwissenschaftlicher Konzepte, Theorien und Verfahren und der Fähigkeit, dieses Fachwissen zu beschreiben und zu erklären. Sie nutzen diese Sachkompetenz, um Sachverhalte aus fach- und alltagsbezogenen Anwendungsbereichen zu bearbeiten und zu strukturieren. Die Schülerinnen und Schüler setzen sich mit ernährungsrelevanten Fragestellungen auseinander und sind in der Lage, diese mithilfe von fachspezifischen Methoden zu bearbeiten und anhand von praktischen Anwendungen (z. B. in einer Küche, Labor) und Modellen zu erklären. Sie nutzen hierzu auch außerschulische Lernorte, z. B. Supermarkt oder Wochenmarkt, lebensmittelherstellende Betriebe und fachspezifische Museen und schulnahe Lebensräume wie Schulküche oder Schulgarten. Die Inhalte der affinen Fächer, wie dem Profilfach Ernährung und Chemie und dem Fach Sondergebiete der Biowissenschaften sowie der Fächer Biologie, Wirtschaftslehre und Ethik tragen zu fächerübergreifenden Kenntnissen bei und fördern vernetztes Denken.
Die Erkenntnisgewinnungskompetenz der Schülerinnen und Schüler zeigt sich in der Kenntnis von nicht nur naturwissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweisen. Sie erwerben damit die Fähigkeit, dieses Fachwissen zu beschreiben, zu erklären und zu verknüpfen, um Erkenntnisprozesse nachvollziehen oder gestalten zu können und deren Möglichkeiten und Grenzen zu reflektieren. Die Schülerinnen und Schüler leiten Lösungsmöglichkeiten ab, wie beispielsweise zu Fragen der Nachhaltigkeit. Sie lernen in Prozessen und Abläufen zu denken, z. B. indem sie die Struktur von sich wandelnden Märkten bewerten und deren Sozialverträglichkeit einschätzen. Die Schülerinnen und Schüler üben strukturiertes Arbeiten und Denken, beispielsweise beim Bewerten des toxikologischen oder hygienischen Zustandes von Lebensmitteln.
Die Kommunikationskompetenz der Schülerinnen und Schüler zeigt sich in der Kenntnis von Fachsprache, fachtypischen Darstellungen und Argumentationsstrukturen und in der Fähigkeit, dieses Fachwissen zu nutzen, um fachbezogene Informationen zu erschließen, adressaten- und situationsgerecht darzustellen und auszutauschen. Die Schülerinnen und Schüler werten Informationen zu ernährungsrelevanten Fragestellungen aus verschiedenen Quellen aus, dokumentieren diese und tauschen sich darüber aus. Dabei nutzen sie moderne Medien und Technologien bei der Bearbeitung ernährungswissenschaftlicher Fragestellungen. Ernährungsrelevante Sachverhalte stellen sie mit geeigneten Präsentationstechniken und -medien dar. Sie können fachbezogenes Feedback geben und mit Kritik umgehen. Sie arbeiten dabei auch im Team und geben Informationen in geeigneter Weise, auch vor größeren Gruppen, weiter. Diese Arbeitsweise eignet sich besonders für den Projektunterricht, z. B. bei Ernährungsumfragen.
Die Bewertungskompetenz der Schülerinnen und Schüler zeigt sich in der Kenntnis von fachlichen und überfachlichen Perspektiven sowie von Bewertungsverfahren. Sie nutzen dieses Fachwissen um Aussagen bzw. Daten anhand verschiedener Kriterien zu beurteilen, sich dazu Meinungen zu bilden, Entscheidungen zu treffen und Entscheidungsprozesse sowie deren Folgen zu reflektieren. Die Schülerinnen und Schüler erkennen die gesellschaftliche Bedeutung ernährungsrelevanter Themen. Ihr Fachwissen ermöglicht ihnen eine multiperspektivische Betrachtung und befähigt sie, unterschiedliche Standpunkte begründet zu bewerten. Sie werden dazu befähigt, die Bedeutung und Verantwortung der Ernährungswissenschaft für die Bewältigung der Ernährungsprobleme sowie für Gesellschaft und Umwelt aufzuzeigen. Dabei analysieren und beurteilen sie Ernährungssituationen unter verschiedenen Aspekten sowie den Ablauf und Auswirkungen traditioneller und neuer Verfahren der Lebensmitteltechnologie, Marketing, Verbraucherforschung und die Qualitätssicherung.
Für nachhaltig gewinnbringendes Lernen ist es von großer Bedeutung, dass alle Kompetenzbereiche im Unterricht bewusst und ausgewogen gefördert werden. Die Kompetenzen entwickeln sich bei den Schülerinnen und Schüler über die Jahrgangsstufen hinweg und werden im Bildungsplan vielfältig inhaltsbezogen konkretisiert.
Da die Kompetenzen in allen vier Bereichen nur an Fachinhalten erworben werden können, stellen die Basiskonzepte die Grundlage für die Entwicklung nicht nur der naturwissenschaftlichen Kompetenz dar. Im Fach Sondergebiete der Ernährungswissenschaften findet im hohen Maß die Anwendung von Erlerntem auf ernährungswissenschaftliche, soziale und wirtschaftliche Fragestellungen statt. (vgl. Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Ernährung der KMK i. d. F. vom 16.11.2006)
3. Ergänzende fachliche Hinweise
In der Eingangsklasse ist die BPE 1 verpflichtend zu unterrichten. Je nach Interessenlage und Zusammensetzung der Klasse werden aus den Bildungsplaneinheiten der Eingangsklasse vier weitere BPE ausgewählt und unterrichtet. In der Jahrgangsstufe 1 sind fünf und in der Jahrgangsstufe 2 vier Bildungsplaneinheiten auszuwählen und zu unterrichten.
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.