Fachbezogene Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Die Biologie als eine Wissenschaft mit vielen, teilweise stark vernetzten Teildisziplinen leistet zur Lösung bzw. Diskussion vieler medizinischer, technischer, ethischer und gesellschaftlicher Fragestellungen einen wertvollen Beitrag. Biologische Sachverhalte spielen ebenso eine Rolle bei der Realisierung der Energiewende, wie bei der Bewertung moderner medizinischer Verfahren aus verschiedenen Perspektiven. Die Diskussion um die Verwendung von Pestiziden in der Landwirtschaft kann ohne fundiertes Wissen um die zugrunde liegenden biologischen Zusammenhänge nicht sinnvoll geführt werden. Das Fach „Sondergebiete der Biowissenschaften“ leistet einen wichtigen Beitrag zum Verständnis des Lebens und zum Selbstverständnis des Menschen in der belebten Umwelt.
Das Fach „Sondergebiete der Biowissenschaften“ eignet sich durch den modularen Aufbau hervorragend, um das jeweilige Profil der Beruflichen Gymnasien zu schärfen und vertiefende Einblicke in unterschiedliche einschlägige Berufsfelder zu geben. Ebenso können zusätzliche naturwissenschaftliche Inhalte im Hinblick auf eine umfassende naturwissenschaftliche Grundbildung ergänzend erworben werden. Die Profilierung als Bezug zur beruflichen Wirklichkeit und Markenkern der Beruflichen Gymnasien wird durch die profilspezifischen und ergänzenden Inhalte im Fach Sondergebiete der Biowissenschaften geschärft.
Alle ausgewählten biologischen Fragestellungen eignen sich zur Verwendung digitaler Medien als Lernwerkzeuge in der Unterrichtsgestaltung. Digitale Medien können sowohl zur Erfassung von Daten, Aufbereitung und Darstellung von Versuchsergebnissen, als auch zur Erstellung von z. B. Animationen und Lernvideos für die Visualisierung biologischer Abläufe genutzt werden. Experimentieren und das Arbeiten mit strukturellen und funktionalen Modellen sind grundlegende Methoden zur Erforschung biologischer Aspekte und dienen zur Veranschaulichung von Strukturen und Abläufen. Die Auswahl der Themengebiete und die inhaltliche Gestaltung der Bildungsplaneinheiten berücksichtigt die biologischen, chemischen und physikalischen Vorkenntnisse der Schülerinnen und Schüler mit einem mittleren Bildungsabschluss und ist mit der Zielsetzung erfolgt, eine Weiterentwicklung ihrer fachlichen und personalen Kompetenzen zu ermöglichen.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Die moderne Biologie ist eine interdisziplinäre und vernetzte Wissenschaft, biologische Fragestellungen und Phänomene beeinflussen viele Aspekte des menschlichen Lebens und der Gesellschaft. Die kompetenzorientierte Gestaltung des Unterrichts im Fach „Sondergebiete der Biowissenschaften“ legt die Grundlagen für das Verständnis und die Interpretation wissenschaftlicher Erkenntnisse und damit für die Studierfähigkeit sowie für die aktive Teilnahme der Schülerinnen und Schüler an gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Diskussionen auf der Basis fundierter inhalts- und prozessbezogener Kompetenzen.
Inhaltsbezogene Kompetenzen
Die inhaltsbezogenen Kompetenzen orientieren sich in diesem Fach an aktuellen gesellschaftsrelevanten biologischen Fragestellungen und umfassen Fachwissen zu den Themenkomplexen „Ökologie, Stoffwechsel und Umwelttoxikologie“, „Entwicklungsbiologie, Evolution und Reproduktionsmedizin“, „Neurobiologische Grundlagen von Lernen und Verhalten“ sowie „Infektions- und Immunbiologie“. Bei der Erarbeitung der fachlichen Inhalte und Zusammenhänge stehen das exemplarische Lernen an geeigneten Beispielen sowie die Verknüpfung der einzelnen Inhalte mit den biologischen Prinzipien im Vordergrund.
In der Eingangsklasse werden vor allem die Prinzipien Stoff- und Energieumwandlung sowie Kompartimentierung an exemplarischen Inhalten der Zellbiologie und Ökologie erkennbar. Die Schülerinnen und Schüler erwerben grundlegende Kenntnisse zu den systemischen Zusammenhängen verschiedener Lebensformen auf der Ebene von Teilchen, Zellen, Organismen und Ökosystemen. Sie erkennen dadurch ihren eigenen Einfluss auf die Umwelt.
In den Jahrgangsstufen stehen Lernmodule aus verschiedenen biologischen Fachgebieten zur Auswahl. Dabei liegt in den Bildungsplaneinheiten 4, 5, 6 und 9 der Schwerpunkt auf dem Erfassen der Komplexität biologischer und biochemischer Netzwerke. Die biologischen Prinzipien Information und Kommunikation sowie Steuerung und Regelung stehen im Vordergrund. Die Schülerinnen und Schüler erfassen die biologischen Phänomene Entwicklung, Lernen und Evolution als Folge der Beeinflussung genetischer und zellulärer Prozesse durch interne und externe Faktoren. In den Bildungsplaneinheiten 7 und 8 werden anhand der Themen Reproduktionsmedizin und Immunbiologie biologische Vorgänge auf aktuelle medizinische Fragestellungen übertragen.
Prozessbezogene Kompetenzen
Die prozessbezogenen Kompetenzen werden durch eine entsprechende fachdidaktische Gestaltung des Unterrichts anhand der fachlichen Inhalte gemeinsam mit den inhaltsbezogenen Kompetenzen vermittelt.
Im Rahmen des Kompetenzbereiches „Erkenntnisgewinnung und Fachmethodik“ setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit biologischen Fragestellungen auseinander. Sie werfen aus geeigneten Beobachtungen zielführende Fragestellungen auf und erstellen Hypothesen auf der Basis ihrer Vorkenntnisse. Die Planung, Durchführung und Auswertung von Experimenten zur Klärung biologischer Fragestellungen und Prüfung von Hypothesen wird von den Schülerinnen und Schülern zunehmend selbstständig geleistet. Den Schülerinnen und Schülern wird die Notwendigkeit zur Auswahl und Verwendung geeigneter Modellorganismen, Zell- oder Gewebekulturen zur Erforschung biologischer Sachverhalte bewusst. Zur Erklärung biologischer Sachverhalte, Prozesse und Wechselwirkungen verwenden, entwickeln und modifizieren die Schülerinnen und Schüler Struktur- und Funktionsmodelle. Sie beschreiben dabei auch den Zusammenhang zwischen Modell und Realität und beurteilen Aussagekraft und Grenzen von Modellen.
Im Rahmen des Kompetenzbereiches „Fachkommunikation“ beschaffen die Schülerinnen und Schüler Informationen zu biologischen Fragestellungen aus verschiedenen Quellen, werten diese aus und bereiten sie adressatengerecht auf. Die Schülerinnen und Schüler lernen dabei, vertrauenswürdige und seriöse Quellen in verschiedenen analogen und digitalen Medien anhand geeigneter Kriterien zu recherchieren und zu erkennen. Die Informationen werden von den Schülerinnen und Schülern aus Experimentalergebnissen, Texten, Bildern, Tabellen, Diagrammen und Grafiken entnommen. Biologische Sachverhalte können von den Schülerinnen und Schülern unter Verwendung der Fachsprache beschrieben und erklärt sowie in einen Zusammenhang mit Alltagssituationen und gesellschaftlich relevanten Fragestellungen gebracht werden. Die Schülerinnen und Schüler sind in der Lage, Verlauf und Ergebnisse ihrer Arbeit nachvollziehbar in Form von Protokollen und Postern zu dokumentieren sowie komplexe biologische Sachverhalte mithilfe von Texten, Skizzen, Grafiken, Modellen und Diagrammen anschaulich darzustellen. Die Schülerinnen und Schüler tauschen die erworbenen Informationen aus, indem sie ihre Arbeitsergebnisse adressatengerecht präsentieren und dabei ihre Standpunkte zu biologischen Sachverhalten fachlich begründet vertreten sowie fachlich begründete abweichende Standpunkte wahrnehmen und respektieren.
Die Arbeit im Team hat bei der Gewinnung und Aufbereitung von Informationen einen hohen Stellenwert. Die Schülerinnen und Schüler lernen dabei Verantwortung zu übernehmen, gemeinsam zu planen, zu strukturieren und zu reflektieren. Grundsätze und Werkzeuge des Projektmanagement können dazu zielführend ausgewählt und eingesetzt werden.
Im Rahmen des Kompetenzbereiches „Bewertung/Reflexion“ erkennen die Schülerinnen und Schüler bei verschiedenen biologischen Themen deren gesellschaftliche Relevanz. Ihr Fachwissen ermöglicht ihnen eine Betrachtung biologischer Problemstellungen aus verschiedenen Perspektiven und befähigt sie, unterschiedliche Standpunkte zu begründen und zu bewerten.
Die Schülerinnen und Schüler können biologische Sachverhalte einordnen, indem sie Bezüge zwischen biologischen Inhalten und den Inhalten anderer Wissenschaften herstellen, Aussagen, Darstellungen und Lösungsstrategien zu naturwissenschaftlichen Problemen in Medien kritisch prüfen und bewerten sowie naturwissenschaftliche und ethische Argumente und Aussagen voneinander unterscheiden.
Die Schülerinnen und Schüler beschreiben und bewerten die Folgen der Anwendung biologischer Forschungsergebnisse sowie ihrer eigenen Lebensführung aus verschiedenen Perspektiven anhand geeigneter Beispiele unter den Aspekten der nachhaltigen Entwicklung, der Würde des Menschen, der Verantwortung für die Natur und für Ökosysteme sowie einer gesunden Lebensführung.
Zur Vermittlung der prozessbezogenen Kompetenzen liegt das Hauptaugenmerk des Faches Sondergebiete der Biowissenschaften auf den didaktischen Prinzipien der Wissenschaftspropädeutik und des entdeckenden Lernens. Durch die Unterrichtsgestaltung wird deutlich gemacht, dass nicht das Auswendiglernen und Reproduzieren von Inhalten, sondern die Hinführung zu wissenschaftlichem Arbeiten im Vordergrund steht. Die Schülerinnen und Schüler erhalten die Gelegenheit, sich auf den „Weg der wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnung“ zu begeben. Hierbei wird deutlich, dass dieser Weg mit seinen Bestandteilen bereits zum Lernprozess gehört, einen hohen Stellenwert besitzt und bei der Bewertung der Leistungen entsprechend berücksichtigt wird.
Die erste Einheit der Eingangsklasse, „Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens“ trägt diesem Anspruch Rechnung und schafft eine Basis für die Vermittlung der verschiedenen prozessbezogenen Kompetenzen an den jeweils passenden Inhalten und Lernzielen der verschiedenen Unterrichtseinheiten (vgl. Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Biologie der KMK i. d. F. vom 05.02.2004).
3. Ergänzende fachliche Hinweise
Die Auswahl der Wahlgebiete in den Jahrgangsstufen 1 und 2 sollte sich grundsätzlich an den spezifischen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler orientieren, um eine Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen zu ermöglichen.
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.