Profilübergreifendes Bildungsziel des Technischen Gymnasiums
Wenn Technik als Teilbereich der Kultur mehr und mehr den Alltag und die Zukunft der Arbeit und der Gesellschaft als Ganzes prägt, dann kommt dem Erwerb technischer Kompetenzen, der Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten der Technik, den sich aus ihrem Einsatz ergebenden Folgen sowie den wirtschaftlichen Aspekten, die in der Technik liegen, eine besondere Rolle zu. Die Schülerinnen und Schüler der Technischen Gymnasien sollen Technik nicht nur als Mittel zu einem Ziel oder als Form methodisch-planvollen Handelns begreifen, sondern befähigt werden, die in der Welt ablaufenden technischen Vorgänge ganzheitlich zu erfassen, um sie in ein zielgerichtetes und verantwortliches Handeln einbinden zu können.
Zukunftsfähige technische Lösungen erfordern neben fundiertem technischem Fachwissen verstärkt Handlungskompetenz, die auf fachlichen, personalen, methodischen und sozialen Kompetenzen beruht, sowie systemische Denk- und Arbeitsweisen, um auch bei komplexen Problemstellungen selbstständig, rational und reflektiert handeln und somit erfolgreiche und nachhaltig wirksame Entscheidungen treffen zu können. Das Technische Gymnasium stellt dies unter Berücksichtigung der Heterogenität der Schülerinnen und Schüler mit seinem wissenschaftspropädeutischen Ansatz sicher und schafft in diesem Sinne die Voraussetzungen für das Studium an Universitäten. Zudem ermöglicht es eine vertiefte Profilierung für anspruchsvolle Tätigkeiten und Führungspositionen im Bereich naturwissenschaftlich-technischer, gestalterisch-technischer sowie wirtschaftstechnisch geprägter beruflichen Tätigkeiten. Der Erwerb technikwissenschaftlicher Grundkompetenzen durch die Verzahnung von Theorie und Praxis – insbesondere im Profilfach – stellt hierbei ein besonderes Merkmal der Technischen Gymnasien dar.
Unter dem Aspekt der Bildung zur nachhaltigen Entwicklung wird im Technischen Gymnasium das Bewusstsein geschaffen, dass technische Systemlösungen anhand ökonomischer, ethischer und ökologischer Kriterien beurteilt sowie im gesamtgesellschaftlichen Kontext betrachtet werden müssen.
Fachbezogene Vorbemerkungen
1. Fachspezifischer Bildungsauftrag (Bildungswert des Faches)
Erfolgreiche technische und kommunikative Lösungsstrategien erfordern neben fundiertem Fachwissen konzeptionelles Denken, um auch bei komplexen Problemstellungen erfolgreiche und nachhaltig wirksame Entscheidungen treffen zu können. Die Produkt- und Mediengestaltung als Brücke zwischen Idee und Technologie stellt die Funktionalität eines komplexen kommunikativen Systems sicher, indem Anbieter, marktwirksame Zielgruppen und Individuen mit ihren Erwartungen aufeinandertreffen.
Zielsetzung des Profils Gestaltungs- und Medientechnik ist es, die gemeinsamen Grundlagen der in der Praxis nebeneinander existierenden Bereiche der Produkt- und Mediengestaltung herauszuarbeiten. Die Schülerinnen und Schüler erwerben Fähigkeiten, die ihnen die konzeptionelle Arbeitsweise der Gestaltungsdisziplinen erschließen und somit einen wissenschaftspropädeutischen Ansatz sicherstellen.
Das Profilfach Gestaltungs- und Medientechnik am Technischen Gymnasium vermittelt über die grundlegenden technischen, technologischen und wirtschaftlichen Kenntnisse und Fertigkeiten vergleichbarer Profilfächer hinaus organisatorische, analytische, produktiv-gestalterische, kulturwissenschaftliche und historisch-reflektive Kompetenzen. Die Auseinandersetzung mit Gestaltung bedeutet auch das Kennenlernen eines neuen Bezugssystems für das eigene Welt- und Selbstverständnis und damit die Möglichkeit, die eigene vertraute Welt mit neuen Augen zu sehen.
Die einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Technik (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 01.12.1989) in der jeweils gültigen Fassung sind konstituierender Bestandteil dieses Bildungsplans. Das Fach Gestaltungs- und Medientechnik fördert sowohl den Einstieg in eine Berufsausbildung als auch die Studierfähigkeit für alle Fachrichtungen.
2. Fachliche Aussagen zum Kompetenzerwerb, prozessbezogene Kompetenzen
Die Schülerinnen und Schüler erwerben und vertiefen im Profilfach Gestaltungs- und Medientechnik eine umfassende Handlungskompetenz mit den Dimensionen der sachlichen, methodischen, sozialen und personalen Kompetenz. Diese zugrundeliegenden Kompetenzbegriffe sind in den einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung Technik (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16.11.2006) ausführlich beschrieben und erläutert.
Konkrete Ziele des Unterrichts im Profilfach Gestaltungs- und Medientechnik sind:
Die Schülerinnen und Schüler erhalten Einblick in verschiedene Berufsfelder der Kreativwirtschaft, besonders in den Bereichen der Gestaltung und der Umsetzung von Produkten, Printmedien und digitalen Medien. Darüber hinaus vermittelt der Unterricht in Gestaltungs- und Medientechnik Grundlagen für Studiengänge mit gestalterischer sowie medientechnischer Ausrichtung.
Die Schülerinnen und Schüler sollen durch den Unterricht befähigt werden
- technisches Grundlagenwissen aus den Bereichen Medientechnik (Printmedien und digitale Medien), Fertigungsverfahren, Werkstoffe, Technische Kommunikation und Ökologie zu vermitteln und disziplinübergreifende Fachsprache anzuwenden,
- technologische Chancen und Risiken einschätzen zu können. Über die Inhalte und Hinweise in diesem Bildungsplan hinaus müssen deshalb im Unterricht verbindlich der jeweilige Stand der Technik und die Innovationen in den Bereichen Kommunikation, Vernetzung, Datenerfassung, Datenorganisation, Workflow, Datenausgabe und die Rolle des Menschen darin vermittelt und reflektiert werden,
- Organisationsmethoden wie Projekt-, Design- und Prozessmanagement sowie Methoden der Dokumentation und Bewertung einzusetzen,
- zu erkennen, dass die Realisierung gestalterischer Ideen von einer Vielzahl von Faktoren wie z. B. von Wahrnehmung (Ästhetik), technologischen Möglichkeiten, ökonomisch relevanten Zielgruppen, Nachhaltigkeit in Bezug auf Werkstoffe und Fertigungsverfahren oder gesellschaftlicher Akzeptanz abhängt,
- Produkte und Medien nach übergeordneten Kategorien systematisch zu analysieren und kriteriengestützt zu bewerten. In Fallstudien werden zielgruppengerecht Anforderungen kritisch reflektiert und produkt- bzw. medienorientiert erarbeitet,
- problemorientierte sach- und prozessbezogene Denk- und Gestaltungsfähigkeiten zu entwickeln. In der Synthese von potenziellen Produkten für die Serienherstellung und von Printmedien und digitalen Medien werden die Erwartungen und Bedürfnisse des Verbrauchers und Anwenders ebenso berücksichtigt. Ferner werden ökologische Bedingungen, Marktchancen und individuelle Attribuierungen (Image, Bescheidenheit oder Luxus) einbezogen,
- geeignete Software sach- und aufgabenbezogen anzuwenden. Die eingesetzte Software entspricht aktuellen professionellen Industrie- und Dienstleistungsstandards,
- Ideen, Konzepte und Arbeitsergebnisse angemessen zu visualisieren (Freihandzeichnen, Modellbau, CAD, Rendering) sowie zielgruppenorientiert und strukturiert zu präsentieren,
- die medien- und produktbezogenen Instrumente, Methoden und Wirkprinzipien des visuellen Marketings und der Werbung anzuwenden und die suggestiven Wirkungen zu hinterfragen,
- Ökologie und nachhaltiges Wirtschaften als Schlüsselfaktoren für das Leben zukünftiger Generationen zu begreifen. Die Schülerinnen und Schüler lernen, durch verantwortungsbewusste Konzeption und Wahl der Werkstoffe und Fertigungsverfahren unter Beachtung von Umweltschutz- und Sicherheitsvorschriften negative Auswirkungen des Produktlebens auf die Umwelt zu minimieren,
- in der historischen Reflexion diachrone (Designgeschichte) und synchrone (Designtendenzen) Erscheinungen miteinander zu verknüpfen und ertragreich in die Lösung aktueller Probleme einzubringen. Die Beschäftigung mit Klassikern der Designgeschichte ermöglicht es Schülerinnen und Schülern, sich mit einem bedeutenden Teil des europäischen Kulturerbes auseinanderzusetzen,
- sich persönlich mit der eigenen Medienwelt auseinanderzusetzen, kompetent mit Medien umzugehen; die offensichtliche und kulturelle Bedeutung visueller Zeichen zu diskutieren und zu bewerten.
In der Eingangsklasse werden neben den problem-, projekt- und handlungsorientierten Denk- und Arbeitsweisen des Faches die grundlegenden Kenntnisse und Fertigkeiten sowohl in analytischer als auch in technischer und gestalterischer Hinsicht erworben. Diese Aspekte werden in den Jahrgangsstufen 1 und 2 im Hinblick auf das Design von Produkten sowie von Printmedien und digitalen Medien vertieft. Designtendenzen, Medienrecht und die kritische Reflexion der sozialen, ethischen und ökologischen Bedingungen des Produktdesigns erweitern die gestalterisch-technischen Kompetenzen. Den Abschluss bildet ein übergreifendes Projekt in der Jahrgangsstufe 2.
Die Anlage des Faches Gestaltungs- und Medientechnik bedingt überwiegend ein problem-, handlungs- und projektorientiertes Arbeiten im Unterricht. Dies setzt in Abhängigkeit von der jeweiligen Aufgabenstellung eine intensive Beschäftigung mit neuen Themengebieten voraus.
Das Lösen komplexer gestalterischer Probleme fordert interdisziplinäres Denken und Arbeiten. Teamorientierung und arbeitsteiliges Vorgehen sind erforderlich, wodurch soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbereitschaft gefördert werden.
Die Schülerinnen und Schüler sind in der Lage, Gestaltung von einer dem individuellen Geschmack unterworfenen Beliebigkeit zu unterscheiden. Für den handlungsorientierten sowie Fächer verbindenden und Fächer übergreifenden Unterricht ist eine entsprechende Lernorganisation und eine möglichst freie Zeiteinteilung eine wichtige Voraussetzung.
3. Ergänzende fachliche Hinweise – Bezug zum Fach Informatik
Die sowohl bei der Erarbeitung als auch für die Darstellung der Ergebnisse verwendeten digitalen Medien verlangen Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit Hard- und Software, die zum Teil im Fach Gestaltungs- und Medientechnik selbst, sowie im Fach Informatik vermittelt, eingeübt, vertieft und verfestigt werden.
Der enge Bezug des Profilfachs zum Fach Informatik (TG) bedingt eine enge Kooperation der Unterrichtenden in diesen Fächern. Dies erfordert den Zugang zu Geräten (in Computerräumen) und Systemen (Internet bzw. Intranet).
Hinweise zum Umgang mit dem Bildungsplan
Der Bildungsplan zeichnet sich durch eine Inhalts- und eine Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. Bildungsplaneinheiten (BPE).
Der VIP-Bereich des Bildungsplans umfasst die Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.