Allgemeine Vorbemerkungen
Der Bildungsplan zeichnet sich durch Inhalts- und Kompetenzorientierung aus. In jeder Bildungsplaneinheit (BPE) werden in kursiver Schrift die übergeordneten Ziele beschrieben, die durch Zielformulierungen sowie Inhalts- und Hinweisspalte konkretisiert werden. In den Zielformulierungen werden die jeweiligen fachspezifischen Operatoren als Verben verwendet. Operatoren sind handlungsinitiierende Verben, die signalisieren, welche Tätigkeiten beim Bearbeiten von Aufgaben erwartet werden. Die für das jeweilige Fach relevanten Operatoren sowie deren fachspezifische Bedeutung sind jedem Bildungsplan im Anhang beigefügt. Durch die kompetenzorientierte Zielformulierung mittels dieser Operatoren wird das Anforderungsniveau bezüglich der Inhalte und der zu erwerbenden Kompetenzen definiert. Die formulierten Ziele und Inhalte sind verbindlich und damit prüfungsrelevant. Sie stellen die Regelanforderungen im jeweiligen Fach dar. Die Inhalte der Hinweisspalte sind unverbindliche Ergänzungen zur Inhaltsspalte und umfassen Beispiele, didaktische Hinweise und Querverweise auf andere Fächer bzw. BPE.
Der VIP-Bereich im Bildungsplan umfasst Vertiefung, individualisiertes Lernen sowie Projektunterricht. Im Rahmen der hier zur Verfügung stehenden Stunden sollen die Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützt und bei der Weiterentwicklung ihrer personalen und fachlichen Kompetenzen gefördert werden. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer nutzen diese Unterrichtszeit nach eigenen Schwerpunktsetzungen auf Basis der fächerspezifischen Besonderheiten und nach den Lernvoraussetzungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler.
Der Teil „Zeit für Leistungsfeststellung“ des Bildungsplans berücksichtigt die Zeit, die zur Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung von Leistungsfeststellungen zur Verfügung steht. Dies kann auch die notwendige Zeit für die gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS), Nachbesprechung zu Leistungsfeststellungen sowie Feedback-Gespräche umfassen.
Fachbezogene Vorbemerkungen
Der Bildungsplan für das Fach Geschichte mit Gemeinschaftskunde orientiert sich am Erziehungs- und Bildungsauftrag für das Berufliche Gymnasium. Dieser basiert auf den im Grundgesetz und in der Landesverfassung verankerten Normen und Werten.
Im Fach Geschichte mit Gemeinschaftskunde beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler mit den politischen, wirtschaftlichen, rechtlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Verhältnissen, die das Leben der Menschen in der Vergangenheit bestimmt haben und in der Gegenwart bestimmen. Sie werden befähigt, vergangene Zeiten zu rekonstruieren und die bestehenden Zustände auf die Bedingungen ihres Werdens zurückzuführen.
Bei der Behandlung sämtlicher Bildungsplaneinheiten sind die Interessen und Perspektiven von Frauen und Männern gleichwertig zu berücksichtigen, um so – in Anlehnung an das Konzept der „reflektierten Koedukation“ – zu einem geschlechterbewussten Umgang mit historisch-politischen Inhalten anzuleiten.
Die Schülerinnen und Schüler sollen sich die Standort- und Zeitgebundenheit des Lebens und Denkens bewusstmachen, sich mit alternativen Handlungsmöglichkeiten in der Geschichte auseinandersetzen, unterschiedliche Perspektiven gewinnen und ihre Urteilsfähigkeit schulen. Sie achten die Regeln für das rationale und gewaltfreie Austragen von politischen Konflikten. Insgesamt sind die historischen und gemeinschaftskundlichen Einheiten im Hinblick auf die aufgewendete Unterrichtszeit und in Bezug auf die Benotung gleich zu gewichten.
Dabei steht im gemeinschaftskundlichen Bereich die zukünftige Rolle der Schülerinnen und Schüler als verantwortlich denkende und handelnde Staatsbürgerinnen und Staatsbürger im Zentrum. Durch die Auseinandersetzung mit politischen Themen sollen sie befähigt werden, politische Handlungs- und Urteilskompetenz zu entwickeln.
Der Bildungsplan bietet für jedes Schuljahr die Möglichkeit, die gemeinschaftskundliche mit der historischen Bildungsplaneinheit zu verknüpfen. So kann beispielsweise in Klasse 9 ausgehend von den Aspekten des gegenwärtigen Sozialstaats auf dessen geschichtliche Ursprünge im 19. Jahrhundert verwiesen werden. In diesem Sinne sind beispielhaft geeignete Hinweise aufgeführt. Dies soll einerseits gewährleisten, dass den Schülerinnen und Schüler die historische Dimension unserer Demokratie bzw. einzelner Aspekte von Staat und Gesellschaft bewusst werden, andererseits den Lehrerinnen und Lehrern die Freiheit geben, einzelne Themen beispielsweise im Rahmen eines Projektes kompakt zu vermitteln.
Der vorliegende Bildungsplan führt die auf KMK-Ebene als Einzelfächer abgebildeten Bereiche Geschichte und Sozialkunde/Politik zu einem Fach Geschichte mit Gemeinschaftskunde zusammen. Dies bedeutet auch eine Zusammenführung der jeweiligen Kompetenzbereiche. Die Schülerinnen und Schüler erwerben einerseits historische Sach-, (Fach-) Methoden- und Orientierungskompetenz sowie andererseits politische und gesellschaftswissenschaftliche Sach-, Analyse-, Urteils-, (Fach-) Methoden- und die Handlungskompetenz. Die Operatorenliste im Anhang führt die aus den beiden in den EPA Geschichte bzw. Sozialkunde/Politik vorgegebenen Operatorenlisten zusammen.
Hinsichtlich der historischen Inhalte des Faches Geschichte mit Gemeinschaftskunde wird auf bestehende Kenntnisse und Kompetenzen der zuführenden Schularten aufgebaut, welche hier weitergeführt werden. Der Unterricht in diesem Fach beginnt mit den Umbrüchen im Zeitalter der bürgerlichen Revolutionen und setzt sich mit den diesen zugrundeliegenden Ideen der Aufklärung und Verhältnissen im Absolutismus auseinander. Der chronologische Durchgang durch die deutsche und europäische Geschichte endet mit Abschluss der 10. Klasse in der Gegenwart, wobei im Rahmen der einzelnen zu behandelnden Epochen jeweils der exemplarische Charakter herauszustellen ist bzw. Schwerpunkte gesetzt werden müssen. Eine beispielhafte Bearbeitung ist daher unerlässlich.
Der Unterricht im Fach Geschichte mit Gemeinschaftskunde regt zu selbstständigem Denken und Handeln an. Selbstständigkeit, Selbstregulation, Selbstverantwortung und soziales Handeln sollen innerhalb und außerhalb des Unterrichts gleichermaßen gefördert werden. Hierbei soll auch der gesellschaftliche Umgang mit der digitalisierten Welt berücksichtigt werden. Verschiedene Formen offenen Unterrichts sowie Projektunterricht sind von elementarer Bedeutung, eine altersgemäße Umsetzung ist hier angebracht. Pro Schuljahr stehen 20 Unterrichtsstunden zur Verfügung, die für Vertiefung, individuelles Lernen und Projektunterricht verwendet werden sollen.
Bei der Einübung fachspezifischer Methoden ist der Umgang mit Quellen und Darstellungen von grundlegender Bedeutung. Neben schriftlichen Quellen sind – dem Alter der Schülerinnen und Schüler entsprechend – Karten-, Bild-, Film- und Tonmaterialien sowie Statistiken und Diagramme zur Auswertung geeignet. Darüber hinaus werden im methodischen Bereich Techniken der Informationsbeschaffung und -verarbeitung und der Präsentation eingeübt, wobei hier verschiedene Zugänge gewählt werden können. Die Methoden dienen als Transmissionsriemen zur Erlangung von allen Fachkompetenzbereichen und müssen immer an fachbezogene Inhalte gekoppelt werden. Im Hinblick auf die anschließende Oberstufe ist auch auf eine altersgemäße Hinführung zur historischen und politischen Urteils-, Deutungs- und Reflexionsfähigkeit zu achten.
Soziale und personale Kompetenzen sind eng aufeinander bezogen; sie zielen auf demokratische Verhaltens- und Kommunikationsweisen ab. Ihr Erwerb ist als Prozess zu verstehen. Die Schülerinnen und Schüler lernen, auf der Grundlage der Anerkennung von Andersdenkenden, sowohl sach- und situationsgerecht als auch selbstbewusst zu diskutieren sowie Streitgespräche und Debatten auszutragen, wobei sie auch zum Perspektivenwechsel befähigt werden. Sie sind bereit, die eigene Meinung kritisch zu hinterfragen und der Prüfung anderer auszusetzen. Grundwerte und Verhaltensdispositionen wie Achtung der Menschenwürde und Menschenrechte, Toleranz gegenüber anderen Lebensformen, Religionen, Weltanschauungen, Völkern und politischen Meinungen sowie Gewaltfreiheit und Zivilcourage werden verinnerlicht und sind handlungsleitend.
Auf fachlichem Gebiet ist der Erwerb von grundlegendem Wissen über wesentliche Ereignisse, Personen, Entwicklungen, Strukturen und Epochen der regionalen, nationalen und europäischen Geschichte sowie der Weltgeschichte unverzichtbar. Themen und Zeugnisse der Lokal- und Regionalgeschichte sind in besonderer Weise zu berücksichtigen, um das historische Interesse am eigenen Lebensraum zu fördern, vor allem auch im Rahmen von Projektunterricht, wofür entsprechende Freiräume geschaffen sind. Das Grundwissen soll nicht isoliert gelernt werden, sondern historischen Zusammenhängen zugeordnet werden können. Um den Schülerinnen und Schülern diesen Ordnungsrahmen zu ermöglichen, sind die historischen Inhalte im Wesentlichen chronologisch angeordnet. Aufgrund der langfristigen politischen Aktualität und Zukunftsorientierung kommt dem Europagedanken eine besondere Bedeutung zu. Gerade in diesem Zusammenhang spielen für eine pluralistische Gesellschaft interkulturelle Kompetenzen eine wichtige Rolle.
Um den Profilbezug des Faches Geschichte mit Gemeinschaftskunde an den Beruflichen Gymnasien zu betonen, sind neben historisch-politischen Aspekten auch Fragestellungen und fachspezifische Arbeitsweisen aus der Wirtschafts- und Sozialgeschichte, der Technikgeschichte sowie der Alltags- und Mentalitätsgeschichte in den Bildungsplan eingeflossen. Je nach Profilfach ist eine Zusammenarbeit mit anderen Fächern möglich.